Leitsatz
1. Der Insolvenzverwalter ist berechtigt, von den Insolvenzgläubigern erhobenen Anfechtungsansprüche zu verfolgen, wenn über
das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Das gilt auch für Insolvenzgläubiger, für die die Anfechtung
wegen Forderungen gegen den Schuldner durch Duldungsbescheid einer Vollstreckungsbehörde geltend gemacht worden ist.
2. Durch die Aufnahme des Rechtsstreits übernimmt der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners anstelle des FA
die Rolle des Anspruchstellers bzw. Klägers; die vormalige Klägerin wechselt in Stellung der Beklagten. Der Rechtsstreit gegen
den Duldungsbescheid des FA wandelt sich in eine Leistungsklage gegen die mit dem Duldungsbescheid in Anspruch genommene bisherige
Klägerin.
3. Dass der Insolvenzgläubiger aufgrund von mehr als drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetragenen Sicherungshypotheken
zugleich ein Absonderungsrecht nach § 49 InsO i.V.m. § 10 ZVG hat, hindert die Anwendung des § 16 Abs. 1 Satz 1 AnfG nicht.
Denn wegen eines etwaigen Ausfalls mit ihrem Sicherungsrecht sind nach § 52 InsO auch Absonderungsberechtigte, die eine Forderung
gegen den Schuldner haben, Insolvenzgläubiger.
4. Eine Grundstücksübertragung gilt als vorgenommen, wenn die auf die Übertragung des (Mit-)Eigentums an dem Grundstück gerichtete
Willenserklärung des Veräußerers, die notarielle Annahme des Übertragungsangebots durch den Erwerber und die Auflassung bindend
erklärt sind und der Antrag auf Eintragung der Auflassung in das Grundbuch beim zuständigen Amtsgericht eingegangen ist.
5. Erforderlich für eine objektive Gläubigerbenachteiligung ist die Feststellung einer besseren oder schnelleren Befriedigungsmöglichkeit
ohne die angefochtene Rechtshandlung, was vom Standpunkt des einzelnen Gläubigers aus zu beurteilen ist. Es kommt nicht auf
eine Verminderung des Schuldnervermögens insgesamt an, sondern nur auf den Wegfall, die Erschwerung oder die Verzögerung der
Vollstreckungsmöglichkeit in den konkreten Gegenstand.
6. In der Übernahme auf dem Grundstück lastender Grundschulden mit dinglicher Wirkung ohne Schuldübernahme liegt keine Gegenleistung
des Erwerbers für die Grundstücksübertragung.
7. Die Übertragung eines belasteten Grundstücks hat eine objektive Gläubigerbenachteiligung nur zur Folge, wenn der bei einer
Zwangsversteigerung des Grundstücks zu erwartende Erlös die vorrangigen Belastungen und die Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens
überstiegen und zumindest zu einer teilweisen Befriedigung des Gläubigers geführt hätte. Zu berücksichtigen sind aber nur
rechtsbeständige vorrangige Belastungen, also vorrangige Grundpfandrechte, die nicht selbst durch Anfechtung beseitigt werden
können. Maßgeblich ist bei rechtsbeständigen Grundpfandrechten außerdem nicht der nominale Buchwert der Grundpfandrechte,
sondern ihre Valutierung, d.h. die tatsächliche Höhe der Forderungen, die durch diese Grundpfandrechte gesichert sind.
8. Bei einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung kommt es nicht darauf an, ob auch noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen
Verhandlung in der Tatsacheninstanz eine Gläubigerbenachteiligung gegeben war.
9. Treuwidrig kann das Verhalten des Anfechtungsgläubigers nur sein, wenn es gegen einen Vertrauenstatbestand verstößt, der
gerade für den Anfechtungsgegner geschaffen wurde, oder wenn andere besondere Umstände vorliegen, z.B. wenn der Schuldner
und der Anfechtungsgläubiger kollusiv zusammenwirken, um dem Anfechtungsgegner das erworbene Grundstück wieder abzunehmen,
oder wenn der Anfechtungsgläubiger wegen seiner Forderungen zweifelsfrei voll gesichert ist oder aus sonstigen Gründen unschwer
volle Befriedigung erlangen könnte.
10. Hat der Erwerber das Grundstück bereits auf einen Dritten weiterübertragen, kommt anstelle des Primäranspruchs auf Rückgewähr
nur noch der Sekundäranspruch auf Schadensersatz in Höhe des im Rahmen einer Zwangsversteigerung erzielbaren Wertes des Grundstücks
im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz in Betracht. Als erzielbarer Wert ist im Zweifel der
Verkehrswert des Grundstücks zugrunde zu legen.
11. Die Gläubigerbenachteiligung kennt, wer weiß, dass das Vermögen des Leistenden nicht (mehr) ausreicht, um alle Verbindlichkeiten
zu erfüllen. Denn dass unter dieser Voraussetzung jede unentgeltliche Weggabe von Vermögen die Befriedigungsaussichten der
anderen Gläubiger weiter schmälert, liegt auf der Hand.