BGH Beschluss v. - XII ZB 42/17

Verfahrenskostenhilfe in Familiensache: Antrag eines anderen Beteiligten auf Aufhebung eines Zwangsgeldfestsetzungsbeschlusses

Leitsatz

1. Verfahrenskostenhilfe kann nur der bedürftige Beteiligte erhalten, der in eigenen Rechten betroffen ist (im Anschluss an Senatsbeschluss vom , XII ZB 125/14, FamRZ 2015, 133).

2. Daher scheidet die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einen Beteiligten in einem Verfahren aus, in dem ein anderer Beteiligter nach rechtskräftigem Abschluss des Scheidungsverfahrens die Aufhebung eines Zwangsgeldfestsetzungsbeschlusses und die Rückzahlung des beigetriebenen Zwangsgelds erstrebt.

Gesetze: § 35 FamFG, § 76 Abs 1 FamFG, § 114 Abs 1 S 1 ZPO

Instanzenzug: Az: II-4 WF 143/16 Beschlussvorgehend AG Bergheim Az: 61 F 283/14nachgehend Az: XII ZB 42/17 Beschluss

Gründe

I.

1Zwischen der Antragsgegnerin und dem Antragsteller war im Scheidungsverbund ein Verfahren über den Versorgungsausgleich anhängig. Der Aufforderung des Amtsgerichts, das zur Durchführung des Versorgungsausgleichs erforderliche amtliche Formular ausgefüllt und unterschrieben vorzulegen, ist die Antragsgegnerin weder binnen der - unter Hinweis auf die mögliche Verhängung von Zwangsgeld - gesetzten Frist noch auf Erinnerung nachgekommen. Daraufhin hat das Amtsgericht gegen die Antragsgegnerin ein Zwangsgeld von 500 € festgesetzt. Nachdem das Zwangsgeld beigetrieben worden war, hat die Antragsgegnerin erst den ausgefüllten Fragebogen und dann die Anlage zu diesem beim Amtsgericht eingereicht. Nach Scheidung mit Durchführung des Versorgungsausgleichs mit Beschluss vom (rechtskräftig seit ) hat die Antragsgegnerin am beantragt, den Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss aufzuheben und das Zwangsgeld zurückzuerstatten.

2Das Amtsgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr Begehren weiter. Der Antragsteller hat für das Verfahren der Rechtsbeschwerde die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe und die Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten beantragt.

II.

3Dem Antragsteller ist die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe zu versagen. Seine Beteiligung am vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren dient nicht der Verfolgung oder Verteidigung eigener Rechte, sondern erfolgt lediglich begleitend, wofür Verfahrenskostenhilfe nicht in Betracht kommt (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 125/14 - FamRZ 2015, 133 Rn. 11).

41. Verfahrenskostenhilfe nach § 76 Abs. 1 FamFG, §§ 114 ff. ZPO kann nur der bedürftige Beteiligte erhalten, der eigene Rechte geltend zu machen beabsichtigt. Für eine allein mit Blick auf fremde Rechtspositionen erfolgende Verfahrensbeteiligung ist die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe hingegen nicht möglich. Der einschlägige § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO sieht vor, dass einer Prozesspartei, die die Kosten der Prozessführung selbst nicht oder nicht vollständig aufbringen kann, bei Vorliegen weiterer Tatbestandsvoraussetzungen Prozesskostenhilfe zur Rechtsverfolgung oder zur Rechtsverteidigung gewährt werden kann. Eine Verfahrensbeteiligung, die dieser gesetzlichen Vorgabe entspricht, ist aber nur zur Durchsetzung eigener Rechtspositionen denkbar. Geht es nicht um solche, kommt Verfahrenskostenhilfe daher nicht in Betracht (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 125/14 - FamRZ 2015, 133 Rn. 9 ff. mwN).

