Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Steuerberater; er berechnete für das Streitjahr 1992 die Steuer nach vereinnahmten Entgelten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) wich im Umsatzsteuerbescheid für 1992 von der Steuerberechnung des Klägers in seiner Steuererklärung insoweit ab, als es die Bemessungsgrundlage für den Eigenverbrauch auf 14 430 DM erhöhte. Während des Klageverfahrens einigten sich die Beteiligten auf eine Bemessungsgrundlage von 12 653 DM und das FA änderte den Umsatzsteuerbescheid für 1992 entsprechend. Dieser Bescheid wurde auf Antrag des Klägers Gegenstand des Klageverfahrens.
Auf vereinnahmten Entgelten beruhen —entsprechend der Steuerberechnung des Klägers in der Umsatzsteuererklärung für 1993 und den Umsatzsteuervoranmeldungen für 1994 und 1995— die Umsatzsteuerbescheide für 1993 bis 1995. Der Umsatzsteuerbescheid für 1993 steht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung; die Umsatzsteuerbescheide für 1994 und 1995, die auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhen, weil der Kläger zwar Voranmeldungen, aber keine Steuererklärung abgegeben hatte, sind bestandskräftig.
Der Kläger hält die Schätzung für 1995 für zu hoch und meint, er könne eine Änderung des Steuerbescheides für 1995 zu seinen Gunsten erreichen, wenn er im Streitjahr 1992 nachträglich zur Sollversteuerung übergehe. Bei Rückkehr zur Sollversteuerung im Streitjahr 1992 müssten nach seiner Ansicht der Umsatzsteuerbescheid für 1993 nach § 164 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) und die bestandskräftigen Umsatzsteuerfestsetzungen für 1994 und 1995 nach § 174 Abs. 3 AO 1977 geändert werden; anlässlich der Änderung könne er zugleich die Rückkehr zur Sollbesteuerung in den Jahren 1993 bis 1995 erreichen.
Der Kläger begehrte deshalb nach Erlass des Änderungsbescheides für das Streitjahr 1992 erstmals, die Steuer für 1992 nach vereinbarten Entgelten festzusetzen. Dadurch würde sich die Umsatzsteuer für 1992 von 44 802 DM (lt. Änderungsbescheid vom ) auf 48 301,15 DM erhöhen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Rückkehr zur Sollbesteuerung sei zwar auch rückwirkend noch möglich. Das Wahlrecht habe sich jedoch erschöpft, sobald die vom Steuerpflichtigen gewählte Steuerberechnung in eine bestandskräftige Steuerfestsetzung eingegangen sei. Wegen der Bestandskraft der Umsatzsteuerbescheide für 1994 und 1995 komme eine Rückkehr zur Sollbesteuerung für diese Jahre nicht in Betracht.
Die Unabänderbarkeit der Istbesteuerung in den Jahren 1994 und 1995 stehe einer Rückkehr zur Sollbesteuerung auch für das noch nicht unanfechtbare Streitjahr entgegen, weil bei einem Wechsel der Art der Steuerberechnung Umsätze nicht doppelt erfasst werden oder unversteuert bleiben dürften (§ 20 Abs. 1 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes —UStG—). Bei einer Rückkehr zur Sollbesteuerung für das Streitjahr 1992 würde die Umsatzsteuer für das 1994 vereinnahmte Entgelt für Leistungen, die vor 1994 erbracht worden seien, nachträglich ein zweites Mal entstehen; diese Doppelerfassung sei nicht durch Änderung bestandskräftiger Umsatzsteuerbescheide, sondern dadurch zu vermeiden, dass dem Steuerpflichtigen der nachträgliche Wechsel zur Sollbesteuerung in dem vorausgehenden Veranlagungszeitraum versagt werde.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheides für 1992 vom die Umsatzsteuer von 44 802 DM auf 48 301,15 DM festzusetzen.
Das FA tritt der Revision entgegen.
II. Die Revision ist mit der Maßgabe unbegründet, dass die Klage unzulässig war.
1. Über eine Klage ist nur dann sachlich zu entscheiden, wenn die Sachentscheidungsvoraussetzungen erfüllt sind. Eine zunächst zulässige Klage wird unzulässig, wenn im Laufe des Verfahrens das Rechtsschutzinteresse entfällt, denn maßgeblich ist insoweit allein der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. , BFHE 162, 534, BStBl II 1991, 242).
2. Im Streitfall war die ursprünglich erhobene Klage, mit der der Kläger eine Herabsetzung der Umsatzsteuerfestsetzung begehrte, zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage ist nicht schon durch den Änderungsbescheid vom entfallen, der auf Antrag des Klägers Gegenstand des Klageverfahrens wurde, denn das FA hat dem Begehren des Klägers nicht in vollem Umfang entsprochen. Die Klage ist jedoch nachträglich unzulässig geworden, weil der Kläger keine weitere Herabsetzung der Steuer, sondern eine Erhöhung der festgesetzten Steuer begehrt. Hierfür fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.
Ein Steuerpflichtiger ist wegen des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung (vgl. z.B. , BFHE 146, 32, BStBl II 1986, 520; vom V R 101/88, BFH/NV 1994, 746) bei einer Anfechtungsklage durch eine zu niedrige Steuerfestsetzung grundsätzlich nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. z.B. , BFHE 152, 40, BStBl II 1988, 286, und Urteile vom I R 174/86, BFHE 158, 540, BStBl II 1990, 91; vom VIII R 58/92, BFHE 176, 317, BStBl II 1995, 362). Einer der Ausnahmefälle, in denen die Rechtsprechung wegen der Bindung für einen anderen Veranlagungszeitraum (z.B. mit Rücksicht auf den Bilanzenzusammenhang, vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 152, 40, BStBl II 1988, 286, oder der Bindung im An- oder Abrechnungsverfahren, vgl. z.B. BFHE 176, 317, BStBl II 1995, 362, m.w.N.) ausnahmsweise ein Rechtsschutzbedürfnis bejaht hat, liegt hier nicht vor.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 914 Nr. 7
PAAAA-67178