Strafverfolgungsentschädigung für Untersuchungshaft: Ausschluss bei Ursachenzusammenhang zwischen dem Verhalten des Beschuldigten und der Strafverfolgungsmaßnahme; Unterbrechung des Ursachenzusammenhangs infolge rechtsfehlerhafter Sachbehandlung seitens der Justiz
Gesetze: § 5 Abs 2 S 1 StrEG
Instanzenzug: Az: 3 StR 453/16 Beschlussvorgehend LG Trier Az: 8031 Js 24008/15 - 1 Ks
Gründe
11. Der Senat hat mit Beschluss vom das Urteil des Landgerichts Trier vom , soweit es die Angeklagte betraf, mit den Feststellungen aufgehoben und das Verfahren gegen sie eingestellt. Zugleich hat er ihre Freilassung angeordnet, nachdem seit dem auf Grund des Haftbefehls des Landgerichts Trier vom Unter-suchungshaft gegen sie vollzogen worden war. Die Angeklagte ist noch am entlassen worden.
22. Der Senat ist nach § 8 StrEG für den Ausspruch über die Entschädigung der Angeklagten zuständig, weil er die das Verfahren abschließende Entscheidung getroffen hat; weitere, vom Tatrichter zu treffende Feststellungen sind nicht mehr erforderlich. Die Voraussetzungen für eine Entschädigung wegen der erlittenen Untersuchungshaft sind nach § 2 Abs. 1 StrEG gegeben. Ausschluss- oder Versagungsgründe bestehen nicht:
3a) Insbesondere ist die Entschädigung nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 1 StrEG ausgeschlossen.
4Zwar liegt ein in Bezug auf die Untersuchungshaft grob fahrlässiges Verhalten der Angeklagten vor. Zum einen beging sie nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen als Mittäterin rechtswidrig und schuldhaft den dem Haftbefehl vom zugrundeliegenden Wohnungseinbruchdiebstahl (vgl. - zu grober Fahrlässigkeit durch Begehung des verfahrensgegenständlichen Delikts - BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 396/79, BGHSt 29, 168, 171; vom - 4 StR 434/98, BGHR StrEG § 5 Abs. 2 Satz 1 Fahrlässigkeit, grobe 6). Zum anderen forderte sie den Erlass des Haftbefehls dadurch leichtfertig heraus (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 5 StrEG Rn. 11 mwN), dass sie nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verhalten zeigte, auf Grund dessen das Landgericht zu Recht davon ausging, sie wolle sich - nunmehr - dem Strafverfahren entziehen.
5Jedoch ist die Entschädigung nur ausgeschlossen, soweit die Angeklagte die Strafverfolgungsmaßnahme auch verursacht hat. Zu berücksichtigen ist dabei, dass der erforderliche Ursachenzusammenhang durch eine rechtsfehlerhafte Sachbehandlung seitens der Strafverfolgungsbehörden oder Gerichte unterbrochen sein kann (s. auch , BGHR StrEG § 5 Abs. 2 Satz 1 Ursächlichkeit 2; Beschluss vom - 4 StR 434/98, aaO). Eine derartige Unterbrechung tritt jedenfalls dann ein, wenn der Rechtsfehler zum Zeitpunkt der Anordnung oder Aufrechterhaltung der Maßnahme bei sorgfältiger Prüfung ohne weiteres erkennbar war (zu diesem Prüfungsmaßstab s. , NStZ-RR 2012, 30, 31; BeckOK StPO/Cornelius, § 5 StrEG Rn. 10 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO Rn. 7).
6So liegt es hier. Schon bei Haftbefehlserlass fehlte es - wie im Beschluss vom unter II. 1. b) dargelegt - an der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Strafantrages; zudem war es ausgeschlossen, einen solchen noch einzuholen. Beides hätte eine sorgfältige Prüfung zweifelsfrei ergeben. Das Landgericht hat indes bei der Beurteilung der Haftvoraussetzungen augenscheinlich übersehen, dass die Regelung des § 77 Abs. 2 StGB auf das Strafantragserfordernis nach § 247 StGB nicht anwendbar ist, und sich dementsprechend mit einem originären Antragsrecht der Strafantragsteller erst gar nicht befasst. Weitere Tatvorwürfe gegen die Angeklagte waren weder angeklagt noch Gegenstand des Haftbefehls.
7b) Auch ist die Entschädigung auf Grund der vorbenannten Erwägungen nicht nach der - gegenüber § 5 Abs. 2 StrEG nachrangigen (vgl. , aaO S. 170 ff.) - Ermessensvorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 StrEG zu versagen, die inhaltlich der Kostenregelung des § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO nachgebildet ist (s. hierzu Beschluss vom unter III. 1.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:250417B3STR453.16.0
Fundstelle(n):
YAAAG-53620