BFH Beschluss v. - V B 12/00

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) besteht aus verschiedenen Landwirten, denen ein bestimmtes Grundstück in B zu unterschiedlichen Miteigentumsanteilen gehört. Auf einer Teilfläche des Grundstücks wird Torf für die örtlichen Kurbadebetriebe abgebaut. Nach außen treten die Miteigentümer bei der Torfverwertung als ”Rechtlergemeinschaft X” auf; u.a. werden Rechnungen unter diesem Namen erteilt.

Im Jahre 1988 forderte die Klägerin die von ihr belieferten Kur- und Badebetriebe (erstmals) auf, den gelieferten Torf nach Verwendung in das Abbaugebiet zurückzubringen. Durch die Verfüllung mit ”abgebadetem” Torf wird in einem Zeitraum von 5 bis 10 Jahren die Regenerierung des Moors und die Gewinnung neuen Torfmaterials angestrebt. Bis Anfang 1999 kam es noch nicht zum Abbau von auf diese Art und Weise wiedergewonnenem Torf.

Die Klägerin gab keine Umsatzsteuererklärungen ab, teilte dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) aber mit, dass sich die Erlöse für das Streitjahr 1986 auf brutto ... DM belaufen hätten. Das FA setzte auf dieser Grundlage und geschätzten Vorsteuerbeträgen die Umsatzsteuer 1986 auf ... DM fest.

Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin geltend gemacht hatte, die Umsatzsteuer sei gemäß § 24 des Umsatzsteuergesetzes 1980 (UStG) nach Durchschnittsätzen festzusetzen, hatten keinen Erfolg.

Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs —BFH—). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.

2. Die Klägerin macht mit der Beschwerde geltend, grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO habe die Rechtsfrage, ob die Gewinnung und Verwertung von Torf unter Berücksichtigung eines wie im Streitfall gegebenen ”Recyclings” eine besondere Erscheinungsform der Landwirtschaft darstelle. Diese Rechtsfrage sei klärungsbedürftig, da sie sich weder aus dem Gesetz noch aufgrund der bisher ergangenen Rechtsprechung zweifelsfrei beantworten lasse.

Dieses Vorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht. Allein aus dem Hinweis, dass eine Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, ergibt sich nicht, dass diese inhaltlich klärungsbedürftig ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 34/94, BFH/NV 1995, 530; vom II B 8/99, BFH/NV 2000, 340). Der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sie für den konkreten Rechtsstreit offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) in der Vorentscheidung getan hat. Sie ist deshalb nicht in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig (vgl. BFH-Beschlüsse vom VI B 78/88, BFHE 159, 196, BStBl II 1990, 344; vom IV B 82/95, BFH/NV 1997, 21).

a) Die von der Klägerin erstrebte Besteuerung nach Durchschnittsätzen kommt gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 UStG (nur) für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Umsätze in Betracht. Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten u.a. die Landwirtschaft sowie alle Betriebe, die Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen (§ 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG).

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist unter Landwirtschaft die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung und Verwertung von lebenden Pflanzen und Tieren zu verstehen (vgl. z.B. , BFHE 167, 355, BStBl II 1992, 651, m.w.N.; , BFH/NV 1999, 299). Das FG hat zutreffend dargelegt, dass bei der Torfgewinnung durch die Klägerin nicht ”lebende” Pflanzen oder Pflanzenteile im Sinne dieser Definition erzeugt würden, weil der abgebaute Torf —abgesehen von seinem Wasseranteil— aus ”zersetzten” Pflanzenresten bestehe. Es hat ferner zutreffend ausgeführt, das die Möglichkeit der Regenerierung ”abgebadeten” Torfs an dieser Beurteilung nichts ändere. Zum einen sei im Streitjahr 1986 noch kein ”abgebadeter” Torf verwendet worden; zum anderen bestehe auch dieser Torf nicht aus lebenden Pflanzen, sondern generiere sich aus zersetzten Pflanzenresten. In Bezug auf diese Feststellungen sind zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht worden, so dass der Senat in einem Revisionsverfahren daran gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden wäre.

b) Nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UStG gehören zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zwar auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt sind. Dazu können auch die sog. Substanzbetriebe gehören, die den land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb z.B. mit Torfstichen versorgen (vgl. Schöll in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuergesetz, § 24 Rz. 36). Die Anerkennung eines land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebes setzt aber einen land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb desselben Unternehmers voraus (vgl. , BFHE 168, 454, BStBl II 1992, 982). Diese Identität der jeweiligen Unternehmer fehlt aber —wie das FG zu Recht ausgeführt hat— im Streitfall. Unternehmer der Land- und Forstwirtschaft sind die einzelnen Landwirte; Unternehmer des Torfabbaus ist hingegen der Zusammenschluss der Landwirte in der Rechtlergemeinschaft X.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 352 Nr. 3
GAAAA-67087