5Der Ausschluss Beteiligter, die sich allein mit Blick auf fremde Rechtspositionen am Verfahren beteiligen, von der Möglichkeit, Verfahrenskostenhilfe zu erhalten, ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung ihres Rechtsschutzes. Prozess- und Verfahrenskostenhilfe sollen verhindern, dass Bedürftige aus wirtschaftlichen Gründen gehindert sind, ihr Recht vor Gericht zu suchen, und stellen eine spezialgesetzlich geregelte Form der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar. Durch die Gewährung von Prozess- und Verfahrenskostenhilfe soll mithin vermieden werden, dass ein wirtschaftlich Bedürftiger nur deshalb einen Rechtsverlust erleidet, weil er die für eine Verfahrensbeteiligung erforderlichen Mittel nicht selbst aufbringen kann. Sie dient hingegen nicht dazu, dem Unbemittelten Verfahrensbeteiligungen jedweder Art und damit auch solche ohne Verfolgung oder Verteidigung eigener Rechte zu ermöglichen, die sich ein Bemittelter aus auf fremde Rechtspositionen gerichteten Motiven leisten will und kann. Mangels Beeinträchtigung der Rechtsposition des bedürftigen Beteiligten trifft den Staat insoweit von Verfassungs wegen keine Fürsorgeverpflichtung (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 125/14 - FamRZ 2015, 133 Rn. 15 ff. mwN).

62. So aber liegt es hier. Alleiniger Verfahrensgegenstand ist das Begehren der Antragsgegnerin, nach mittlerweile rechtskräftigem Abschluss des Scheidungsverfahrens einschließlich der Folgesache Versorgungsausgleich das beigetriebene Zwangsgeld zurückzuerhalten. Es ist weder ersichtlich noch vom Antragsteller trotz entsprechenden Hinweises des Senats dargelegt, dass der Rechtskreis des Antragstellers hiervon berührt wird.

7Der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch richtet sich gegen die Staatskasse. Der Antragsteller hat auch kein rechtliches Interesse daran, dass der Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss aufrechterhalten oder das Zwangsgeld einbehalten bleibt, nachdem die gerichtliche Verfügung letztlich durchgesetzt und das Scheidungsverbundverfahren daraufhin rechtskräftig abgeschlossen worden ist. Im Übrigen spricht gegen ein rechtliches Interesse des Antragsgegners auch, dass das Zwangsgeld im Sinne des § 35 FamFG als ein Zwangsmittel - anders als etwa das Ordnungsgeld gemäß § 89 FamFG - keinen Sanktionscharakter hat, sondern allein der Einwirkung auf den Willen des Verpflichteten dient (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 245/16 - FamRZ 2017, 918 Rn. 10 und vom - XII ZB 621/10 - FamRZ 2011, 1729 Rn. 14) und damit ein reines Beugemittel ist (so etwa Bahrenfuss/Rüntz FamFG 3. Aufl. § 35 Rn. 21).

8Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, der von der Antragsgegnerin erstrebte Aufhebungsbeschluss sei der "actus contrarius" zu dem jedenfalls auch in seinem Interesse ergangenen Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss, lässt sich daraus nichts für sein rechtliches Interesse an der Aufrechterhaltung des Beschlusses oder auch am Verbleib des Zwangsgelds bei der Staatskasse ableiten. Sollte es ihm darum gehen, dass eine seiner geschiedenen Ehefrau negative, für ihn aber jedenfalls inzwischen rechtlich bedeutungslose Vermögensverschiebung Bestand haben möge, begründet dies ebenfalls keine mittels Verfahrenskostenhilfe verfolgbare Rechtsposition. An dieser Beurteilung ändert schließlich auch der Umstand nichts, dass das Oberlandesgericht den Antragsteller in dem die Beschwerde zurückweisenden Beschluss - unzutreffender Weise - als Beschwerdegegner bezeichnet hat.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:210617BXIIZB42.17.0

Fundstelle(n):
OAAAG-51581