BAG Urteil v. - 6 AZR 367/16

Stufenzuordnung der Leiterin einer Sozialmedizinischen Dienststelle gemäß § 19 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS - fachärztliche Tätigkeit

Gesetze: § 4 Abs 1 TVÜ-Ärzte, § 19 Abs 1 Buchst e TV-Ärzte, § 16 Buchst e TV-Ärzte, § 19 Abs 2 S 3 TV-Ärzte vom

Instanzenzug: Az: 13 Ca 12509/12 Teilurteilvorgehend Landesarbeitsgericht München Az: 11 Sa 698/15 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung der Klägerin im Zeitraum vom bis zum .

2Nach einer Tätigkeit als Ärztin beim Landkreis D wurde die Klägerin zum bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten als ärztliche Mitarbeiterin im Sozialmedizinischen Dienst eingestellt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Knappschafts-Angestelltentarifvertrag (KnAT) Anwendung. Demnach war die Klägerin in Vergütungsgruppe Ib KnAT eingruppiert.

3Am wurde die Klägerin als Fachärztin für Innere Medizin anerkannt.

4Auf der Grundlage eines Schreibens des Landratsamts D vom erstellte die Beklagte einen Vermerk, der auszugsweise wie folgt lautet:

5Dieser „BWA-Termin“ wurde am durch eine Verfügung festgesetzt. Der Vorgang wurde zur Personalakte der Klägerin genommen.

6Ab dem wurde der Klägerin zunächst probeweise die Stelle der ärztlichen Leiterin des Sozialmedizinischen Dienstes M übertragen. Mit Wirkung zum wurde sie dauerhaft zur Leiterin bestellt.

7Seit dem findet auf das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte in den Sozialmedizinischen Dienststellen der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (TV-Ärzte-SMD/DRV KBS) vom Anwendung. In dem Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte in den Sozialmedizinischen Dienststellen der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (TVÜ-Ärzte-SMD/DRV KBS) vom heißt es auszugsweise:

8§ 16 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS lautet:

9In § 19 Abs. 1 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS hieß es in der bis zum maßgeblichen Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom (aF):

10§ 19 Abs. 1 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS wurde durch den Änderungstarifvertrag Nr. 3 vom mit Wirkung ab dem geändert. Dies bezog sich auf die Stufenlaufzeiten und die Stufenanzahl der Entgeltgruppen II bis V. Für die Entgeltgruppe V sind in § 19 Abs. 1 Buchst. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS nF nunmehr fünf Stufen vorgesehen, wobei die Stufe 2 nach dreijähriger, die Stufe 3 nach sechsjähriger, die Stufe 4 nach achtjähriger und die Stufe 5 nach zehnjähriger fachärztlicher Tätigkeit erreicht wird.

11§ 19 Abs. 2 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS lautete in der bis zum maßgeblichen Fassung (aF):

12Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom wurde § 19 Abs. 2 Satz 3 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS mit Wirkung zum wie folgt neu gefasst:

13Seit dem wird die Klägerin wegen der Neufassung des § 19 Abs. 1 Buchst. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS nach Entgeltgruppe V Stufe 5 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS vergütet. Diese Stufenzuordnung steht zwischen den Parteien nicht in Streit. Streitbefangen ist vielmehr der Zeitraum vom bis zum . Die Klägerin wurde damals nach Entgeltgruppe V Stufe 3 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS vergütet.

14Mit ihrer Klage hat sie die Auffassung vertreten, sie sei vom bis zum bereits der Stufe 4 als vormaliger Endstufe der Entgeltgruppe V TV-Ärzte-SMD/DRV KBS zugeordnet gewesen. Die sich daraus ergebenden Entgeltdifferenzen in Höhe von insgesamt 8.149,60 Euro brutto habe die Beklagte auszugleichen.

