BAG Urteil v. - 4 AZR 61/14

Instanzenzug: ArbG Offenbach Az: 9 Ca 350/12 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 8 Sa 538/13 Urteilvorgehend Az: 4 AZR 61/14 (A)vorgehend Az: C-680/15 und C-681/15

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (im Folgenden TVöD) und des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (im Folgenden TVÜ-VKA) auf ihr Arbeitsverhältnis.

2Der Kläger, der Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, wurde zum vom Kreis O, der Träger des Dkrankenhauses in L und Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands war, als Hausarbeiter für dieses Krankenhaus eingestellt. In § 2 des Arbeitsvertrags vom heißt es:

3Ende 1995 wurden das Dkrankenhaus und das gleichfalls vom Kreis O betriebene Kreiskrankenhaus S nach §§ 168 ff. UmwG auf die Kreiskliniken L-S GmbH (im Folgenden KLS GmbH) ausgegliedert, die ebenfalls Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband war.

4Die KLS GmbH übertrug ihren Wirtschafts- und Versorgungsdienst mit Wirkung zum auf die Kreiskliniken L-S Service-GmbH i.G. (im Folgenden KLS Service-GmbH i.G.). Beide Gesellschaften sowie der Betriebsrat der KLS GmbH schlossen am einen Personalüberleitungsvertrag (im Folgenden PÜV 1997), der auszugsweise wie folgt lautete:

5Das Arbeitsverhältnis des Klägers, der dem Bereich Gärtnerei (Anlage 1 zum PÜV 1997) angehörte und in der Anlage 2 des PÜV 1997 namentlich aufgeführt war, ging am auf die KLS Service-GmbH i.G. über. Der Personalüberleitungsvertrag wurde ihm übergeben. Die später in KLS F M GmbH (im Folgenden KLS FM GmbH) umfirmierte Arbeitgeberin, die zu keinem Zeitpunkt Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands war, erbrachte bis zum Jahr 2003 alle tariflichen Leistungen nach dem BMT-G II und gab insbesondere die jeweiligen tariflichen Lohnerhöhungen an den Kläger weiter. Die tariflichen Entgeltsteigerungen zum 1. Januar und gab sie nicht weiter, wandte jedoch nach wie vor die Regelungen des BMT-G II an. Hieran änderte sich auch durch das Inkrafttreten des TVöD am nichts.

6Mit Blick auf eine weitere geplante Umstrukturierung des Unternehmens schlossen die KLS FM GmbH, der bei ihr gebildete Betriebsrat, die A D mbH (im Folgenden ADG) und die - noch als A Klinik S GmbH (AKS) bezeichnete - Beklagte am einen Interessenausgleich, wonach die KLS FM GmbH das Unternehmen aufspalten und bestimmte Betriebsteile in andere Gesellschaften innerhalb des A Konzerns ausgliedern werde. Der Kläger ist in der Anlage zum Interessenausgleich als hiervon betroffener Arbeitnehmer namentlich aufgeführt.

7Dieselben Vertragsparteien schlossen am 18./20./ einen Personalüberleitungsvertrag (im Folgenden PÜV 2008), in dem die Beklagte als „AKS“ und die KLS FM GmbH als „FMG“ bezeichnet ist. Dort heißt es:

8Mit Wirkung zum ging der Bereich „Technik L“, dem auch der Kläger namentlich zugeordnet war, auf die Beklagte über.

9Die Beklagte wandte auf das nunmehr mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis weiterhin die Vorschriften des BMT-G II an.

10In den Jahren 2007 bis 2009 fanden Tarifverhandlungen über den Abschluss eines Konzerntarifvertrags statt. Die Gewerkschaft ver.di forderte im Ergebnis erfolglos den Abschluss eines Tarifvertrags auf Basis des TVöD, der für alle A Kliniken gelten sollte.

11Der Kläger hat die Ansicht vertreten, auf sein Arbeitsverhältnis seien der TVöD und der TVÜ-VKA in der jeweiligen Fassung anwendbar. Der PÜV 1997 habe den Arbeitnehmern die Wahlmöglichkeit zwischen der statischen und der dynamischen Weitergeltung des BMT-G II eingeräumt. Durch Aufnahme seiner Tätigkeit bei der KLS FM GmbH habe er die dynamische Fortgeltung gewählt. Er habe sein Recht, sich auf die Anwendbarkeit des TVöD und des TVÜ-VKA zu berufen, nicht verwirkt. Seine Untätigkeit in den Jahren 2007 bis 2009 sei darauf zurückzuführen, dass er das Ergebnis der Tarifvertragsverhandlungen abgewartet habe.

12Der Kläger hat zuletzt beantragt

13Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel sei als Gleichstellungsabrede auszulegen. Folglich komme nach Wegfall der Tarifgebundenheit durch den Übergang von der KLS GmbH auf die KLS FM GmbH im Jahre 1997 nur der BMT-G II zur Anwendung. Der PÜV 1997 habe lediglich den Besitzstand der Gleichstellungsabrede wahren sollen. Eine dynamische Tarifanwendung hätten die Arbeitsvertragsparteien nicht - auch nicht konkludent - vereinbart. Ein etwaiges Wahlrecht habe der Kläger nicht, jedenfalls nicht rechtzeitig, ausgeübt. Der PÜV 1997 stelle damit einen Vertrag zu Lasten Dritter dar und verstoße überdies gegen das Gebot der Rechtsquellenklarheit. Die vorübergehende Weitergabe der Tariflohnerhöhungen bis zum Jahr 2003 sei nicht als Angebot auf eine dauerhafte dynamische Tarifanwendung zu verstehen. Die Annahme der Leistungen sei allenfalls als Einverständnis mit der jeweiligen Gehaltserhöhung zu verstehen gewesen. Ferner verstoße die Annahme eines Übergangs einer dynamischen Verweisungsklausel gegen Unionsrecht, namentlich Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (RL 2001/23/EG) iVm. Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC). Vorsorglich hat sie sich auf die tariflichen Ausschlussfristen, Verjährung und Verwirkung berufen.

14Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision hat die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt. Der Senat hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Beschluss vom - 4 AZR 61/14 (A) - sinngemäß die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Art. 3 RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC der dynamischen Anwendung von Tarifverträgen aufgrund einer - dynamischen - Bezugnahmeklausel nach einem Betriebsübergang entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Der EuGH hat diese Frage mit Urteil vom - C-680/15 und C-681/15 - verneint.

Gründe

15Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.

16A. Die Klage ist als sog. Elementenfeststellungsklage (sh. nur  - Rn. 26 ff., BAGE 131, 176; - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165) zulässig. Insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Durch die gerichtliche Entscheidung kann der Streit der Parteien über die - dynamische - Anwendbarkeit des TVöD und der diesen ergänzenden Tarifverträge sowie des TVÜ-VKA auf ihr Arbeitsverhältnis insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien im Umfang des gestellten Antrags geklärt werden (zu diesem Erfordernis  - Rn. 21 mwN).

17B. Die Klage ist auch begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der TVöD und der TVÜ-VKA in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung finden.

18I. Bereits vor dem Betriebs(teil)übergang auf die Beklagte am fanden auf das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der TVöD nebst den diesen ergänzenden Tarifverträgen sowie der TVÜ-VKA in ihren jeweils gültigen Fassungen Anwendung.

191. Nach dem Arbeitsvertrag vom richtete sich das Arbeitsverhältnis der damaligen Vertragsparteien nach den Vorschriften des BMT-G II „und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen“. Bei dieser Bezugnahmeregelung handelt es sich um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

20a) Nach dieser Rechtsprechung waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel bezeichneten Tarifvertrag - anders als bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern - diese Klauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen, auch ohne dass dies im Wortlaut der Vereinbarung irgendeinen Niederschlag hätte finden müssen. Dies beruhte auf der Vorstellung, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit - bei deren genereller Verwendung - zu dessen Verbindlichkeit für die Arbeitsverhältnisse aller Beschäftigten (vgl. nur  - zu I 2 a der Gründe, BAGE 113, 40; - 4 AZR 294/01 - zu II 2 f bb der Gründe, BAGE 103, 9). Danach reichte die vereinbarte Dynamik des Tarifvertrags nur so weit wie die normative Geltung im Arbeitsverhältnis eines tarifgebundenen Arbeitnehmers. Sie endete daher dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden war. Gleiches galt für den Fall eines Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf einen nicht tarifgebundenen Erwerber. Ab diesem Zeitpunkt waren die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden (st. Rspr., sh. nur  - Rn. 17 f. mwN).

21Diese Auslegungsregel hält der Senat seit 2007 nicht mehr aufrecht. Er wendet sie aus Gründen des Vertrauensschutzes aber weiterhin auf die Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum abgeschlossen worden sind (st. Rspr., vgl. nur  - Rn. 18, BAGE 138, 269; - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 und 22 jeweils mwN, BAGE 132, 261; - 4 AZR 652/05 - Rn. 45 ff., BAGE 122, 74).

22b) Da die im Arbeitsvertrag des Klägers enthaltene Verweisungsklausel im Jahr 1978 vereinbart worden ist und die damalige Arbeitgeberin tarifgebunden war, kam für dessen Auslegung weiterhin die frühere Senatsrechtsprechung zum Tragen. Danach handelte es sich bei der Bezugnahmeklausel - ursprünglich - um eine Gleichstellungsabrede. Sie verwies auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, die für die damalige Arbeitgeberin normativ galten. Die - dynamische - Bezugnahme stand damit unter der auflösenden Bedingung ihrer fortbestehenden Tarifgebundenheit.

232. Anlässlich der Ausgliederung des Wirtschafts- und Versorgungsbereichs der Klinik auf die Rechtsvorgängerin der Beklagten zum hat diese - die spätere KLS FM GmbH - mit dem Kläger vereinbart, dass der BMT-G II einschließlich der ihn ersetzenden Tarifverträge auf sein Arbeitsverhältnis weiterhin dynamisch anwendbar sein sollte.

24a) In der Übergabe des Personalüberleitungsvertrags im Zusammenhang mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers auf die - spätere - KLS FM GmbH liegt das Angebot der Betriebsübernehmerin, die in diesem Schriftstück enthaltenen Regelungen über die auch künftige dynamische Anwendbarkeit des BMT-G II zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses zu machen.

25aa) Der Zweck des PÜV 1997 war ausweislich der Präambel die „Absicherung des Besitzstandes“ für die Arbeitnehmer der übergehenden Arbeitsverhältnisse. Dieser Regelungsgehalt wurde durch § 2 Abs. 3 PÜV 1997 für die Arbeiter und Arbeiterinnen dahingehend spezifiziert, dass für sie - wie im bisherigen Arbeitsverhältnis - weiterhin der BMT-G II dynamisch anwendbar sein sollte.

