BAG Urteil v. - 5 AZR 192/16

Instanzenzug: Az: 12 Ca 1135/15 Urteilvorgehend Sächsisches Landesarbeitsgericht Az: 3 Sa 525/15 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Erfüllung des entsenderechtlichen Mindestlohnanspruchs durch Zahlung einer Treueprämie.

2Die Klägerin ist bei der Beklagten, die einen Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb für Geflügel betreibt, in Schichtarbeit beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterliegt der nach § 7 AEntG erlassenen, am in Kraft getretenen Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft, die bestimmt, dass die Rechtsnormen des Tarifvertrags zur Regelung der Mindestbedingungen für Arbeitnehmer in der Fleischwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestbedingungen) vom auf alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer, die unter seinen Geltungsbereich fallen, Anwendung finden. Der TV Mindestbedingungen lautet auszugsweise:

3Die Beklagte zahlte der Klägerin für geleistete Arbeitsstunden von August bis November 2014 einen Bruttostundenlohn von 7,15 Euro, eine Treueprämie von 0,50 Euro brutto und eine Schichtzulage von 0,10 Euro brutto. Urlaubstage vergütete sie mit 62,00 Euro brutto. Von Dezember 2014 bis April 2015 erhielt die Klägerin für geleistete Arbeitsstunden einen Bruttostundenlohn von 7,40 Euro, Treueprämien und Schichtzulagen blieben gleich. Urlaubstage vergütete die Beklagte mit 64,00 Euro brutto arbeitstäglich.

4Die Klägerin hat für die Monate August 2014 bis April 2015 Differenzvergütung verlangt. Die Beklagte habe den Anspruch auf den Mindestlohn nicht vollständig erfüllt, die Treueprämie sei nicht mindestlohnwirksam. Dementsprechend stehe ihr weiteres Urlaubsentgelt zu.

5Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie

6Die Beklagte hat die Ansprüche auf weitere Feiertagsvergütung und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in einer Gesamthöhe von 158,40 Euro brutto anerkannt und im Übrigen Klageabweisung beantragt.

7Das Arbeitsgericht hat der Klage gemäß dem Anerkenntnis der Beklagten sowie hinsichtlich einer Differenz zum Mindestlohn, die sich bei Nichtberücksichtigung der Treueprämie ergibt, stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage bis auf die anerkannten Beträge abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Gründe

8Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Klage - soweit in die Revisionsinstanz gelangt - unbegründet ist.

9I. Der Anspruch der Klägerin auf den Mindestlohn nach § 2 Nr. 2 TV Mindestbedingungen ist durch Erfüllung erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB). Die Beklagte hat im Streitzeitraum für geleistete Arbeit die geschuldeten 7,75 Euro brutto/Stunde bzw. ab Dezember 2014 8,00 Euro brutto/Stunde gezahlt. Die Treueprämie ist mindestlohnwirksam.

101. Ob und in welchem Umfang der Mindestlohnanspruch neben der Grundvergütung durch weitere Leistungen erfüllt wird, bestimmt sich danach, ob die vom Arbeitgeber erbrachten (Zusatz-)Leistungen die Normzwecke der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft und des TV Mindestbedingungen sichern (zur PflegeArbbV  - Rn. 21 ff., BAGE 153, 248; zur AbfallArbbV  - Rn. 37 ff., BAGE 148, 68). Entsprechend der Zielsetzung in § 1 AEntG sollen angemessene Mindestarbeitsbedingungen in Form von Mindestentgeltsätzen für geleistete Arbeit gemäß § 5 Satz 1 Nr. 1 AEntG (§ 2 Nr. 1 TV Mindestbedingungen) geschaffen und durchgesetzt sowie faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen gewährleistet werden.

112. Gemessen daran ist die von der Beklagten im Streitzeitraum geleistete Treueprämie mindestlohnwirksam. Die Beklagte hat diese vorbehaltlos neben der Grundvergütung als Teil der Vergütung für tatsächlich geleistete Arbeit gezahlt. Die Treueprämie in der von der Beklagten gewährten Weise erfüllt damit als eine im Synallagma stehende Geldleistung die Zwecke der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft und des TV Mindestbedingungen, die ihrerseits die Anrechnung von Prämien auf den Mindestlohn nicht ausschließen (zur PflegeArbbV  - Rn. 26, BAGE 153, 248).

123. Des Weiteren hat die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Urlaubsentgelt vollständig erfüllt. Sie hat gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG die der Klägerin gewährten Urlaubstage mit 62,00 Euro brutto bzw. ab Dezember 2014 mit 64,00 Euro brutto urlaubstäglich vergütet. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt eine Addition von Mindestlohn und Treueprämie zur Berechnung des Durchschnittsverdiensts der letzten dreizehn Wochen vor Urlaubsbeginn nicht in Betracht. Die Treueprämie ist nicht neben dem Mindestlohn zu zahlen, sondern erfüllt den Anspruch auf diesen.

13II. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2017:220317.U.5AZR192.16.0

Fundstelle(n):
XAAAG-50285