Online-Nachricht - Mittwoch, 08.11.2017

Einkommensteuer | Zuwendung des Kapitalgesellschaftsanteils an einen Freund (BFH)

Die bei Verträgen unter fremden Dritten bestehende Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts ist im Fall der Übertragung eines Kapitalgesellschaftsanteils, für den der Zuwendende hohe Anschaffungskosten getragen hat, nicht allein wegen eines Freundschaftsverhältnisses zwischen dem Zuwendenden und dem Empfänger als widerlegt anzusehen (; nachträglich zur Veröffentlichung bestimmt am ).

Sachverhalt: Wenige Tage, nachdem der Kläger einen Anteil am Stammkapital einer GmbH von einem Freund übertragen bekommen hatte, veräußerte er diesen an eine Kapitalgesellschaft, deren Alleingesellschafter er selbst war. Die Differenz zwischen dem geringen Veräußerungserlös und den ursprünglichen Anschaffungskosten der Beteiligung des Freundes (§ 17 Abs. 2 Satz 5 EStG) machte der Kläger als Veräußerungsverlust im Sinne von § 17 Abs. 2 EStG geltend. Das Finanzamt erkannte den Verlust mit der Begründung nicht an, der Kläger habe den Geschäftsanteil an der GmbH nicht unentgeltlich erworben. Zudem verneinte es die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers. Zuletzt sei der Veräußerungsverlust wegen eines Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) nicht anzuerkennen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Der BFH dagegen hob die Entscheidung auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Ob im Einzelfall eine entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung vorliegt, ist als Tatfrage vom FG zu beurteilen.

  • Die revisionsrechtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob das FG im Rahmen der Gesamtwürdigung von zutreffenden Kriterien ausgegangen ist, alle maßgeblichen Beweisanzeichen in seine Beurteilung einbezogen und dabei nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat.

  • Nach diesen Maßstäben war das angefochtene Urteil aufzuheben: Indem das FG das Verhältnis zwischen Freunden ohne weitere Feststellungen mit demjenigen von Verwandten gleichgesetzt und daraus abgeleitet hat, dass die Vermutung für das Vorliegen einer entgeltlichen Übertragung nicht anwendbar sei, hat es die Reichweite dieses Erfahrungssatzes verkannt.

  • Die tatsächliche Vermutung, dass fremde Personen einander im Geschäftsleben nichts zu schenken pflegen, kann von dem Kläger im weiteren Verfahren durch unmittelbaren Beweis oder mit Hilfe eines Indizienbeweises widerlegt werden.

  • Das FG hat dabei zu berücksichtigen, dass die Vermutung umso stärker ausfällt, je wirtschaftlich werthaltiger der übertragene Gesellschaftsanteil für den Übertragenden und den Empfänger ist.

  • Lässt sich das FG unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls nicht davon überzeugen, dass die Übertragung unentgeltlich war, geht dies zu Lasten des Klägers, der sich auf die Unentgeltlichkeit beruft.

  • Kommt das FG zu dem Ergebnis, dass ein unentgeltlicher Erwerb vorliegt, hat es die Voraussetzungen des § 42 AO zu prüfen.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB JAAAG-61417