NWB Nr. 29 vom Seite 2153

Betriebsrentenstärkungsgesetz beschlossen

Professor Dr. Thomas Dommermuth | Hochschule Amberg-Weiden und Beiratsvorsitzender des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung

Ziel des am vom Bundestag beschlossenen und nun auch vom Bundesrat am angenommenen Betriebsrentenstärkungsgesetzes ist es, die bei KMU mit ca. 30 % der Beschäftigten bislang geringe Verbreitung von betrieblicher Altersversorgung (bAV) deutlich zu korrigieren; auch Geringverdiener will das Gesetz ausdrücklich ins Boot dieser Vorsorgeform holen. Bis Ende Mai 2017 schien es, als würde das Gesetzespaket an jener Zielsetzung mit Volldampf vorbeirauschen. Statt die zahlreichen Attraktivitätsprobleme der bAV konsequent zu beseitigen, setzte der Gesetzentwurf vom im Kern auf das sog. Sozialpartner-Modell, welches Tarifverträgen ab 2018 eine neue Beitragszusage ohne Mindestleistung gestattet und auf diese Weise den Arbeitgeber von der Subsidiärhaftung für unterdotierte bAV befreit, wenn er bereit ist, 15 % der Entgeltumwandlung als Zuschuss zu zahlen. Auch wenn jenes Modell gerade in Zeiten niedrigster Zinsen durchaus begrüßenswert ist, vermag es doch nicht, die Hauptzielgruppe des Gesetzes zu erreichen, nämlich die KMU, denn davon sind 80 % nicht tarifvertraglich gebunden.

Zum Glück aber bekam das nun beschlossene und im Kern 2018 in Kraft tretende Gesetz auf der Zielgeraden noch einen neuen § 1a Abs. 1a Betriebsrentengesetz verpasst, der – zusammen mit anderen Neuerungen – für eine echte Renaissance der bAV sorgen könnte: Erstmals wird damit eine gesetzliche Verpflichtung zur Weitergabe von Sozialabgabenersparnissen des Arbeitgebers an die Entgeltumwandlung betreibende Belegschaft in Form eines pauschalen 15 %igen Zuschusses für ALLE Beschäftigten, bei denen eine Sozialabgabenersparnis eintritt, frühestens ab 2019 eingeführt. Auf diese Weise kann eines der größten Attraktivitätshemmnisse der bAV beseitigt werden: Die Asymmetrie, die bislang dafür sorgt, dass Beschäftigte lediglich die Hälfte der Sozialabgaben in der Anwartschaftsphase einsparen, während sie in der Rentenphase in voller Höhe mit Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie einer Reduzierung ihrer gesetzlichen Rente (macht zusammen bis zu 35% der Betriebsrente aus) belastet werden. Durch Kombination mit Riester, welche ab 2018 eine Sozialabgabenbelastung in der Rentenphase erstmals komplett vermeidet, kann darüber hinaus die oft kritisierte Doppelverbeitragung der bAV beseitigt werden. Teilweise enttäuschend ist die Reform des § 3 Nr. 63 EStG, da § 1 Abs. 1 Nr. 9 SvEV die sozialabgabenfreie Höchstgrenze bei 4 % belässt und nicht auf die neue steuerfreie Höchstgrenze von 8 % steigert. Dadurch wird Doppelverbeitragung systematisch herbeigeführt; ein völlig falsches Signal, denn man wollte sie im Vorfeld der Reform ja gerade abbauen. Mehr als enttäuschend auch die Tatsache, dass der Gesetzgeber den steuerlichen Rechnungszins der Pensionsrückstellungen bei 6 % bestehen lässt; eine Untätigkeit, die das Bundesverfassungsgericht auf den Plan rufen könnte.

Fazit: Auf der Zielgeraden ist dem Gesetzgeber eine Reform der bAV gelungen, die diesen Namen auch verdient. Die Attraktivität jener Vorsorgeform wird dadurch ab 2018 deutlich gesteigert. Zur Ausweitung ihres Wirkungskreises auf jene ca. 13 Mio. Beschäftigten, die bislang keine bAV haben, kommt den steuerlichen Beratern eine wichtige und verantwortungsvolle Rolle zu.

Thomas Dommermuth

Fundstelle(n):
NWB 2017 Seite 2153
NWB DAAAG-49733