15Für einen Aufstieg in Stufe 4 der Entgeltgruppe V seien entgegen dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 Buchst. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS aF fachärztliche Tätigkeiten nicht erforderlich. § 19 Abs. 1 Buchst. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS stehe im Widerspruch zu § 16 Buchst. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS. Die Eingruppierung in Entgeltgruppe V („Leiterin/Leiter einer Sozialmedizinischen Dienststelle“) setze nach § 16 Buchst. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS eine Facharztqualifikation nicht voraus. Dagegen verlange § 19 Abs. 1 Buchst. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS für den Stufenaufstieg in Entgeltgruppe V fachärztliche Tätigkeiten. Hierbei handle es sich wohl um ein Redaktionsversehen. Bei der Leitung einer Sozialmedizinischen Dienststelle fielen nur in untergeordnetem Maße Tätigkeiten an, die eine Facharztqualifikation erforderten. Deshalb seien auch Nicht-Fachärzte schon zu Dienststellenleitern bestellt worden. Zudem seien nach § 4 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-SMD/DRV KBS die Zeiten ärztlicher (und nicht fachärztlicher) Tätigkeit bei anderen Arbeitgebern bei der Stufenfindung nach § 19 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS zu berücksichtigen.

16Jedenfalls verlange § 19 Abs. 1 Buchst. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS nicht die förmliche Qualifikation als Facharzt, sondern nur die Ausübung fachärztlicher Tätigkeiten. Die zwölfjährige Stufenlaufzeit des § 19 Abs. 1 Buchst. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS aF könne daher nicht erst mit dem Erwerb der Facharztqualifikation zu laufen beginnen.

17Zum habe sie (die Klägerin) fachärztliche Tätigkeiten bereits seit zwölf Jahren ausgeübt. Dies sei auch ohne formale Facharztqualifikation möglich gewesen und gelte für ihre gesamte Tätigkeitszeit bei der Beklagten. Anzurechnen sei außerdem die Zeit vom bis zum , in der sie als angestellte Ärztin beim Landkreis D wegen ihrer fachärztlichen Tätigkeit in die Vergütungsgruppe Ib Fallgruppe 7 BAT eingruppiert gewesen sei. Die Beklagte habe diese Vorbeschäftigungszeit mit der internen Verfügung vom explizit angerechnet und sei daran auch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gebunden.

18Die Klägerin hat beantragt,

19Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags darauf verwiesen, dass § 19 Abs. 1 Buchst. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS aF auch für den Stufenaufstieg in Entgeltgruppe V TV-Ärzte-SMD/DRV KBS ausdrücklich auf die Verrichtung fachärztlicher Tätigkeiten abstelle. Unter dem Begriff der „fachärztlichen Tätigkeit“ in § 19 Abs. 1 Buchst. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS sei die Tätigkeit als förmlich qualifizierter Facharzt zu verstehen und nicht die tatsächliche Verrichtung fachärztlicher Tätigkeiten. Ein Widerspruch zu § 16 Buchst. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS bestehe nicht. Nach § 16 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS sei die Eingruppierung ab Entgeltgruppe II den Ärzten mit Facharztqualifikation vorbehalten. Die Dienststellenleitung könne ebenfalls nur einer Fachärztin oder einem Facharzt übertragen werden. Das zeige sich schon daran, dass nach § 16 Buchst. d TV-Ärzte-SMD/DRV KBS die ständige Vertretung der Dienststellenleitung zwingend diese Qualifikation aufweisen müsse. Tatsächlich würden aus der Gruppe der angestellten Ärzte auch nur solche mit Facharztqualifikation zu Leiterinnen oder Leitern einer Sozialmedizinischen Dienststelle berufen.

20Zudem sei nach § 19 Abs. 1 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS nur die Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe für die Stufenlaufzeit maßgeblich. Bei der Entgeltgruppe V TV-Ärzte-SMD/DRV KBS könne daher nur die Zeit als Leiterin oder Leiter einer Sozialmedizinischen Dienststelle berücksichtigt werden. Im Falle der Klägerin habe man allerdings die Zeit ab Erwerb der Facharztqualifikation am nach § 19 Abs. 2 Satz 4 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS als förderliche Tätigkeit angerechnet. Damit hätte sie die für eine Zuordnung zur Stufe 4 der Entgeltgruppe V TV-Ärzte-SMD/DRV KBS erforderliche zwölfjährige fachärztliche Tätigkeit im Oktober 2014 absolviert.

21Die frühere ärztliche Tätigkeit der Klägerin beim Landkreis D könne nicht angerechnet werden. Daran ändere die interne Verfügung vom nichts. Es handle sich um keine Anrechnungserklärung gegenüber der Klägerin. Außerdem habe die Verfügung sich nur auf den früheren Bewährungsaufstieg von Vergütungsgruppe Ib nach Ia KnAT bezogen. Mit der Übertragung der Dienststellenleitung, welche zur Eingruppierung in die höchste Vergütungsgruppe des KnAT geführt habe, habe sich ein solcher Bewährungsaufstieg erübrigt.

22Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Gründe

23Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe V TV-Ärzte-SMD/DRV KBS für den Zeitraum vom bis zum .

241. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 19 Abs. 1 Buchst. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS aF. Die Klägerin hat die Voraussetzung einer Tätigkeit von zwölf Jahren innerhalb der Entgeltgruppe V TV-Ärzte-SMD/DRV KBS bezogen auf den streitgegenständlichen Zeitraum nicht erfüllt. Dabei kann zugunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass ihre Stufenlaufzeit in Entgeltgruppe V TV-Ärzte-SMD/DRV KBS bereits mit dem Erwerb der Facharztqualifikation am und nicht erst mit der Übertragung der Leitung der Sozialmedizinischen Dienststelle begann.

25a) Dies entspricht allerdings nicht der tariflichen Grundkonzeption. § 4 Abs. 1 TVÜ-Ärzte-SMD/DRV KBS nimmt im Klammerzusatz auf § 19 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS Bezug und stellt auf den Beginn der Zugehörigkeit zu der maßgebenden Entgeltgruppe ab. Demnach gilt auch für die übergeleiteten ärztlichen Beschäftigten, dass für die Stufenlaufzeit grundsätzlich nur die Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe maßgeblich ist. Dies bestimmt § 19 Abs. 1 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS ohne Einschränkung für alle Stufenzuordnungen. Die für das Erreichen der nächsthöheren Stufe „innerhalb derselben Entgeltgruppe“ erforderliche Zeit beginnt nicht vor der Eingruppierung in diese Entgeltgruppe zu laufen (vgl.  - Rn. 18 mwN; - 6 AZR 879/13 - Rn. 16). Zeiten vor der Tätigkeit als Leiterin oder Leiter einer Sozialmedizinischen Dienststelle finden demnach für die Stufenlaufzeit in Entgeltgruppe V TV-Ärzte-SMD/DRV KBS keine Berücksichtigung.

26b) Die Beklagte hat jedoch erklärt, dass sie in Anwendung von § 19 Abs. 2 Satz 4 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS die Tätigkeit der Klägerin ab Erwerb der Facharztqualifikation am als förderliche Tätigkeit auf die Stufenlaufzeit angerechnet hat (vgl. zum Tarifverständnis des wortlautgleichen § 19 Abs. 2 Satz 4 TV-Ärzte/VKA allerdings  - Rn. 17). Demnach hätte die zwölfjährige Stufenlaufzeit gemäß § 19 Abs. 1 Buchst. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS aF im Oktober 2014 und damit erst nach Ablauf des streitgegenständlichen Zeitraums geendet.

272. Eine Anrechnung von Tätigkeitszeiten vor Erwerb der Facharztqualifikation ergibt sich weder aus § 19 Abs. 2 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS noch aus § 4 Abs. 2 TVÜ-Ärzte-SMD/DRV KBS.

28a) Die Beklagte hat keine Anrechnung der ärztlichen Tätigkeit der Klägerin beim Landkreis D nach § 19 Abs. 2 Satz 4 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS vorgenommen.

29aa) Die Verfügung vom richtet sich nicht an die Klägerin, sondern ist ein interner Vorgang, auch wenn sie in die Personalakte aufgenommen wurde. Sie ist zudem allein auf die Eingruppierung nach dem vormals geltenden Tarifsystem des KnAT bezogen und trifft keine Aussage zur Stufenzuordnung nach § 19 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS. Der TV-Ärzte-SMD/DRV KBS war damals noch gar nicht abgeschlossen. Ein Wille zur verbindlichen Anerkennung bestimmter Vorbeschäftigungszeiten für die Stufenzuordnung nach einem noch nicht abgeschlossenen Tarifvertrag kann der Verfügung nicht entnommen werden.

