Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist als beratender Ingenieur tätig. Im Anschluss an eine Außenprüfung änderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) am die Umsatzsteuerbescheide für 1993 bis 1995. Mit Schriftsatz vom teilte der Kläger dem FA mit, die mit einfachem Brief in einem Briefkuvert mit dem Freistempelaufdruck übersandten Bescheide vom seien ihm erst am zugegangen. Am selben Tag habe er die geänderten Einkommensteuerbescheide für 1993 bis 1995 vom in einem Briefkuvert mit dem Freistempelaufdruck erhalten sowie den geänderten Betriebsprüfungsbericht vom , der ausweislich des Absendevermerks des FA am abgesandt worden ist. Das FA verwarf den mit Schriftsatz vom erhobenen Einspruch des Klägers wegen Versäumung der Einspruchsfrist als unzulässig.
Mit der Klage machte der Kläger geltend, seine Ehefrau habe die Sendungen aus dem täglich geleerten Briefpostkasten entnommen. Ob die Verzögerung durch die Post verursacht worden sei oder ob die Sendungen erst zu einem späteren Zeitpunkt als aus den Bescheiden bzw. Freistempelaufdrucken ersichtlich vom FA abgesandt worden seien, sei unerheblich. Für Letzteres spreche, dass sich das FA mit seinen Datumsangaben mehrfach als unzuverlässig erwiesen habe.
Das Finanzgericht (FG) hat nach Einholung einer Auskunft der Post und Anhörung der Ehefrau des Klägers als Zeugin die Klage abgewiesen. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, es sei davon auszugehen, dass die Umsatzsteuerbescheide an dem Tag, an dem sie in der Poststelle freigestempelt worden seien, zur Post gegeben worden seien. Anhaltspunkte für einen anderen Geschehensablauf seien nicht ersichtlich. Insbesondere seien die vom Kläger genannten Beispiele geeignet, die Behauptung des Klägers, das FA sei hinsichtlich der Datumsangaben unzuverlässig, zu unterstützen.
Auch vom behaupteten Zugang erst am konnte sich das FG nicht überzeugen. Im Falle des Klägers sei eine auffällige Häufung von nicht oder verspätet angekommenen Sendungen zu verzeichnen. Auch inhaltlich bedeutsame Schreiben des Klägers an das FG seien dort nicht angelangt, wobei auffälligerweise in diesen Fällen die Schriftsätze nicht, wie üblich, vorab durch Fax übermittelt worden seien. Unwahrscheinlich sei auch, dass drei z.T. an weit auseinander liegenden Tagen gesandte Sendungen am selben Tag beim Kläger eingegangen seien. Insoweit könne auch unter Berücksichtigung der gesamten Umstände der Aussage der Zeugin nicht gefolgt werden.
Mit der Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen Abweichung von der Entscheidung des (BFHE 193, 28, BStBl II 2001, 211).
Nicht berücksichtigt habe das FG den Umstand, dass der Kläger sofort nach Erhalt der Bescheide und des Betriebsprüfungsberichts am unverzüglich reagiert und diesen Umstand dem FA mit Schreiben vom mitgeteilt habe.
II. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.
1. Anwendbar ist die Finanzgerichtsordnung (FGO) in der ab dem geltenden Fassung (Art. 4 und 6 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze —2.FGOÄndG— vom , BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567).
2. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder
3. wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und
vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Nichtzulassung der Revision kann gemäß § 116 Abs. 1 mit der Beschwerde geltend gemacht werden. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
3. Das FG weicht nicht von der vom Kläger benannten Entscheidung des BFH ab. Im Urteil in BFHE 193, 28, BStBl II 2001, 211 hat der BFH entschieden, dass der dem FA obliegende Nachweis, dass der Bescheid den Behördenbereich verlassen hat, nicht nach den Regeln des Anscheinsbeweises geführt werden kann, wenn die Absendung des Bescheides nicht in einem Absendevermerk festgehalten ist. Hat das FA die ordnungsgemäße Absendung eines fristwahrenden Steuerbescheides nicht durch einen Absendevermerk der Poststelle in den Akten festgehalten, muss sich das FG aufgrund eines Indizienbeweises die Überzeugung bilden, ob es die Absendung des Bescheides zu einem bestimmten Tag für nachgewiesen hält oder nicht.
Im Streitfall hat das FG —mangels eines Absendevermerks in Bezug auf die streitigen Umsatzsteuerbescheide— sich die Umstände, die für und gegen die Annahme sprechen könnten, dass die in der Poststelle postfertig mit dem Freistempelaufdruck versehenen Umsatzsteuerbescheide am abgesandt worden sind, abgewogen und sich in freier Beweiswürdigung von dem genannten Absendedatum überzeugt; es hat dabei auch die Möglichkeit, dass die drei Sendungen zurückgehalten worden sind, erwogen und mangels konkreter Anhaltspunkte für unwahrscheinlich gehalten.
4. Soweit der Kläger rügt, das FG habe bei seiner Entscheidung nicht seine unverzügliche Reaktion auf den Erhalt der Umsatzsteuerbescheide und Einkommensteuerbescheide 1993 bis 1995 und des geänderten Betriebsprüfungsberichts am berücksichtigt, wendet er sich letztlich gegen die Beweiswürdigung. Die fehlerhafte Würdigung des Beteiligtenvorbringens oder eines erhobenen Beweises durch das FG ist jedoch kein Verfahrensfehler, es sei denn, das FG hätte falsche Beweisregeln angewendet (vgl. z.B. , BFH/NV 2000, 1458).
Die Nichtberücksichtigung von Umständen, die richtigerweise in die Beweiswürdigung hätten einfließen müssen, kann zwar verfahrensfehlerhaft sein, wenn das FG bei seiner Überzeugungsbildung eine nach Aktenlage feststehende Tatsache unberücksichtigt lässt. Die schlüssige Rüge eines solchen Verfahrensfehlers setzt u.a. jedoch die substantiierte Darlegung voraus, dass die Vorentscheidung unter Zugrundelegung der von ihr vertretenen materiell-rechtlichen Auffassung möglicherweise anders getroffen worden wäre, wenn dem FG der gerügte Verfahrensfehler nicht unterlaufen wäre. Anhaltspunkte dazu, weshalb das FG bei Berücksichtigung dieses Umstandes die übrigen Umstände anders hätte gewichten müssen, hat der Kläger nicht vorgetragen.
5. Entscheidungsgegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde sind nur die innerhalb der Beschwerdefrist geltend gemachten Zulassungsgründe (vgl. z.B. , BFH/NV 1999, 58; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 22). Darüber hinaus ist im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde neues tatsächliches Vorbringen im gleichen Umfang ausgeschlossen wie im Revisionsverfahren (z.B. , BFH/NV 2000, 844; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 30). Das Schreiben des Klägers vom (nach Ablauf der Begründungsfrist am ) enthält solches neues tatsächliches Vorbringen.
Abgesehen davon, dass nicht nachvollziehbar ist, weshalb der Kläger die behaupteten Unstimmigkeiten zwischen Bescheiddatum und Freistempelaufdruck in Bezug auf die Aufhebung von Einkommensteuerbescheiden im Februar 2000 nicht schon im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht hat, das erst mit Urteil vom abgeschlossenen wurde, kann dies ebenso wie die Rüge, das FG weiche von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab, nicht berücksichtigt werden, weil der Kläger beides erst nach Ablauf der Beschwerdefrist geltend gemacht hat.
6. Im Übrigen sieht der Senat von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung nach Maßgabe des § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
PAAAA-68445