BFH Beschluss v. - X B 164/01

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Zum einen sieht die Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Beschwerde gegen Beschlüsse über die Ablehnung von Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung nur vor, wenn sie —anders als im Streitfall— ausdrücklich vom Finanzgericht (FG) zugelassen worden ist. Gegen die Nichtzulassung ist eine Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO unstatthaft (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom VII B 215/97, BFH/NV 1998, 866, 867; vom III B 1/98, BFH/NV 1998, 1228, m.w.N.).

2. Zum anderen lässt die Beschwerdebegründung entgegen der Auffassung der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) keine Mängel der angefochtenen Entscheidung erkennen, die die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer ”außerordentlichen Beschwerde” erfüllen.

a) Die Zulassung dieses in der FGO selbst nicht vorgesehenen ”Ausnahme-Rechtsmittels” hat die Rechtsprechung nur für Sonderfälle ”greifbarer Gesetzwidrigkeit” in Erwägung gezogen, d.h. für Fälle, in denen die erstinstanzliche Entscheidung ”jeglicher Grundlage” entbehrt und eine ”nicht hinnehmbare Gesetzwidrigkeit” zur Folge hat (, BFH/NV 1992, 509, 510). Nach anderen Entscheidungen muss die kraft Gesetzes unanfechtbare Entscheidung unter ”schwer wiegenden” Verletzungen von Verfahrensvorschriften zustande gekommen sein oder auf einer Gesetzesauslegung beruhen, die ”offensichtlich” Wortlaut und Gesetzeszweck widerspricht und eine Gesetzesanwendung zur Folge hat, die durch das Gesetz ersichtlich ausgeschlossen werden sollte (BFH-Beschlüsse vom VII B 144/94, BFH/NV 1995, 791, und in BFH/NV 1998, 866).

Diese Voraussetzungen sind eng auszulegen, weil der Ausschluss von Nichtzulassungsbeschwerden gegenüber Beschlüssen der vorliegenden Art auch verfassungsrechtlich unbedenklich ist (s. dazu , BFH/NV 1998, 818, 819), selbst wenn damit im Einzelfall etwaige Gesetzesverstöße hingenommen werden. Denn Rechtsrichtigkeit und Rechtssicherheit sind als prinzipiell gleichwertige Elemente der Gerechtigkeit zu werten (s. dazu , BVerfGE 60, 253, 267 ff.). Danach kann eine außerordentliche Beschwerde nur dann Erfolg haben, wenn die in Frage stehende Gerichtsentscheidung auf einem gravierenden, ”unerträglichen” und außerdem offenkundigen, d.h. ohne weiteres erkennbaren Rechtsverstoß beruht und dies durch den Rechtsbehelfsführer substantiiert und in sich schlüssig dargetan wird (Senatsbeschluss vom X B 163/98, BFH/NV 1999, 504).

b) Diesen Anforderungen an die Zulässigkeit einer außerordentlichen Beschwerde, für die im Übrigen eine Abhilfemöglichkeit durch das FG zu Recht verneint wurde (, BFHE 141, 116, BStBl II 1984, 562), entspricht der Vortrag der Antragsteller nicht.

aa) Mit ihrem Einwand, das FG habe ihren Aussetzungsantrag zu Unrecht ausschließlich mit der Begründung ”daß angeblich innerhalb der gesetzten Frist eine Begründung nicht erfolgt sei”, als unzulässig verworfen, machten die Antragsteller eine Verletzung rechtlichen Gehörs geltend, die nach ständiger BFH-Rechtsprechung regelmäßig keine ”greifbare Gesetzwidrigkeit” unanfechtbarer Entscheidungen begründet (BFH-Beschlüsse vom VII B 292/99, BFH/NV 2000, 481; vom I B 106/00, BFH/NV 2001, 619). Die Antragsteller haben ihre Auffassung, die ihnen gesetzte Frist sei zu kurz gewesen, nicht substantiiert.

bb) Schließlich führt auch die Mitwirkung des als befangen abgelehnten Richters nicht zur Zulässigkeit der außerordentlichen Beschwerde.

Zwar kommt eine solche Beschwerde wegen schwer wiegender Verletzung von Verfahrensvorschriften im Falle einer offenkundig falschen Besetzung des Gerichts bei der Entscheidung in Betracht (vgl. BFH-Beschlüsse vom II B 177/88, BFH/NV 1990, 576; vom IX B 4/97, BFH/NV 1997, 699). Eine solche ”falsche Besetzung” liegt aber nur vor, wenn der betroffene Richter im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits von der Mitwirkung ausgeschlossen war (vgl. hierzu , BFHE 90, 285, BStBl II 1969, 6), nicht aber, wenn wie im Streitfall der Befangenheitsantrag erst nach der gerichtlichen Entscheidung gestellt wurde (, BFH/NV 2000, 413).

3. Eine Kostenentscheidung ist mangels gesetzlicher Grundlage im außerordentlichen Beschwerdeverfahren nicht zu treffen (BFH-Beschlüsse vom X B 124/93, BFH/NV 1995, 534; vom V S 5/99, BFH/NV 1999, 1228).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 926 Nr. 7
DAAAA-67814