BFH Urteil v. - V R 19/00

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) errichtete im Streitjahr 1994 zusammen mit ihrem Ehemann auf einem im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Grundstück ein Gebäude, das sie zur einen Hälfte als (von ihr allein betriebene) Gaststätte und zur anderen (gemeinsam mit ihrem Ehemann) als Wohnung nutzte. Mit ihrer Umsatzsteuererklärung machte die Klägerin Vorsteuerbeträge in Höhe von 14 003 DM aus den auf den Gaststättenteil entfallenden Baukosten geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) folgte dem nach einer Umsatzsteuersonderprüfung nicht, weil entsprechend der Baugenehmigung und dem ”Bauleitvertrag” die Ehegattengemeinschaft zivilrechtliche Auftraggeberin und damit auch Leistungsempfängerin der Bauarbeiten gewesen sei. Das FA setzte deshalb die Umsatzsteuer für das Streitjahr auf ./. 104 DM fest.

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen erhobene Klage ab. Zur Begründung führte es vor allem aus, dass § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) den Vorsteuerabzug von einer Rechnung i.S. des § 14 UStG abhängig mache, in der der tatsächliche Leistungsempfänger bezeichnet sein müsse. Die Klägerin habe bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aber keinen Nachweis dafür erbracht, dass ihr ordnungsgemäße Rechnungen mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer erteilt worden seien: Ihr allein zur mündlichen Verhandlung erschienener Prozessbevollmächtigter habe die Anordnung in der Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht befolgt, in der der Klägerin aufgegeben worden sei, sämtliche Belege vorzulegen, aus denen ein Vorsteuerabzug geltend gemacht werde; zudem sei sie vom Berichterstatter des FG bereits vorher aufgefordert worden, Unterlagen vorzulegen, aus denen sich ergebe, dass sie ”alleinige Leistungsempfängerin” gewesen sei. Das FG habe deshalb —zu Lasten der Klägerin gehende— erhebliche Zweifel, ob etwa vorhandene Rechnungen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfüllten, zumal sie selbst eingeräumt habe, dass die Rechnungen zumindest teilweise nicht an sie adressiert worden seien.

Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts sowie die ”Zugrundelegung falscher Lebenssachverhalte”. Entsprechend dem (BFHE 187, 78, BFH/NV 1999, 575, Umsatzsteuer-Rundschau —UR— 1999, 36 - bislang nicht im BStBl), das dem FG erst in der mündlichen Verhandlung vom durch den Prozessvertreter der Klägerin bekannt geworden sei, könne sie 50 % der Vorsteuerbeträge aus den Baukosten abziehen.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Umsatzsteuer auf ./. 7 001,50 DM festzusetzen.

Das FA hält die Revision für unzulässig, da sich die Klägerin nicht ausreichend mit der Urteilsbegründung auseinander gesetzt habe.

II. 1. Die Revision ist zulässig.

Zwar muss über den Wortlaut des —hier noch anwendbaren (vgl. Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom , BGBl I, 1757)— § 120 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) a.F. hinaus der Revisionskläger neben der Rüge eines konkreten Rechtsverstoßes die Gründe tatsächlicher oder rechtlicher Art angeben, die nach seiner Auffassung das erstinstanzliche Urteil als unrichtig erscheinen lassen (vgl. z.B. , BFH/NV 2001, 184, m.w.N.). Die sinngemäße Revisionsrüge der fehlenden Anwendung des Urteils in BFHE 187, 78 erfüllt noch diese Anforderungen.

2. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

a) Im Urteil in BFHE 187, 78 hat der erkennende Senat (zu II. 2. a bb) ausgeführt, dass Gemeinschafter —entsprechend der zivilrechtlichen Rechtslage— auch umsatzsteuerrechtlich dann Leistungsempfänger sind, wenn nur sie —und nicht die Gemeinschaft— unternehmerisch tätig sind. Er hat diese Auffassung im Urteil vom V R 49/99 (BFHE 194, 270, BFH/NV 2001, 402, UR 2001, 118 - ebenfalls bislang nicht im BStBl) bestätigt für einen Fall der Pacht einer Gaststätte durch ein Ehepaar, bei dem diese Gaststätte —wie hier— nur durch einen Ehegatten betrieben wurde.

Damit ist nicht vereinbar, dass die Vorinstanz in den Entscheidungsgründen ”erhebliche Zweifel” an den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG erhob, weil die Klägerin selbst eingeräumt habe, dass Rechnungen teilweise nicht an sie (selbst) adressiert worden seien und deshalb eine Beweislastentscheidung traf. Denn selbst in den Fällen der Adressierung an beide Ehegatten wäre —mangels anderweitiger Anhaltspunkte— jeweils die Hälfte der entsprechenden Vorsteuerbeträge abziehbar.

b) Die Sache ist nicht spruchreif. Die bisher getroffenen Feststellungen lassen eine Prüfung der Höhe der abziehbaren Vorsteuerbeträge nicht zu.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 209
BFH/NV 2003 S. 209 Nr. 2
DStRE 2003 S. 178 Nr. 3
MAAAA-68498