BFH Urteil v. - IX R 52/97

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) eine Eigentumswohnung in den Streitjahren (1985 bis 1987) in der Absicht vermietet haben, auf Dauer einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 des EinkommensteuergesetzesEStG—) zu erzielen.

Die Kläger —zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehegatten— beteiligten sich im Jahre 1981 an einer Bauherrengemeinschaft, die Eigentumswohnungen errichtete. Aufgrund eines entsprechenden Angebotes der C-KG erteilten die Kläger am einen notariell beurkundeten Baubetreuungsauftrag für eine von ihnen als Bauherren zu errichtende Eigentumswohnung. In einer gesonderten privatschriftlichen Vereinbarung vom , die von einem Angestellten der C-KG sowie von Seiten der Kläger (nur) vom Kläger unterzeichnet wurde, verpflichtete sich die C-KG gegenüber den Klägern, ”ab Ende der Zinsfestschreibungszeit der Erstfinanzierung” innerhalb einer Frist von einem Jahr einen Käufer zu vermitteln, sofern sich die Kläger wegen einer ”ungünstigeren Wirtschaftlichkeit” zum Verkauf der Wohnung entschließen sollten. Der zu vereinbarende Kaufpreis hatte den Gesamtaufwand abzüglich der Sonderwunschkosten zuzüglich eines Zuschlages von zwei vom Hundert jährlich seit dem Ende der Zinsfestschreibungszeit einzuschließen. Die Zusage war auf fünf Jahre nach dem Ende der Zinsfestschreibungszeit befristet. Neben dieser (allgemeinen) Verkaufsgarantie übernahm die C-KG gegenüber den Klägern eine sog. Notfallgarantie, wonach die C-KG für den Fall des Todes oder der Erwerbsunfähigkeit auf schriftliches Verlangen dafür zu sorgen hatte, dass der Grundstücksanteil von einem Interessenten erworben wird, der in den Betreuungsvertrag eintritt und einen Kaufpreis für das Grundstück nebst teilerrichtetem Gebäude in der Höhe zahlt, dass für den Bauherrn bzw. dessen Erben keine Nachteile entstehen.

Die Eigentumswohnung wurde im April 1984 bezugsfertig und von den Klägern in der Folgezeit vermietet. Zur Finanzierung der Kosten der Eigentumswohnung in Höhe von 271 400 DM hatten die Kläger im Oktober 1983 Darlehen in Höhe von insgesamt 231 000 DM aufgenommen. Die Darlehen waren am zur Rückzahlung fällig. Die Kläger verlängerten daraufhin ein Teildarlehen über 130 000 DM um 10 Jahre; die weiteren Darlehen über 87 000 DM und 14 000 DM wurden um fünf Jahre verlängert und im Februar 1993 von den Klägern getilgt.

Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung bei der C-KG änderte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) die Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre in der Weise, dass er die bislang berücksichtigten Werbungskostenüberschüsse aus der Vermietung der Wohnung im Hinblick auf die Verkaufsgarantie nicht (mehr) als abziehbar behandelte, da den Klägern insoweit die Einkünfteerzielungsabsicht gefehlt habe. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg. Der daraufhin erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit der in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 1235 veröffentlichten Entscheidung statt: Die Klage der Klägerin sei bereits deshalb begründet, weil sich nicht feststellen lasse, dass sie von der Verkaufsgarantie der C-KG vom Dezember 1981 Kenntnis gehabt habe. Hinsichtlich des Klägers stelle die Verkaufsgarantie erst für die Zeit ab ihrem Wirksamwerden —nämlich nach Ablauf der Zinsfestschreibungszeit der Erstfinanzierung am — ein gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechendes Indiz dar. Die Wirkung dieses Indizes werde jedoch durch das Verhalten des Klägers in den nachfolgenden Jahren, nämlich den Abschluss von Anschlussfinanzierungen sowie die Tatsache, dass die Eigentumswohnung trotz Finanzbedarfs wegen Anschaffung eines im Jahre 1988 zur Selbstnutzung erworbenen Einfamilienhauses nicht verkauft worden sei, mit der Folge entkräftet, dass vom einem Bestehen der Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers in den Streitjahren auszugehen sei.