30bb) Die Beklagte hat mit der Nichtanrechnung dieser Vorbeschäftigungszeit den ihr nach § 19 Abs. 2 Satz 4 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS zustehenden Ermessensspielraum nicht überschritten. Auch dem Vortrag der Klägerin ist nicht zu entnehmen, warum ihre ärztliche Tätigkeit für den Landkreis D in einem solchen Maße für ihre spätere Tätigkeit als Leiterin einer Sozialmedizinischen Dienststelle förderlich war, dass die Beklagte durch eine sog. „Ermessensreduzierung auf Null“ gleichsam gezwungen gewesen wäre, diese Zeit nach § 19 Abs. 2 Satz 4 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS anzurechnen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob § 19 Abs. 2 Satz 4 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS wie § 19 Abs. 2 Satz 4 TV-Ärzte/VKA dahingehend auszulegen ist, dass die Tarifvertragsparteien unter einer vorhergehenden beruflichen Tätigkeit ausschließlich eine nichtärztliche Tätigkeit verstanden haben (vgl.  - Rn. 17).

31cc) Es ist auch nicht erkennbar, dass es der Beklagten nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt wäre, sich auf die Nichtanrechnung der Tätigkeit beim Landkreis D zu berufen. Zwar kann eine Rechtsausübung gemäß § 242 BGB unzulässig sein, wenn sich eine Partei damit in Widerspruch zu ihrem eigenen vorausgegangenen Verhalten setzt und für die andere Partei ein schützenswerter Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn sonstige besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (vgl.  - Rn. 34). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Die Beklagte hat durch die interne Verfügung bezüglich des früheren Bewährungsaufstiegs kein Vertrauen der Klägerin in die Anrechnung ihrer kommunalen Vorbeschäftigung im Rahmen der Stufenzuordnung nach § 19 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS geweckt.

32b) Die begehrte Zuordnung zur Stufe 4 der Entgeltgruppe V TV-Ärzte-SMD/DRV KBS kann auch nicht aus § 19 Abs. 2 Satz 3 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS nF hergeleitet werden. Anders als § 19 Abs. 2 Satz 3 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS aF sieht die ab dem geltende Neufassung die regelmäßige Anrechnung von Zeiten fachärztlicher Tätigkeit zwar auch für die Entgeltgruppe V TV-Ärzte-SMD/DRV KBS vor. Ebenso wie § 19 Abs. 1 Buchst. b bis e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS setzt § 19 Abs. 2 Satz 3 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS nF jedoch für das Verrichten fachärztlicher Tätigkeit im Tarifsinn den Erwerb eines Facharzttitels voraus. Selbst wenn der Tarifwortlaut dies nicht ausdrücklich verlangt, ergibt sich diese Anforderung doch aus der Tarifsystematik.

33aa) Das Erfordernis der „fachärztlichen Tätigkeit“ wird von § 19 Abs. 1 Buchst. b bis e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS für die Stufenlaufzeit innerhalb der Entgeltgruppen II bis V TV-Ärzte-SMD/DRV KBS aufgestellt. Eine Eingruppierung in die Entgeltgruppen II bis IV setzt nach § 16 Buchst. b bis d TV-Ärzte-SMD/DRV KBS die Qualifikation als Facharzt voraus. Dies gilt entgegen der Auffassung der Klägerin ebenso für Entgeltgruppe V TV-Ärzte-SMD/DRV KBS, auch wenn in § 16 Buchst. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS nur die Leitung einer Sozialmedizinischen Dienststelle angeführt wird. Da die Facharztqualifikation nach § 16 Buchst. d TV-Ärzte-SMD/DRV KBS schon für die Vertretung der Leitung einer Sozialmedizinischen Dienststelle verlangt wird, würde es einen nicht nachvollziehbaren Bruch mit den in § 16 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS abgebildeten ärztlichen Qualifikationsstufen darstellen, wenn die Leiterin bzw. der Leiter einer Sozialmedizinischen Dienststelle diese Qualifikation nicht aufweisen müsste. Dabei kann dahinstehen, ob im Einzelfall ein Nicht-Facharzt mit der Leitung einer Sozialmedizinischen Dienststelle betraut wird. Für das Tarifverständnis ist dies ohne Belang. Gleiches gilt für die Frage, in welchem Maße die Leitungen Sozialmedizinischer Dienststellen fachärztliche Tätigkeiten tatsächlich verrichten. Maßgeblich ist vielmehr der erkennbare Wille der Tarifvertragsparteien, sowohl die Eingruppierung als auch die Stufenzuordnung unter Berücksichtigung der in § 16 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS definierten ärztlichen Qualifikationsstufen auszugestalten. Für die Entgeltgruppe V TV-Ärzte-SMD/DRV KBS beinhaltet demnach die Ausübung der Leitungsfunktion die Verrichtung einer fachärztlichen Tätigkeit entsprechend der Formalqualifikation als Facharzt. Die vorausgesetzte Facharztqualifikation sichert zudem, dass die Leiterin bzw. der Leiter Sozialmedizinischer Dienststellen selbst in der Lage ist, bei Bedarf medizinische Leistungen auf fachärztlichem Niveau zu erbringen. Deshalb spricht nichts dafür, das Erfordernis der „fachärztlichen Tätigkeit“ bezogen auf die Entgeltgruppe V TV-Ärzte-SMD/DRV KBS entsprechend der Ansicht der Klägerin als bloßes Redaktionsversehen einzustufen (zu tariflichen Redaktionsversehen vgl.  - Rn. 37).

