BFH Beschluss v. - VIII B 50/01

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom (BGBl I 2000, 1757) —im Folgenden: FGO n.F.— entspricht.

1. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) halten die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob die vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) im Streitjahr 1994 vorgenommene Besteuerung des Unterschiedsbetrags zwischen dem Einlösungsbetrag der vom Kläger bis zur Endfälligkeit am gehaltenen, mit 3,25 % verzinslichen Optionsanleihe im Nennwert von 70 000 DM und den vom Kläger beim Erwerb der Anleihe ohne Optionsschein im April 1984 aufgewendeten Anschaffungskosten in Höhe von 51 415 DM (Differenz: 18 585 DM) insoweit zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen rückwirkenden Anwendung des erst mit Wirkung ab durch das Mißbrauchbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz (StMBG) vom (BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50) eingeführten § 20 Abs. 2 Nr. 4 (Buchst. a) des Einkommensteuergesetzes (EStG) geführt habe, als sich der Wertzuwachs der Anleihe vor dem vollzogen habe. Die Kläger haben die grundsätzliche Bedeutung dieser Rechtsfrage nicht substantiiert dargelegt.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) muss der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache —abgesehen von dem hier nicht gegebenen Ausnahmefall ihrer Offenkundigkeit— schlüssig darlegen. Dies erfordert auch unter der Geltung des neuen Revisionszulassungsrechts nach dem 2.FGOÄndG ein konkretes und substantiiertes Eingehen des Beschwerdeführers darauf, inwieweit die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig, d.h. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist (vgl. zum alten Recht z.B. , BFH/NV 1987, 309; zum neuen Recht vgl. z.B. Beermann, Deutsche Steuer-Zeitung —DStZ— 2001, 312, 315, m.w.N.).

Im Streitfall hätten die Kläger danach substantiiert aufzeigen müssen, dass die in der angefochtenen Entscheidung des Finanzgerichts (FG) vertretene Auffassung, wonach in Bezug auf den vom Kläger vor dem erzielten und vom FA besteuerten Wertzuwachs der Optionsanleihe eine (unzulässige) Rückwirkung des § 20 Abs. 2 Nr. 4 (Buchst. a) EStG i.d.F. des StMBG nicht vorliege, weil der Unterschiedsbetrag schon seit jeher zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehört habe, in der Rechtsprechung oder im Schrifttum ernsthaften Zweifeln begegne.

b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Daran ändert auch der Hinweis der Kläger auf das Senatsurteil vom VIII R 48/88 (BFHE 166, 64, BStBl II 1992, 174) nichts. Dieses Urteil betrifft zwar wie der Streitfall ein sog. Abzinsungspapier (dort: Zerobond, hier: niedrig verzinsliche Optionsanleihe; zur Besteuerung der Kapitalerträge aus solchen niedrig verzinslichen Optionsanleihen vgl. z.B. Harenberg/ Irmer, Neue Wirtschafts-Briefe —NWB—, Fach 3, 10221 ff.). Anders als im hier verwirklichten Sachverhalt, in dem der Kläger das Abzinsungspapier bis zur Endfälligkeit hielt und sodann einlöste, ging es in dem dort vom Senat entschiedenen Fall indessen um die anders gelagerte Frage, ob der Erlös aus der vor Ende der Laufzeit des Wertpapiers erfolgten Veräußerung an einen Dritten einem Entgelt für die Nutzungsüberlassung von Kapital an den Schuldner (Emittenten) gleichgesetzt werden und damit schon für die Zeit vor Einfügung des § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG durch das Steuerreformgesetz (StRG) 1990 (BGBl I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224) mit Wirkung ab als Kapitalertrag erfasst werden konnte, was der beschließende Senat verneint hat.

aa) Im Streitfall ist das FG offenbar davon ausgegangen, dass der Kläger die in Rede stehende Optionsanleihe als ”Ersterwerber” angeschafft habe (vgl. insbesondere Abs. 2 Satz 1 des Urteilstatbestands: ”privater Ersterwerber”). Träfe dies zu, so wäre der Kläger, da er die Anleihe ununterbrochen bis zu deren Endfälligkeit hielt, als sog. ”Durchhalter” zu qualifizieren. Der ”Durchhalter” eines Abzinsungspapiers erzielt aber unbestritten seit jeher Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (im Veranlagungszeitraum 1984: § 20 Abs. 1 Nr. 8 EStG; vgl. z.B. Scheurle, Der Betrieb —DB— 1994, 445, 448; ders., NWB, Fach 3, 9659, 9666).

Von daher hätte es näherer Ausführungen der Kläger darüber bedurft, weshalb die von ihnen herausgestellte Rechtsfrage trotz dieser einhelligen Auffassung der revisionsrichterlichen Klärung bedürfe.

bb) Gegen die Ersterwerberschaft des Klägers im vorgenannten Sinne spricht allerdings der Umstand, dass der Kläger die in Rede stehende Optionsanleihe erst nach Trennung des Optionsrechts erwarb (zu den Rechtsfolgen vgl. z.B. Holzheimer, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht —WM— 1986, 1169; Harenberg/Irmer, NWB, Fach 3, 10221).

Selbst wenn man aber deshalb zugunsten der Kläger davon ausgeht, dass der Kläger lediglich zweiter oder weiterer Erwerber der Optionsanleihe war, unterlag es indessen auch vor der Einfügung des § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG durch das StRG 1990 und dessen Änderung durch das StMBG, soweit ersichtlich, keinen ernstlichen Einwänden, dass der das Abzinsungspapier am Ende der Laufzeit einlösende Zweit- oder weitere Erwerber die auf seine Besitzzeit entfallende Emissions- oder Marktrendite (nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) —entsprechend der Sachbehandlung durch das FA im Streitfall— zu versteuern hatte. Gestritten wurde vielmehr umgekehrt darüber, ob nicht der einlösende Zweit- oder weitere Erwerber zusätzlich sogar die auf die Besitzzeiten seiner Rechtsvorgänger entfallenden Renditen zu versteuern hatte (vgl. z.B. Scholtz, Finanz-Rundschau —FR— 1988, 113, 116 f., m.w.N., und FR 1988, 289, 294 f., m.w.N.).

Angesichts dieses Befunds bestand für die Kläger besondere Veranlassung, zur Klärungsbedürftigkeit der von ihnen zur Diskussion gestellten Rechtsfrage (substantiiert) Stellung zu nehmen und dabei darzulegen, welche gewichtigen Einwendungen von welcher Seite auf der Grundlage der Rechtslage vor dem gegen die Besteuerung des vom Einlöser eines Abzinsungspapiers während seiner Besitzzeit erzielten Wertzuwachses als Einnahmen aus Kapitalvermögen erhoben worden seien.

Daran fehlt es.

2. Ebenso wenig haben die Kläger den zweiten von ihnen geltend gemachten Zulassungsgrund, namentlich dass die ”Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (erfordere)” (§ 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative FGO n.F.), schlüssig dargelegt. Hierzu hätte es zumindest substantiierter Ausführungen darüber bedurft, dass in der Rechtsprechung über die vom FG entschiedene —oben unter 1. a, letzter Absatz skizzierte— Rechtsfrage unterschiedliche Ansichten vertreten würden oder jedenfalls in Zukunft zu erwarten seien (vgl. z.B. Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 115 FGO Rz. 122).

Auch daran fehlt es im Streitfall.

Fundstelle(n):
GAAAA-67544