26bb) Der Kläger durfte insoweit auch von einem auf eine konstitutive einzelvertragliche Vereinbarung gerichteten Rechtsbindungswillen der KLS FM GmbH ausgehen.

27(1) § 2 Abs. 3 PÜV 1997 enthält eine Verpflichtung der KLS FM GmbH, auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeiterinnen und Arbeiter auch weiterhin die Regelungen des BMT-G II in der jeweils geltenden Fassung einschließlich der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge anzuwenden. Nach § 10 Abs. 1 PÜV 1997 war jedem betroffenen Mitarbeiter ein Exemplar des Vertrags rechtzeitig zum Stichtag, dh. mit Übergang des Arbeitsverhältnisses, auszuhändigen. Gem. § 10 Abs. 2 PÜV 1997 sollten die jeweils auf den Mitarbeiter zutreffenden Vorschriften, dh. insbesondere die Verweisung auf den BMT-G II oder auf den BAT, unter dem Vorbehalt seiner Zustimmung Bestandteil des Arbeitsvertrags werden.

28Damit ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, dass die von der KLS FM GmbH eingegangene Verpflichtung zur weiteren Anwendung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes nicht nur gegenüber den anderen Parteien des PÜV 1997, sondern auch und gerade unmittelbar gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern einzelvertraglich wirksam werden sollte, sofern diese zustimmen.

29Auf die Frage, welche Rechtsqualität dem PÜV 1997 beizumessen (zB Vertrag zu Gunsten Dritter) und ob dieser wirksam zustande gekommen ist (insbes. betr. die hinreichende „Rechtsquellenklarheit“), kommt es daher nicht an. Er dient insoweit lediglich der Dokumentation des Inhalts der Willenserklärung und des hierauf bezogenen Rechtsbindungswillens der KLS FM GmbH gegenüber dem Kläger.

30(2) Der in der Übergabe des PÜV 1997 im Zusammenhang mit seinen einzelnen Regelungen zum Ausdruck kommende Rechtsbindungswille der KLS FM GmbH bestand auch gegenüber dem Kläger. Dieser wurde vom Anwendungsbereich des PÜV 1997 erfasst. Er gehörte zum Bereich der Gärtnerei und war in der Anlage 2 zum PÜV 1997 namentlich aufgeführt.

31cc) Der Antrag der KLS FM GmbH an den Kläger erfolgte ohne die auflösende Bedingung ihrer eigenen Tarifgebundenheit im Sinne einer Gleichstellungsabrede. Der Antrag ist deshalb schon nach der alten Rechtsprechung des Senats zur Gleichstellungsabrede wie bei jedem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber auch schon vor dem nach seinem Wortlaut und dem Empfängerverständnis als „unbedingte“ dynamische Verweisung auszulegen.

32Demgegenüber ist die Erwägung, der PÜV 1997 habe lediglich - statische - bestandsschützende Wirkung entfalten sollen, nicht durchgreifend. Zum einen hätte der PÜV 1997 - ungeachtet seiner Rechtsqualität - dann insoweit keinerlei eigenständige Bedeutung gehabt, da er sich bei dieser Auslegung auf die bloße Beschreibung der Rechtswirkungen des § 613a Abs. 1 BGB iVm. § 324 UmwG beschränkt hätte. Zum andern war die KLS FM GmbH zu keinem Zeitpunkt tarifgebunden. Wollte man die von der Revision vertretene Auslegung des Antrags zugrunde legen, hätte man eine ausdrückliche Vereinbarung unter eine auflösende Bedingung gestellt, die gar nicht erst zum Entstehen der Vereinbarung geführt hätte und - bildlich - schon vor dem Antrag „eingetreten“ war.

33b) Der Kläger hat den so verstandenen Antrag angenommen.

34aa) Die Annahme eines Antrags ist eine einseitige Willenserklärung, die unter den Voraussetzungen des § 151 BGB nicht empfangsbedürftig ist. Nach § 151 BGB kommt der Vertrag durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder wenn der Antragende auf sie verzichtet hat. Im Streitfall hat die KLS FM GmbH auf die Erklärung der Annahme durch die Arbeitnehmer - so auch den Kläger - verzichtet. Sie hat insbesondere weder eine Unterzeichnung der neuen Vertragsbedingungen verlangt noch hat sie ersichtlich in anderer Weise zum Ausdruck gebracht, sämtliche Arbeitnehmer müssten die nach § 10 Abs. 2 PÜV 1997 erforderliche Zustimmung ausdrücklich oder gar schriftlich erteilen.

35bb) Das Landesarbeitsgericht ist ohne revisiblen Rechtsfehler zu der Auffassung gelangt, der Kläger habe das Angebot einer unbedingten dynamischen Bezugnahme auf den BMT-G II konkludent angenommen.

36(1) Allerdings liegt die Annahmehandlung entgegen der Auffassung des Klägers nicht bereits in dem unterbliebenen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses. Darin kommt lediglich zum Ausdruck, das Arbeitsverhältnis als solches mit der KLS FM GmbH fortsetzen zu wollen. Über die Vertragsbedingungen, zu denen das Arbeitsverhältnis fortgeführt werden soll, sagt dieses Verhalten nichts aus.