34bb) Dies gilt sowohl für § 19 Abs. 1 Buchst. e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS als auch für § 19 Abs. 2 Satz 3 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS nF. Die Sätze 1 und 3 des § 19 Abs. 2 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS nF unterscheiden hinsichtlich der Anrechnung von Vorbeschäftigungen ebenfalls zwischen der Entgeltgruppe I und den Entgeltgruppen II bis V TV-Ärzte-SMD/DRV KBS sowie zwischen ärztlichen und fachärztlichen Tätigkeiten. § 19 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS sieht eine Anrechnung ärztlicher Tätigkeiten nur bezüglich der Entgeltgruppe I TV-Ärzte-SMD/DRV KBS vor und bildet auf diese Weise eine Einheit mit § 19 Abs. 1 Buchst. a TV-Ärzte-SMD/DRV KBS. Demgegenüber entspricht § 19 Abs. 2 Satz 3 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS nF der in § 19 Abs. 1 Buchst. b bis e TV-Ärzte-SMD/DRV KBS verankerten Maßgeblichkeit fachärztlicher Tätigkeiten und kann deshalb die Anrechnung von ärztlichen Tätigkeiten ohne Facharztqualifikation nicht rechtfertigen.

35cc) Die Beklagte hat bezogen auf den Zeitpunkt der Facharztanerkennung der Klägerin am bereits eine Anrechnung ihrer Beschäftigungszeit vorgenommen. Mehr kann die Klägerin nach § 19 Abs. 2 Satz 3 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS nF aus den dargelegten Gründen nicht verlangen.

36c) Die ärztliche Tätigkeit der Klägerin beim Landkreis D musste auch nicht nach § 4 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-SMD/DRV KBS berücksichtigt werden. Die Vorschrift bezieht sich nur auf die Stufenfindung bei der Überleitung und ordnet diesbezüglich die Anwendung der Regelungen der „Stufenfindung nach § 19 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS“ an. Durch diesen Verweis auf § 19 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS stellt § 4 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-SMD/DRV KBS klar, dass die in § 19 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS enthaltene Differenzierung zwischen ärztlicher und fachärztlicher Tätigkeit auch für § 4 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-SMD/DRV KBS gilt. § 4 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-SMD/DRV KBS übernimmt ebenso wie § 4 Abs. 1 TVÜ-Ärzte-SMD/DRV KBS die Systematik des § 19 TV-Ärzte-SMD/DRV KBS für die Stufenfindung bei der Überleitung.

37d) Eine Anrechnung von Beschäftigungszeiten vor der Facharztqualifikation ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht aus § 4 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Ärzte-SMD/DRV KBS. Die Überleitungsvorschrift sichert nur den Besitzstand hinsichtlich der zum Überleitungszeitpunkt bereits anerkannten Zeiten. Dies hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt. Eine weiter gehende Anrechnungsregelung enthält § 4 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Ärzte-SMD/DRV KBS nicht.

383. Die Klägerin hat schließlich auch keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung aufgrund einer übertariflichen einzelvertraglichen Zusage der Beklagten. Eine solche lässt sich aus den genannten Gründen der internen Verfügung der Beklagten vom nicht entnehmen. Auf sonstige individuelle Erklärungen der Beklagten hat sich die Klägerin bezüglich der hier streitigen Stufenzuordnung nicht berufen.

394. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2017:270417.U.6AZR367.16.0

Fundstelle(n):
GAAAG-51481