BFH Beschluss v. - VII B 325/00

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist mit Verfügung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) am unter Androhung von Zwangsgeldern in Höhe von jeweils 300 DM aufgefordert worden, die Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuererklärung sowie die Erklärung zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen jeweils für das Jahr 1998 abzugeben. Weder der dagegen gerichtete Einspruch noch die beantragte Fristverlängerung wurden begründet. Die Fristverlängerung wurde abgelehnt. Mit Festsetzungsbescheiden vom wurden die Zwangsgelder festgesetzt. Der dagegen gerichtete Einspruch wurde mit Bescheid vom zurückgewiesen.

Mit der Klage beantragte der Kläger, die Bescheide über die Festsetzung von Zwangsgeldern in Höhe von jeweils 300 DM wegen Nichtabgabe der betreffenden Steuererklärungen vom sowie die Einspruchsentscheidung vom ersatzlos aufzuheben. Die Begründung sollte nachgereicht werden. Nach erfolgloser Aufforderung des Vorsitzenden, den Gegenstand der Klage zu bezeichnen und die Klage zu begründen, forderte der Berichterstatter den Kläger nochmals auf, gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mit ausschließender Wirkung bis zum , den Gegenstand der Klage zu bezeichnen. Zugleich forderte er ihn gemäß § 79b Abs. 1 FGO auf, bis zum selben Termin die Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung er sich beschwert fühle. Über die Folgen der Fristversäumnis wurde der Kläger belehrt. Über die Zustellung einer Sendung an den Bevollmächtigten des Klägers am befindet sich eine Postzustellungsurkunde mit dem Geschäftszeichen…in den Akten.

Nachdem der Kläger sich auch auf die Aufforderung des Berichterstatters hin nicht geäußert hatte, erging am ein Gerichtsbescheid in dieser Sache, mit dem die Klage als unzulässig abgewiesen wurde, weil der Kläger den Klagegegenstand nicht bezeichnet habe. Dagegen beantragte der Kläger die mündliche Verhandlung. In der mündlichen Verhandlung vom wurde dem FA ein Schriftsatz des Klägers vom gleichen Tage ausgehändigt, der Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Er machte geltend, bei einem Antrag auf ersatzlose Aufhebung von Bescheiden über die Festsetzung von Zwangsgeldern müsse kein bezifferter Antrag gestellt werden. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Prozessbevollmächtigte auf die Zwangsgeldandrohung hin für die Abgabe der Steuererklärungen Fristverlängerung beantragt habe. Mit dem Einspruchsschreiben vom habe er (zusammengefasst) vorgetragen, dass sich die Abgabe der Steuererklärungen mit Rücksicht auf streitige Punkte aus vorangegangenen Veranlagungen verzögere. Die Streitpunkte seien auch aus anderen Verfahren heraus erkennbar gewesen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage erneut als unzulässig ab, weil die Klage nicht den Anforderungen des § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO entspreche. Aus dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers ergäben sich keine anderen Gesichtspunkte, weil der Klagegegenstand innerhalb der dem Kläger gesetzten Ausschlussfrist nicht bezeichnet worden sei.

II. Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde, die der Kläger auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache und Verfahrensfehler stützt, ist unbegründet.

1. Gemäß Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom (BGBl I 2000, 1757) ist die Zulässigkeit und damit auch die Begründetheit der Nichtzulassungsbeschwerde noch nach § 115 Abs. 2 und 3 FGO in der vor In-Kraft-Treten des 2.FGOÄndG geltenden Fassung (FGO a.F.) zu beurteilen, weil das angefochtene Urteil vor dem verkündet worden ist.

2. Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ”ob mit dem Antrag 'ersatzlos aufzuheben' der Gegenstand des Klagebegehrens hinreichend bezeichnet worden ist”, hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F.), weil es sich dabei nicht um eine Frage von allgemeiner Bedeutung handelt, deren Klärung über den Einzelfall hinaus im Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Handhabung und Entwicklung des Rechts liegt. In der Rechtsprechung herrscht Übereinstimmung darüber, dass der Kläger nach § 65 Abs. 1 Satz 2 FGO zur Bezeichnung des Klagebegehrens, das Ziel der Klage hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen muss, d.h. bei Anfechtungsklagen —wie im Streitfall— substantiiert darzulegen hat, inwiefern der angefochtene Verwaltungsakt seiner Meinung nach rechtswidrig ist und ihn in seinen Rechten verletzt (vgl. , BFH/NV 2001, 170, m.w.N., und vom VI R 183/98, BFH/NV 2000, 1480). Insoweit macht es keinen Unterschied, ob sich die Klage gegen einen Steuerbescheid oder gegen die Festsetzung von Zwangsgeld richtet. Was in diesem Zusammenhang unter dem Gesichtspunkt der Substantiierung dem Rechtssuchenden abzuverlangen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BFH in BFH/NV 2001, 170) und ist daher keiner grundsätzlichen Klärung zugänglich.

3. Ob im Streitfall ein Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO a.F.) deshalb vorliegt, weil —wie der Kläger rügt— wegen Nichtangabe des Datums der richterlichen Verfügung auf der Postzustellungsurkunde keine wirksame Zustellung vorliegt und deswegen die Ausschlussfrist nicht wirksam gesetzt worden ist (vgl. dazu , BFH/NV 2000, 1359), kann dahin gestellt bleiben. Denn die Entscheidung konnte jedenfalls im Ergebnis nur so wie geschehen getroffen werden. Ist dies der Fall, so kann die auf einen Verfahrensfehler gestützte Nichtzulassungsbeschwerde in entsprechender Anwendung von § 126 Abs. 4 FGO jedenfalls deshalb keinen Erfolg haben, weil eine künftige Revision erfolglos bleiben müsste (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom IV B 105/96, BFH/NV 1997, 679, m.w.N.; vom VII B 102/97; BFH/NV 1998, 729, und vom III B 72/91, BFH/NV 1992, 722).

Selbst wenn die Klageschrift, insbesondere nach Ergänzung durch den Schriftsatz vom , und nach ihrer Auslegung in entsprechender Anwendung von § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die formalen Anforderungen an eine Klageschrift i.S. von § 65 Abs. 1 FGO erfüllt haben sollte, wäre die Klage jedenfalls unter keinen sachlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt. Das FA hat die Zwangsgelder zu Recht festgesetzt, weil die Androhung ihrer Festsetzung den Kläger nicht zur Abgabe der Steuererklärungen veranlassen konnte, wozu er nach den in dem Androhungsbescheid und in den Festsetzungsbescheiden genannten gesetzlichen Vorschriften verpflichtet war (§ 149 Abs. 1 der AbgabenordnungAO 1977—). Der Abgabe der Steuererklärungen zu den vorgeschriebenen Terminen steht es, anders als der Kläger meint, nicht entgegen, dass angeblich vorgreifliche steuerliche Verhältnisse betreffend frühere Besteuerungszeiträume noch nicht abschließend geklärt sind. Selbst wenn Letzteres der Fall sein sollte, hindert dies nicht die Abgabe der genannten Steuererklärungen für den folgenden Zeitraum. Gegebenenfalls hätte der Kläger in den abzugebenden Steuererklärungen auf etwaige vorgreifliche steuerliche Verhältnisse hinweisen müssen.

Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen worden oder ersichtlich, dass die Festsetzung der Zwangsgelder ermessenswidrig gewesen sein könnte. Im Hinblick darauf, dass der Kläger, wie in der Einspruchsentscheidung ausgeführt, auch frühere Steuererklärungen nur nach Zwangsmaßnahmen abgegeben hat, erscheint die Festsetzung eines Zwangsgeldes von je 300 DM durchaus angemessen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:





Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 1227 Nr. 10
EAAAA-67429