37(2) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch angenommen, durch die widerspruchslose Entgegennahme der durch die KLS FM GmbH bis zum Jahr 2003 weitergegebenen Tariferhöhungen habe der Kläger das Angebot konkludent angenommen. Ein revisibler Rechtsfehler ist insoweit nicht zu erkennen (zu der eingeschränkten Überprüfbarkeit der Auslegung atypischer Willenserklärungen vgl. nur  - Rn. 26 mwN, BAGE 138, 48). Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsvorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt, Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und den Tatsachenstoff vollständig verwertet. In dem Verhalten des Klägers lag nicht nur ein - als Annahmeerklärung regelmäßig nicht ausreichendes - Schweigen auf den Antrag, sondern die tatsächliche Durchführung der geänderten Vertragsbedingungen (vgl.  - Rn. 27). Angesichts der von der KLS FM GmbH ausdrücklich unterbreiteten Offerte einer dynamischen Verweisung auf einen für sie normativ nicht geltenden Tarifvertrag liegt in der praktischen Umsetzung sowohl der zu dieser Zeit geltenden Tarifbestimmungen als auch gerade ihrer dynamischen Änderungen „in der Zeit“ nicht nur die Entgegennahme der einzelnen konkreten Tariferhöhung, sondern gleichzeitig die Annahme der angetragenen - dynamischen - Verweisungsklausel durch den Kläger. Das Verhalten der Arbeitgeberin musste sich ihm gerade als Erfüllung der hieraus erwachsenen und schriftlich dokumentierten vertraglichen Verpflichtungen darstellen. Dies hat im Streitfall überdies deshalb eine besondere Bedeutung, weil die erste der nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von der Arbeitgeberin weitergegebenen Tarifänderungen nach dem Betriebsübergang vom bereits mit Wirkung zum eintrat. Zu diesem Zeitpunkt trat eine Erhöhung der Monatstabellenlöhne durch den den BMT-G II ergänzenden Monatslohntarifvertrag Nr. 25 vom rückwirkend in Kraft.

38(3) Die Annahme durch den Kläger ist auch rechtzeitig erfolgt. Nach § 151 Satz 2 BGB bestimmt sich der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden. Im Streitfall ergeben sich weder aus dem PÜV 1997 noch aus dem erkennbaren Verhalten der KLS FM GmbH Anhaltspunkte für eine Annahmefrist. Aus den Umständen folgt, dass der Antrag jedenfalls so lange aufrechterhalten bleiben sollte, bis die Vertragsänderung praktische Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben würde. Mit der tatsächlichen Durchführung hat der Kläger den Antrag rechtzeitig konkludent angenommen.

39c) Diese Arbeitsbedingungen sind entgegen der Revision vor dem weiteren Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte im Jahr 2008 nicht etwa konkludent dahingehend abgeändert worden, dass der BMT-G II nur noch mit seinem Stand vom Jahr 2003 anwendbar sein sollte. Vor dem Hintergrund des ausdrücklichen Angebots der Arbeitgeberin in § 2 Abs. 3 PÜV 1997 zur Vereinbarung einer dynamischen Bezugnahmeklausel und dessen Annahme durch den Kläger konnte dieser die bloße unterbliebene Weitergabe der Dynamik ab 2004, dh. ein lediglich faktisches Verhalten mangels abweichender Anhaltspunkte nur als nicht vertragsgemäße Erfüllung der arbeitgeberseitigen Leistungspflicht, nicht hingegen als Antrag auf Vertragsänderung verstehen. Dies gilt umso mehr, als die - geleistete - Entgelterhöhung im Jahr 2003 auf demselben Entgelttarifvertrag beruhte wie die - nicht geleisteten - Entgelterhöhungen des Jahres 2004. In § 4 des Monatslohntarifvertrags Nr. 28 zum BMT-G vom (MLT Nr. 28) sind stufenweise drei Lohnerhöhungen vorgesehen, die ab , ab und ab erfolgen sollten. Die Umsetzung der ersten Stufe durch die KLS FM GmbH reihte sich aus verständiger Arbeitnehmersicht in die auch bislang erfolgten Entgeltanpassungen an die Tarifentwicklung ein und stellte damit eine weitere Erfüllung der dynamischen Verpflichtungen der Arbeitgeberin dar. Dass die auf derselben Tarifregelung beruhenden weiteren Entgelterhöhungen zum 1. Januar und von der Arbeitgeberin nicht mehr weitergegeben worden sind, konnte unter diesen Umständen nicht als eigenständiges Vertragsangebot gewertet werden, sondern lediglich als „Abbruch“ der bereits teilweise erfüllten Verpflichtung aus dem MLT Nr. 28 und damit als schlichte Nichterfüllung.

40d) Die zwischen dem Kläger und der KLS FM GmbH vereinbarte dynamische Verweisungsklausel erfasst auch den TVöD und den TVÜ-VKA. Bei dem TVöD handelt es sich um einen den BMT-G II ersetzenden Tarifvertrag iSd. vertraglichen Bezugnahmeklausel. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Spiegelstrich 4 TVÜ-VKA ersetzt der TVöD/VKA den BMT-G II (vgl. zur entsprechenden Ersetzung des BAT ausf.  - Rn. 22, BAGE 130, 286). Dabei bedarf es keines Rückgriffs auf die - hier tatsächlich fehlende - Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien für eine zwingende Auslegung der Verweisungsklausel. Diese steht einer solchen Auslegung, die im Einzelfall häufig naheliegen wird und auch im Streitfall zutreffend ist, allerdings auch nicht entgegen. Für eine ergänzende Vertragsauslegung fehlt es deshalb bereits an der Voraussetzung einer Regelungslücke, so dass nicht entschieden werden muss, ob nicht auch hier dasselbe Auslegungsergebnis einträte.

