Online-Nachricht - Mittwoch, 30.08.2017

Umsatzsteuer | Vorsteuerabzug aus den Baukosten einer Sporthalle (BFH)

Eine Gemeinde ist zum teilweisen Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten einer Sporthalle, die sie (auch) Vereinen gegen eine nicht kostendeckende Nutzungspauschale überlässt, berechtigt, wenn die Prüfung aller Umstände ergibt, dass der für eine wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinde erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Nutzungsüberlassung und Entgelt nicht gelöst ist. Bei einer defizitären Leistungstätigkeit von Gemeinden im Rahmen der Daseinsvorsorge ist die Mindestbemessungsgrundlage des § 10 Abs. 5 UStG grundsätzlich nicht (entsprechend) anwendbar (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Eine juristische Person des öffentlichen Rechts war nach dem für die Streitjahre maßgebenden - unionsrechtskonform auszulegenden - § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG a.F. Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit auf privatrechtlicher Grundlage ausübte. Erfolgte ihre Tätigkeit dagegen - anders als im Streitfall - auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, war sie nur Unternehmer, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (vgl. z.B. , Rz 15; vom - XI R 8/10, Rz 28; vom - V R 5/13, Rz 15; vom - XI R 26/13, Rz 34; jeweils m.w.N.).

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine jPöR, und hat im Zeitraum von 2010 bis 2014 eine neue Sporthalle mit angrenzender Gaststätte errichtet. Die Sporthalle verfügt über einen bestimmten, nur für Sporthallen geeigneten Bodenbelag. Die Halle ist mit diversen sportlichen Vorrichtungen, insbesondere Turn- und Sportgeräten ausgestattet. Sie (inkl. der Einrichtungsgegenstände) sollte laut Planung für Sportzwecke durch Vereine und Schulen genutzt werden. Die Nutzung zu Zwecken des Schulsports war unentgeltlich geplant, für die Inanspruchnahme der Sporthalle durch Vereine für „Erwachsenensport” sollte eine Nutzungspauschale von 1,50 Euro pro Stunde pro Hallenteil (insgesamt vier Hallenteile) erhoben werden, womit maximal ein Kostendeckungsgrad von 12,03% erreicht werden konnte. Die Klägerin machte anhand geschätzter Nutzungsanteile (60% Schulsport, 40% Vereinssport) Vorsteuervergütungsansprüche i.H.v. 40 Prozent der Herstellungskosten geltend. Das Finanzamt lehnte den Abzug ab. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Die wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil das von ihr erhobene Entgelt nur einen geringen Teil der Kosten deckte.

  • Der Zusammenhang zwischen der erbrachten Leistung und dem zu entrichtenden Gegenwert weist die erforderliche Unmittelbarkeit auf, um diesen Gegenwert als ein Entgelt für diese Dienstleistung und damit diese als eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. von Art. 9 MwStSystRL ansehen zu können.

  • Denn die Leistung wird am allgemeinen Markt angeboten, das Entgelt ist marktüblich und hängt von der tatsächlichen Nutzungsinanspruchnahme ab.

  • Auch ist die stundenweise Überlassung von Sportanlagen nicht nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei (vgl. zuletzt , BStBl II 2017, 500, Rz 28).

  • Eine mögliche Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL steht dem Vorsteuerabzug ebenfalls nicht entgegen. Denn diese Steuerbefreiung wird im nationalen Recht gemäß § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG nur für sportliche Veranstaltungen umgesetzt. Eine derartige Veranstaltung liegt im Streitfall, bei dem sich die Klägerin nicht auf einen Anwendungsvorrang des Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSyStRL beruft, nicht vor.

  • Darüber hinaus ist die Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG bei unternehmerischer Betätigung jPöR, die in § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG genannt sind, nicht anwendbar, zumal die Nutzer kommunaler Einrichtungen keine "nahestehenden Personen" sind.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB GAAAG-55327