Mit der Revision macht das FA Verletzung materiellen Rechts geltend. Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine aufschiebend befristete Verkaufsgarantie erst ab dem Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens eine für das Bestehen der Einkünfteerzielungsabsicht nachteilige Indizwirkung entfalte.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Das FA hat während des Revisionsverfahrens für das Streitjahr 1985 am einen geänderten Bescheid erlassen, der auf Antrag der Kläger gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt, wer ein Grundstück gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (vgl. , BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751). Dieser Entschluss muss endgültig gefasst sein (, BFHE 171, 45, BStBl II 1993, 658, m.w.N.). Die Absicht, einen Einnahmeüberschuss zu erzielen, fehlt dann, wenn der Steuerpflichtige sich noch nicht entschieden hat, ob er das Grundstück langfristig vermieten oder kurzfristig verkaufen will (vgl. BFH-Urteile in BFHE 171, 45, BStBl II 1993, 658, und vom IX R 15/91, BFH/NV 1994, 301). Als Indiz für das Fehlen einer Einkünfteerzielungsabsicht hat der erkennende Senat die beim Erwerb getroffene Vereinbarung eines Rückkaufrechts, einer Rückkaufgarantie oder —wie hier— einer Verkaufsgarantie angesehen, wenn sie für den Zeitraum gelten, in dem planmäßig nur Werbungskostenüberschüsse erwirtschaftet werden und der vereinbarte Preis in etwa den Gesamtkosten entspricht oder sie sogar übersteigt (, BFHE 175, 416, 419, BStBl II 1995, 116; , BFHE 175, 541). Wird eine derartige Verkaufsgarantie unter einer aufschiebenden Befristung eingeräumt, entfaltet sie entgegen der Auffassung des FG auch hinsichtlich des Zeitraums vor ihrem Wirksamwerden eine für das Bestehen der Einkünfteerzielungsabsicht nachteilige Indizwirkung; denn der entsprechende Anleger weiß, dass er sich von dem erworbenen Objekt jedenfalls ab dem Zeitpunkt, zu dem der Anspruch aus der Garantie wirksam wird, ohne Schwierigkeiten und zu einem den Gesamtkosten in etwa entsprechenden Preis unter Mitnahme von Steuervorteilen wieder trennen kann. Dementsprechend ist der Senat auch in seiner bisherigen Rechtsprechung von der Indizwirkung einer Rück- oder Verkaufsgarantie in solchen Fällen ausgegangen, in denen die betreffende Garantie erst einige Jahre nach dem Erwerb oder der Errichtung der betreffenden Immobilie wirksam wurde (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 175, 416, BStBl II 1995, 116).

Die Absicht des Steuerpflichtigen, langfristig Überschüsse bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, kann allerdings wegen einer Verkaufsgarantie nur dann verneint werden, wenn der Steuerpflichtige die Verkaufsgarantie bei Abschluss der Verträge kannte und erkennbar ist, dass er bereits beim Erwerb des Objekts ernsthaft in Betracht gezogen hat, sich mit Rücksicht auf diese Garantie von dem Objekt wieder zu trennen (vgl. , BFHE 189, 428, BStBl II 2000, 67).

Die Indizwirkung einer solchen Garantie kann ferner durch andere Beweisanzeichen entkräftet werden. Als mögliche Beweisanzeichen kommen insoweit —wie das FG zutreffend angenommen hat— auch Tatsachen in Betracht, die erst nach den strittigen Veranlagungszeiträumen eingetreten sind (vgl. z.B. , BFHE 183, 142, BStBl II 1997, 650, und vom IX R 11/91, BFHE 176, 221, BStBl II 1995, 192).

2. a) Nach diesen Grundsätzen ist die Beurteilung des FG, wonach in Bezug auf die Klägerin keine Umstände gegen ihre Einkünfteerzielungsabsicht sprechen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, so dass die Revision insoweit unbegründet ist.

Die Klägerin hat die Verkaufsgarantie nach den tatsächlichen Feststellungen des FG nicht gekannt. Das FG ist zu dieser Feststellung aufgrund der Würdigung der Tatsache gelangt, dass die Klägerin die Vereinbarung vom , mit der die C-KG gegenüber den Klägern die Verkaufsgarantie übernommen hat, nicht unterzeichnet hat. Diese Würdigung ist möglich und für den Senat mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen bindend (§ 118 Abs. 2 FGO). Entgegen der Auffassung des FA kann nicht zwingend angenommen werden, dass der Kläger die Klägerin vor Abschluss des Baubetreuungsvertrages am über die am vereinbarte Verkaufsgarantie informiert hat. Denn es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass Ehegatten einander regelmäßig und zeitnah über die von ihnen vorgenommenen Handlungen unterrichten (vgl. , BFH/NV 1987, 728; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 96 FGO Rz. 115).

Soweit nach Ansicht des FG auch keine anderen Anhaltspunkte, die gegen eine Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin sprechen könnten, erkennbar sind, wird die Beurteilung des FG mit der Revision nicht angegriffen.

b) In Bezug auf den Kläger erweist sich die Revision deshalb als begründet, weil das FG zu Unrecht davon ausgegangen ist, die dem Kläger erteilte aufschiebend befristete Verkaufsgarantie entfalte in dem Zeitraum vor ihrem Wirksamwerden keine Indizwirkung für das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht mit der Folge, dass die bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich anzunehmende Einkünfteerzielungsabsicht unberührt bleibe. Das FG hat dementsprechend —von seinem Standpunkt aus folgerichtig— für die Streitjahre die Bedeutung der Verkaufsgarantie für die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers nicht gewürdigt und auch nicht geprüft, ob eine negative Indizwirkung der Verkaufsgarantie durch gegenläufige Beweisanzeichen entkräftet wird. Hierzu bedarf es nach der Rechtsprechung des Senats einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Streitfalls (vgl. Senatsurteil in BFHE 189, 428, BStBl II 2000, 67, m.w.N.), die dem FG als Tatsacheninstanz obliegt und im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein wird. Im Rahmen der notwendigen Gesamtwürdigung können nach der Rechtsprechung des Senats —wie oben dargestellt— auch solche nachträglichen Umstände einbezogen werden, die das FG für das ursprüngliche Streitjahr 1988 festgestellt und gewürdigt hat; diese Würdigung in dem angefochtenen Urteil ersetzt jedoch nicht eine Gesamtwürdigung für die Streitjahre 1985 bis 1987. Mithin geht die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 587 Nr. 5
PAAAA-67674