41II. Die damit zwischen der KLS FM GmbH und dem Kläger arbeitsvertraglich vereinbarte dynamische Verweisungsklausel ist durch die Ausgliederung und Übertragung des Bereichs „Technik L“ zum unverändert auf die Beklagte übergegangen.

421. Gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gehen die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis auf den Erwerber über. Der Erwerber wird so gestellt, als hätte er die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden Willenserklärungen, also auch die, ein bestimmtes Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung zum Inhalt des Arbeitsvertrags zu machen, selbst gegenüber dem übernommenen Arbeitnehmer abgegeben (st. Rspr., vgl. nur  - Rn. 23, BAGE 132, 169; - 5 AZR 1007/06 - Rn. 15, BAGE 124, 345). Nach § 324 UmwG bleibt § 613a BGB durch die Wirkung einer Spaltung unberührt. Dass im Streitfall die Tatbestandsvoraussetzungen von § 613a Abs. 1 BGB vorliegen, wird von den Vorinstanzen und den Parteien zu Recht nicht angezweifelt.

432. Damit ist auch die zwischen der KLS FM GmbH und dem Kläger vertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf den BMT-G II bzw. den TVöD und den TVÜ-VKA Bestandteil des ab dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses geworden. Eine dynamische Bezugnahmeklausel geht als vertragliche Vereinbarung zwischen dem Veräußerer und dem Arbeitnehmer regelmäßig auf das nach dem Betriebsübergang bestehende Arbeitsverhältnis mit dem Erwerber nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unter Aufrechterhaltung der Dynamik über (st. Rspr., ausf.  - Rn. 14 ff., BAGE 132, 169).

443. Diesem Ergebnis steht Unionsrecht nicht entgegen. Die Bindung des Erwerbers eines Betriebs an die von dessen Veräußerer mit dem Arbeitnehmer individualrechtlich vereinbarte dynamische Bezugnahme auf einen Tarifvertrag verstößt nicht gegen unionsrechtliche Regelungen, namentlich Art. 3 RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC.

45a) Mit Urteil vom (- C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt) hat der EuGH auf Vorlage des erkennenden Senats ( (A) -) entschieden, dass die RL 2001/23/EG iVm. Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht.

46b) Solche sowohl einvernehmlichen als auch einseitigen Anpassungsmöglichkeiten sieht die deutsche Rechtsordnung vor.

47aa) Eine einvernehmliche Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen ist - wie in jedem Arbeitsverhältnis - grundsätzlich auch nach einem Betriebsübergang möglich.

48(1) § 613a BGB hindert Arbeitnehmer und Betriebsübernehmer nicht, nach einem Betriebsübergang die vertraglichen Arbeitsbedingungen einvernehmlich abzuändern. So kann auch einzelvertraglich die mit dem Betriebsveräußerer vereinbarte Dynamik der Bezugnahmeklausel abbedungen werden. Insbesondere bedarf eine nach dem Betriebsübergang getroffene Vergütungsvereinbarung nicht wegen möglicher Umgehung des § 613a BGB eines sie rechtfertigenden Sachgrundes (st. Rspr. seit  - Rn. 12, BAGE 124, 345). Soweit das Gesetz in § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eine Sperrfrist von einem Jahr für die - auch einvernehmliche - Verschlechterung der Arbeitsbedingungen vorsieht, gilt dies ausschließlich für diejenigen Rechte und Pflichten, die vor dem Betriebsübergang zwischen Veräußerer und Arbeitnehmer aufgrund eines normativ geltenden Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung verbindlich waren.

49(2) Die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsänderung hat entgegen der Auffassung der Revision auch nicht nur theoretische Bedeutung. In der Praxis nimmt nicht selten ein Großteil der Arbeitnehmer einen aus deren Sicht nachvollziehbar begründeten - kollektiven - Antrag auf Vertragsänderung an. So haben etwa in dem der Entscheidung des - 2 AZR 139/07 -) zugrunde liegenden Fall 439 der 447 betroffenen Arbeitnehmer und damit 97 vH der Belegschaft das vom Arbeitgeber unterbreitete Änderungsangebot mit dem Ziel der Realisierung eines Sanierungskonzepts angenommen (ähnlich bei  -: 96 vH der Arbeitnehmer für die Anhebung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden ohne Entgeltausgleich). Auch in dem der Entscheidung des - 1 ABR 32/15 -) zugrunde liegenden Sachverhalt hatten 96 vH der Arbeitnehmer einer Änderungsvereinbarung ua. mit einem Verzicht auf Leistungsentgeltanteile und Sonderzahlungen sowie einer Reduzierung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich gegen einen befristeten Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen zugestimmt.

50bb) Auch die vom EuGH weiter geforderte Möglichkeit einer einseitigen Arbeitsvertragsänderung ist gesetzlich vorgesehen. Der Arbeitgeber kann gem. § 2 KSchG einzelne Arbeitsbedingungen durch die Erklärung einer Änderungskündigung abändern. Dass eine solche im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes sozial gerechtfertigt sein muss (§ 1 Abs. 2 KSchG), ist mit der vom EuGH in den Rechtssachen Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt und Alemo-Herron ua. ( und C-681/15 - und - C-426/11 -) vorgenommenen Auslegung der RL 2001/23/EG vereinbar.

