BFH Beschluss v. - I B 88/01

Gründe

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob in eine Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den Verluste aus den Jahren 1987 bis 1989 einzubeziehen sind oder ob dem die Bestandskraft von Steuerbescheiden für die Vorjahre entgegensteht.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine inzwischen in Liquidation befindliche GmbH, gab für die Jahre 1985 bis 1988 Körperschaftsteuererklärungen ab, nach denen sich der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte auf ./. 3 924 DM (1985), 32 DM (1986), 36 DM (1987) und ./. 1 465 DM (1988) belief. Für das Jahr 1989 wurden keine Steuererklärungen abgegeben, weshalb der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Besteuerungsgrundlagen schätzte. In dem Körperschaftsteuerbescheid 1989 sind der Gesamtbetrag der Einkünfte mit 5 000 DM und das Einkommen der Klägerin mit 0 DM beziffert.

Für das Streitjahr (1990) führte das FA erneut eine Schätzung durch, wobei es den Gesamtbetrag der Einkünfte mit 20 000 DM ansetzte und die Körperschaftsteuer auf 10 000 DM festsetzte. Der so lautende, vom datierende Bescheid wurde bestandskräftig. Am änderte das FA diesen Bescheid; es berücksichtigte nunmehr aus 1991 stammende Verluste und setzte die Körperschaftsteuer auf 0 DM fest.

Im weiteren Verlauf gab die Klägerin Steuererklärungen für die Jahre 1988 bis 1990 ab, in denen sie Gesamtbeträge der Einkünfte in Höhe von ./. 10 455 DM (1988), ./. 12 068 DM (1989) und ./. 3 847 DM (1990) angab. Ferner focht sie den Körperschaftsteuerbescheid 1990 mit Einspruch und Klage an, wobei sie begehrte, die Verluste aus den Jahren 1985 bis 1989 bei der Steuerfestsetzung 1990 in Abzug zu bringen und gemeinsam mit dem Verlust des Jahres 1990 gesondert festzustellen. Über die Klage hat das Finanzgericht (FG) noch nicht entschieden.

Mit einem weiteren Antrag begehrte die Klägerin die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den . Diesen Antrag lehnte das FA ab; es stellte fest, dass eine gesonderte Feststellung nach § 10d Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) nicht durchzuführen sei. Einspruch und Klage gegen diesen Bescheid hatten keinen Erfolg.

Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer auf § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.

Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat Gründe für eine Zulassung der Revision nicht in der gebotenen Form dargelegt.

1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil u.a. dann zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1) oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (Nr. 2). Wird auf einen dieser Zulassungsgründe eine Nichtzulassungsbeschwerde gestützt, so muss das Vorliegen des betreffenden Grundes in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Fehlt es hieran und wird ein Zulassungsgrund auch nicht anderweitig innerhalb der Beschwerdefrist dargelegt, so ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig (BFH-Beschlüsse vom I B 157/00, BFH/NV 2002, 34; vom III B 97/01, BFH/NV 2002, 366).

2. Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat eine Rechtssache dann, wenn im konkreten Fall eine Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, die im allgemeinen Interesse an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts der höchstrichterlichen Klärung bedarf. Die betreffende Frage muss also einerseits klärungsbedürftig und andererseits in dem jeweils zu entscheidenden Einzelfall klärungsfähig sein (, BFH/NV 2002, 220). Das Vorliegen beider Voraussetzungen muss deshalb zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde dargelegt werden (, BFH/NV 2002, 499).

Im Streitfall hat die Klägerin als klärungsbedürftige Rechtsfrage zum einen diejenige bezeichnet, ”ob die erstmalige gesonderte Feststellung der noch nicht ausgeglichenen Verluste aus den Jahren 1985 bis 1989 auf den ” voraussetze, ”dass die Körperschaftsteuerbescheide der entsprechenden Jahre noch geändert werden können”. Sie hat jedoch nicht näher begründet, aus welchen Gründen diese Frage im allgemeinen Interesse einer höchstrichterlichen Entscheidung bedarf. Das wäre aber zum einen schon deshalb erforderlich gewesen, weil die von der Klägerin angesprochene Frage seit vielen Jahren ausgelaufenes Recht betrifft. Zum anderen hat der BFH bereits entschieden, dass im Rahmen der Verlustfeststellung auf den eine Bindung an Einkommensteuerbescheide für die Jahre vor 1990 nicht besteht (, BFH/NV 1997, 180). Damit ist die von der Klägerin angesprochene Frage —in verneinendem Sinne— beantwortet. Die Klägerin hätte deshalb aufzeigen müssen, dass und inwieweit trotz dieser Entscheidung in der genannten Frage ein weiteres Klärungsbedürfnis besteht. Das ist nicht geschehen, so dass die grundsätzliche Bedeutung dieser Frage nicht i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt worden ist.

Die zweite in der Beschwerdeschrift formulierte Rechtsfrage geht dahin, ob ”die erstmalige gesonderte Feststellung der noch nicht ausgeglichenen Verluste aus den Jahren 1985 bis 1989 voraus(setzt), dass der Körperschaftsteuerbescheid 1990 noch geändert werden kann”. Es mag dahingestellt bleiben, ob die Klägerin hinsichtlich dieser Frage ein Klärungsbedürfnis dargelegt hat. Jedenfalls fehlt es insoweit an einer Darlegung der Klärungsfähigkeit, da die Klägerin in der Beschwerdeschrift ausdrücklich eingeräumt hat, dass diese Frage ”im vorliegenden Verfahren nicht klärungsfähig ist”. Damit hat die Klägerin die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht ausreichend dargetan, so dass unter diesem Gesichtspunkt die Revision nicht zugelassen werden kann.

3. Im Ergebnis dasselbe gilt in Bezug auf eine Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO. Insoweit beanstandet die Klägerin, dass die Entscheidung des FG ”ganz offenbar falsch” sei und deshalb ”aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit” vom BFH korrigiert werden müsse. Die schlichte Unrichtigkeit einer Einzelfallentscheidung ist jedoch auch nach der Neufassung des Revisionsrechts (Zweites Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze —2.FGOÄndG— vom , BGBl I 2000, 1757) kein Grund für eine Zulassung der Revision (BFH-Beschlüsse vom XI B 25/01, BFH/NV 2002, 213; vom X B 60/01, BFH/NV 2002, 347; vom III B 61/01, BFH/NV 2002, 666). Da die Klägerin nur einen solchen Fehler geltend macht, hat sie mithin auch unter diesem Gesichtspunkt keinen Zulassungsgrund dargelegt. Auf die Frage, welche Fallgestaltungen nach dem jetzt geltenden Rechtszustand von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO erfasst werden, muss angesichts dessen im Streitfall nicht eingegangen werden.

Fundstelle(n):
EAAAA-68090