Plausibilität eines Verkehrswertgutachtens für eine Immobilie als Grundlage für die Erbschaftsteuer
plausible Ableitung des Bodenrichtswerts aus vom Gutachterausschuss zonal, nicht lagetypisch gegliederten Bodenrichtwerten
sowie plausible Ableitung des Liegenschaftszinssatzes
Leitsatz
1. Soll bei der Feststellung des Grundbesitzwerts für die Erbschaftsteuer ein geringerer gemeiner Wert gem. § 198 BewG durch
ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Grundstücksbewertung nachgewiesen werden, muss
ein solches Gutachten zunächst vom FA, ggf. nachfolgend vom Gericht ohne Zuhilfenahme weiterer Sachverständiger auf seine
Schlüssigkeit (Plausibilität) hin überprüfbar sein, wobei eine Beweisaufnahme, insbesondere die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens,
nicht in Betracht kommt.
2. Ob das Gutachten inhaltlich den geforderten Nachweis erbringt, unterliegt der freien Beweiswürdigung des Gerichts. Abschläge,
insbesondere vom Bodenwert, sowie Spanneneinordnungen, Beträge und dergleichen müssen vom Gutachter objektivierbar und grundstücksbezogen
begründet sein, und zwar nicht nur dem Grunde nach, sondern auch hinsichtlich der Höhe.
3. Auch ein nicht in jeder Hinsicht den zu stellenden Anforderungen entsprechendes Gutachten kann berücksichtigt werden, wenn
etwaige Lücken im Gutachten vom FA und vom Gericht selbst ohne eine weitere Beweiserhebung geschlossen werden können. Ist
etwa ein vorgenommener Abschlag nicht hinreichend begründet, ist lediglich dieser Abschlag zu streichen (vgl. ).
4. Wird ein Gutachten für einen vor dem liegenden Bewertungszeitpunkt nach dem erstellt, ist die ImmoWertV,
in Kraft ab (§ 24 ImmoWertV), nicht die zuvor geltende WertV, anzuwenden, denn es kommt auf den Zeitpunkt der Wertermittlung
(also der Gutachtenerstellung) an, nicht auf den Wertermittlungsstichtag.
5. Bodenwerte in Einkaufsstraßen in einer Innenstadt sind extrem lageabhängig, schon wenige hundert Meter Entfernung können
einen erheblichen Einfluss haben. Daher sind abweichende Grundstücksmerkmale eines in einer Einkaufsstraße mit einem gehobenen
Gepräge belegenen Grundstücks durch angemessene Zu- und Abschläge (z. B. bei tieferen Grundstücken durch unterschiedliche
Werte für Vorder- und Hinterlage) auf die vom Gutachterausschuss zonal, nicht lagetypisch ermittelten Bodenrichtwerte, begründet
durch allgemeine Erfahrungssätze oder mit dem Verhältnis von plausiblen Kenngrößen, zu berücksichtigen, nicht aber durch bloße
Übernahme von Werten einer anderen (im Streitfall: rd. 800 Meter entfernten) Bodenrichtwertzone einer Einkaufsstraße, die
nicht über ein vergleichbar hohes Gepräge verfügt.
6. Zu den Anforderungen an ein plausibles Gutachten bei der Ermittlung der nachhaltig erzielbaren Mieten des Grundstücks sowie
zur plausiblen Herleitung eines Liegenschaftszinssatzes aus den vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte ermittelten Liegenschaftszinssätzen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): DStR 2019 S. 8 Nr. 5 DStRE 2019 S. 359 Nr. 6 EFG 2018 S. 436 Nr. 6 ErbBstg 2019 S. 192 Nr. 8 ErbStB 2018 S. 140 Nr. 5 HAAAG-72863
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Online-Dokument
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 22.11.2017 - 3 K 3208/14
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