51(1) Der EuGH verlangt, der Erwerber müsse in der Lage sein, die für die Fortsetzung seiner Tätigkeit „erforderlichen“ Anpassungen vorzunehmen ( - [Alemo-Herron ua.] Rn. 25; - C-680/15 und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22). Damit unterliegen die vom Erwerber angestrebten Änderungen jedenfalls nicht seiner einseitigen freien Entscheidung, sondern müssen dem Kriterium der Erforderlichkeit genügen (so auch Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159; Klein jurisPR-ArbR 20/2017 Anm. 1, D II). Hierzu hat der EuGH dem Unionsrecht keine bestimmten materiell-rechtlichen Kriterien entnommen, denen die Anpassungsmöglichkeit nach nationalem Recht genügen müsse. Für den Streitfall hat der Gerichtshof zudem ausdrücklich angenommen, die vom vorlegenden Senat dargestellte einseitige Änderungsmöglichkeit entspreche den durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs gesetzten Anforderungen ( und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 25). Es sei nicht seine Sache, über das Vorliegen oder die Wirksamkeit der betreffenden Anpassungsmöglichkeiten zu entscheiden. Für die Würdigung des Sachverhalts und die Auslegung des nationalen Rechts sei das nationale Gericht allein zuständig ( und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 27 f.).

52(2) Die gesetzlichen Vorgaben für die Änderungskündigung genügen diesen Anforderungen.

53(a) Die Änderungskündigung iSv. § 2 KSchG ist eine einseitige Anpassungsmöglichkeit. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nur dadurch zustande kommen kann, dass der Arbeitnehmer das Änderungsangebot des Arbeitgebers annimmt (vgl. dazu Sagan ZESAR 2016, 116, 120). Gleichwohl ist das Änderungsangebot stets mit der einseitigen Willenserklärung einer Beendigungskündigung verbunden. Unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot ablehnt oder unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung annimmt ( - Rn. 30; - 2 AZR 641/07 - Rn. 14 mwN), haben die Gerichte für Arbeitssachen lediglich zu prüfen, ob sich die angebotenen Änderungen nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels „erforderlich“ ist ( - aaO; - 2 AZR 879/07 - Rn. 51 ff. mwN). Danach kann sich der Arbeitgeber - sofern die angestrebten Änderungen sozial gerechtfertigt sind - auch einseitig von den nicht gewünschten Arbeitsbedingungen lösen. Dass es dem Arbeitnehmer nach dem nationalen Recht unbenommen ist, das Arbeitsverhältnis für den Fall der sozialen Rechtfertigung der vom Arbeitgeber angebotenen Änderung gar nicht fortsetzen zu wollen, ist unerheblich. Ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer nur unter den von ihm gewünschten geänderten Bedingungen fortzusetzen, besteht nicht. Der Arbeitnehmer könnte für den Fall, dass ihm die geänderten Arbeitsbedingungen nicht (mehr) zusagen, jederzeit seinerseits eine Eigenkündigung erklären.

54(b) Der Umstand, dass die Anpassungsmöglichkeit der Änderungskündigung nach dem nationalen Recht - sofern das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist - an die gesetzlich normierte Voraussetzung der sozialen Rechtfertigung geknüpft ist, steht den Vorgaben des EuGH ebenso wenig entgegen.

55(aa) § 2 iVm. § 1 Abs. 2 KSchG ermöglicht eine Anpassung von Arbeitsbedingungen durch eine einseitige Willenserklärung des Arbeitgebers. Deren Wirksamkeit ist jedoch an bestimmte tatbestandliche Voraussetzungen geknüpft, insbesondere das Vorliegen von Umständen, die die angestrebte Änderung der Arbeitsbedingungen als „sozial gerechtfertigt“ erscheinen lassen. In der hierzu bisher ergangenen Rechtsprechung insbesondere des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts ist insoweit darauf abgestellt worden, ob sich das Änderungsangebot auf die für die Fortsetzung der Tätigkeit des Arbeitgebers „erforderlichen“ Anpassungen beschränkt (vgl.  - BAGE 132, 78).

56(bb) Auch der EuGH verlangt für einen Betriebserwerber keine voraussetzungsfreien Änderungsmöglichkeiten, sondern lediglich die Möglichkeit von „erforderlichen“ Anpassungen ( und C-681/15 - [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt] Rn. 22; - C-426/11 - [Alemo-Herron ua.] Rn. 25; so auch Bayreuther NJW 2017, 2158, 2159). Ob und inwieweit sich diese beiden, zumindest im Wortlaut gleichlautenden Tatbestandsvoraussetzungen decken oder hier ggf. eine unterschiedliche Beurteilung angezeigt ist, muss der Senat nicht entscheiden. Es genügt insoweit die Feststellung, dass für die Berücksichtigung des Merkmals der „Erforderlichkeit“ bei der Beurteilung einer Änderungskündigung im Rahmen eines Änderungskündigungsschutzverfahrens ausreichend Raum besteht.

