Online-Nachricht - Dienstag, 01.08.2017

Umsatzsteuer | Zahlungen für vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses (FG)

Abfindungszahlungen des Mieters an den Vermieter im Zusammenhang mit der vorzeitigen Beendigung eines gewerblichen Mietverhältnisses sind umsatzsteuerpflichtiges Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustausches und keine nicht steuerbaren Schadenersatzzahlungen (; nicht rkr.).

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmenszweck die Entwicklung eines Geländes ist. Die Klägerin vermietete Teile der Liegenschaft gegen Zahlung eines jährlichen Gesamtmietzinses zuzüglich Umsatzsteuer zur weiteren Nutzung an einen Konzern. Als Mietzeit vereinbarten die Vertragsparteien den Zeitraum bis ohne ordentliches Kündigungsrecht. Eine vorzeitige Kündigung war nur aus wichtigem Grund möglich. Die laufenden Umsätze aus der Vermietung sind wegen eines wirksamen Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a UStG i.V.m. § 9 Abs. 1 u. Abs. 2 UStG umsatzsteuerpflichtig. Durch einen Abänderungsvertrag von 2008 vereinbarte die Klägerin mit dem Konzern eine Verkürzung der Mietlaufzeit bis zum . Der Konzern hatte an die Klägerin einen Abfindungsbetrag zuzüglich Umsatzsteuer zu zahlen.

In ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung für 2008 gab die Klägerin Umsätze zum Regelsteuersatz an, bei deren Berechnung sie die vereinbarte Zahlung nicht berücksichtigt hatte, weil sie die Auffassung vertrat, dass diese nicht auf einem steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungsaustausch i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG beruhte. Das FA ordnete die Zahlung hingegen den zum Regelsteuersatz steuerpflichtigen (Vermietungs-) Umsätzen zu.

Hierzu führt das FG Hessen weiter aus:

  • Eine steuerbare Leistung gegen Entgelt (sog. Leistungsaustausch) i.S.v. Art. 2 Abs. 1 lit. a und lit. c der MwStSystRL und § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt vor, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung eine innere Verknüpfung besteht, weil der Leistende seine Leistung gerade um der Gegenleistung willen erbringt, wobei ausreicht, dass die Gegenleistung erwartet wird bzw. jedenfalls zu erwarten ist.

  • Ob eine Leistung des Unternehmers vorliegt, die derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung richtet, bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Deshalb sind bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrages die Voraussetzungen eines Leistungsaustausches regelmäßig erfüllt.

  • Vom Fehlen eines in diesem Sinne unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Leistung und Gegenleistung ist auszugehen, wenn die Zahlung gerade nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen entstandenen Schaden und seine Folgen einzustehen hat. Verzichtet der Steuerpflichtige jedoch gegen Entgelt auf eine ihm nach Gesetz oder Vertrag zustehende Rechtsposition, liegt regelmäßig ein steuerbarer Umsatz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor.

  • Ein Leistungsaustausch liegt nach diesen Grundsätzen auch dann vor, wenn der Vermieter der Auflösung des Mietvertrages gegen Zahlung einer Abfindung durch den Mieter zustimmt und dadurch auf die ihm zustehende weitere Durchführung des Mietvertrages verzichtet. Hatte der Vermieter nach § 9 Abs. 1 u. 2 UStG wirksam auf die Steuerfreiheit der laufenden Vermietungsumsätze nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a UStG verzichtet, erfasst dieser Verzicht ohne weiteres auch die in diesem Sinne nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbare Abfindung für die vorzeitige Auflösung des Mietvertrages.

  • Dies vorangestellt handelte es sich bei der streitigen Zahlung des Konzerns in Höhe ihres Nettobetrages bei Abwägung aller Umstände um Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustauschs, da die Zahlung auf einem Verzicht der Klägerin auf die Ausübung ihrer entgeltlichen Vermietungstätigkeit beruhte und mit diesem Umstand in einem unmittelbarem Zusammenhang stand.

Hinweis:

Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO angesichts der unterschiedlichen Lösungswege in den genannten BFH-Entscheidungen ( und ) zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

Quelle: ; Revision zugelassen (Sc)

Fundstelle(n):
NWB DAAAG-51858