57(cc) Soweit teilweise eingewandt wird, eine Änderungskündigung zum Zwecke der Beseitigung der Dynamik sei aussichtslos bzw. nur „theoretisch“ möglich, wie sich an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Entgeltabsenkung durch Änderungskündigung zeige (vgl. zB Naber/Krois BB 2015, 1600; dies. ZESAR 2014, 121, 127; Latzel RdA 2014, 110, 116; Willemsen/Grau NJW 2014, 12, 15; Sagan ZESAR 2016, 116, 120; Haußmann ArbRAktuell 2017, 242), greift dieser Einwand schon deshalb nicht durch, weil es bei der Entdynamisierung der Verweisungsklausel nicht um eine Entgeltabsenkung geht, sondern - abgesehen von sonstigen Tarifinhalten - um die Aufrechterhaltung des bisherigen Entgeltniveaus. Die oa. Literaturauffassung übersieht darüber hinaus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts selbst eine Entgeltabsenkung im Wege der Änderungskündigung möglich ist (sh. nur  - Rn. 18 ff.; - 2 AZR 789/06 - Rn. 13 ff.), an deren Wirksamkeit lediglich höhere Anforderungen gestellt werden, da sie einen nachhaltigen Eingriff in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung bedeutet ( - BAGE 79, 159; - 2 AZR 826/98 -).

58(3) Es ist auch ansonsten kein rechtlich begründeter Anlass dafür ersichtlich, einen Betriebsübernehmer hinsichtlich seiner Bindung an Arbeitsverträge im Vergleich zu anderen Arbeitgebern zu privilegieren. Einem Betriebsübernehmer steht es frei, den Inhalt der einzelvertraglichen Abreden der von ihm zu übernehmenden Arbeitnehmer - ebenso wie weitere vertragliche Bindungen des Veräußerers, zB Leasing-Verträge, Kundenverträge, Lieferantenbedingungen usw. - zu prüfen und bei dem Aushandeln seiner Gegenleistung angemessen zu berücksichtigen. Das rechtliche Instrument der Änderungskündigung dient dabei nicht der nachträglichen Korrektur einer unzureichenden Prüfung. Ließe man eine solche Korrektur ohne die Maßgabe der dafür nach § 2 KSchG vorgesehenen materiell-rechtlichen Kriterien zu, wäre es dem Erwerber eines Betriebs möglich, sich von bestimmten, von ihm für nachteilig gehaltenen vertraglichen Vereinbarungen nach anderen Kriterien zu lösen als sonstigen Arbeitgebern in einem laufenden Arbeitsverhältnis. Ob - ungeachtet des Verweises des EuGH auf die alleinige Kompetenz der nationalen Gerichte zur Auslegung des nationalen Rechts - und ggf. welche Kriterien bei der rechtlichen Beurteilung einer Änderungskündigung im Rahmen des Maßstabs der sozialen Rechtfertigung nach § 2 KSchG aus dem Unionsrecht zu berücksichtigen sein könnten (vgl. dazu etwa Jacobs/Frieling EuZW 2013, 737, 740 mwN), war vorliegend nicht zu beurteilen. Die Beklagte hat keine Änderungskündigung erklärt. Schon aus diesem Grund kommt entgegen der Revision eine Vorlage an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts nach § 45 Abs. 3 ArbGG nicht in Betracht.

59(4) Der gelegentlich vorgebrachte und von der Revision aufgenommene Hinweis auf ein mögliches Vereinheitlichungsinteresse des Betriebserwerbers (vgl. etwa Willemsen/Grau NJW 2014, 12, 15) ist schon deshalb unbeachtlich, weil es im Entscheidungsfall nicht um die Anwendbarkeit eines eigenen Tarifvertrags des Erwerbers, sondern lediglich um die Frage der Dynamik des vereinbarten Tarifvertrags geht. Dass der TVöD und der TVÜ-VKA als solche den Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien bestimmen, ist unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten zwischen den Parteien nicht im Streit. Auch in den von der Revision angeführten Urteilen des EuGH ( - [Alemo-Herron ua.] Rn. 27; - C-499/04 - [Werhof]) war weder eine absenkende Angleichung der Entgelthöhe noch die Anwendbarkeit eines anderen Tarifvertrags Gegenstand der Entscheidung; in beiden Fällen blieb es - bei „Obsiegen“ des Arbeitgebers - im Ergebnis bei der statischen Anwendung des „unternehmensfremden“ Tarifvertrags.

604. Die Annahme des Übergangs einer dynamischen Verweisungsklausel verletzt die Beklagte entgegen der Auffassung der Revision auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG. Wie der Senat bereits wiederholt ausgeführt hat, berühren die Auslegung und die Wirksamkeit der individualrechtlichen Bezugnahme auf Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht weder die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, noch diejenige der Personen, die aufgrund privatautonomer Entschließung in diese Rechtsposition eingetreten sind. Die negative Koalitionsfreiheit kann schon begrifflich nicht durch einen Arbeitsvertrag berührt sein ( - Rn. 21, BAGE 132, 169; - 4 AZR 793/07 - Rn. 17 ff., BAGE 128, 185). Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt.

61III. Die Parteien des Rechtsstreits haben auch keine von dieser Bezugnahmeregelung abweichende oder diese abändernde Vereinbarung getroffen.

621. Der PÜV 2008, der auch das Arbeitsverhältnis der Parteien erfasste, sieht in § 1 Abs. 3 vor, dass die betroffenen Arbeitnehmer mit allen arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten, insbesondere aus einzelvertraglichen Regelungen, Gesamtzusagen und betrieblichen Übungen auf die übernehmende Gesellschaft übergehen. Darin liegt keine abweichende Vereinbarung der Rechte und Pflichten, sondern lediglich eine Bestätigung der ohnehin geltenden gesetzlichen Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.

632. Umgekehrt sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass - abweichend von der bislang bestehenden und nunmehr in gleicher Weise auf die Beklagte übergegangenen Vereinbarung - ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs nur eine (statische) Bezugnahme auf den BMT-G II gewollt war. Soweit die Revision sich für die gegenteilige Annahme auf § 1 Abs. 4 PÜV 2008 beruft, bleibt sie erfolglos. Der Kläger konnte diese Regelung nicht als gesonderten Antrag der Beklagten iSv. §§ 145 ff. BGB auffassen, erst recht nicht auf einvernehmliche Änderung des Bezugsobjekts der vereinbarten und gelebten dynamischen Verweisungsklausel.

64a) § 1 Abs. 4 PÜV 2008 bestimmt in gesonderter Weise, dass den Mitarbeitern der Bereiche „Technik“ entsprechend den Vorschriften des BAT und des BMT-G II in ihrer jeweils gültigen Fassung Zuschläge weiter gewährt werden, sofern sie die tatsächlichen Voraussetzungen der tariflichen Regelungen erfüllen.

65b) Inwieweit hieraus mit der Revision zu folgern wäre, das bisher dynamisch in Bezug genommene Tarifwerk des öffentlichen Dienstes sei insgesamt jedenfalls hinsichtlich seiner Dynamik einzelvertraglich abbedungen, erschließt sich nicht.

66aa) Schon der hier genannte Bereich der Erschwerniszuschläge betrifft nur einen geringfügigen Teil aller im öffentlichen Dienst tariflich geregelten wechselseitigen Rechte und Pflichten, so dass sich die gesonderte Abrede in § 1 Abs. 4 PÜV 2008 allenfalls auf diesen, vorliegend nicht streitigen Regelungsbereich beziehen könnte. Die im Anwendungsbereich weiter vorgenommene Beschränkung auf die Bereiche „Technik“ ist eine nochmalige Begrenzung auf nur einen Teil der übergegangenen Arbeitsverhältnisse.

67bb) Überdies gibt es auch keine materiell-rechtliche Abweichung von der dynamischen Bezugnahme auf den TVöD und die ergänzenden Tarifverträge. § 19 TVöD, der die Erschwerniszuschläge regelt, enthält eingrenzende Rahmenbedingungen und verweist im Übrigen für den Bereich der VKA auf noch abzuschließende landesbezirkliche Tarifverträge. Nach § 23 Abs. 1 TVÜ-VKA gelten bis zu deren Vereinbarung die bisher geltenden bezirklichen Regelungen gem. § 23 Abs. 3 BMT-G II weiter. Nach § 23 Abs. 3 BMT-G II werden die zuschlagspflichtigen Arbeiten und die Höhe der Zuschläge bezirklich vereinbart. Mit der Verweisung auf die „Vorschriften des BAT und des BMT-G II in ihrer jeweils gültigen Fassung“ kann in dieser Konstellation nichts anderes gemeint sein als der Verweis auf den jeweils gültigen Landesbezirkstarifvertrag. Ein solcher ist im Land Hessen auch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht neu vereinbart worden, so dass nach wie vor die bisherigen Erschwerniszuschläge „weiter gewährt“ werden.

68IV. Das Recht des Klägers, sich auf die Anwendbarkeit des TVöD sowie des TVÜ-VKA zu berufen, ist weder verfallen noch verjährt oder verwirkt.

691. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Anwendbarkeit von Tarifverträgen auf ein Arbeitsverhältnis als solche weder den tarifvertraglichen Ausschlussfristen noch der gesetzlichen Verjährung unterliegt. Die Anwendbarkeit des Tarifvertrags ist ein „Stammrecht“, welches als solches an keinen Fälligkeitszeitpunkt geknüpft ist (vgl.  - zu II 1 der Gründe). Die Revision hat insoweit auch keine Rügen erhoben.

702. Das Recht des Klägers ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht verwirkt.

71a) Mit der Verwirkung als Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) wird eine illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, er wolle sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment) (st. Rspr., sh. nur  - zu I 3 a der Gründe, BAGE 99, 295). Hierbei muss das Vertrauen des Verpflichteten, nicht in Anspruch genommen zu werden, das Interesse des Berechtigten an Anspruchserfüllung derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

72b) Ob und unter welchen Umständen die Geltendmachung eines bestimmten Inhalts eines Arbeitsverhältnisses als solche überhaupt der Verwirkung unterliegen kann - was wegen der rechtsgeschäftlichen Möglichkeit einer auch konkludenten Änderung des Vertragsinhalts fraglich erscheint -, kann hier dahinstehen. Die Beklagte hat lediglich auf den verstrichenen Zeitraum - sieben Jahre zwischen dem Inkrafttreten des TVöD und einer Geltendmachung des Klägers - verwiesen. Ob damit das erforderliche Zeitmoment für eine Verwirkung schon erfüllt ist, kann gleichfalls offenbleiben. Der bloße Zeitablauf allein führt nicht zu einer Verwirkung. Für das Vorliegen des notwendigen Umstandsmoments hat die Beklagte über den bloßen Zeitablauf hinaus nichts vorgetragen. Entsprechende Umstände sind auch nicht ersichtlich.

73C. Die Kosten der Revision sind von der Beklagten zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos bleibt (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2017:300817.U.4AZR61.14.0

Fundstelle(n):
AAAAG-71542