Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Konkursverwalter über das Vermögen einer GmbH. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) lehnte es durch Bescheid vom ab, eine Grunderwerbsteuerfestsetzung gegen die GmbH vom gemäß § 16 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983 zu ändern. Nachdem er über den am eingegangenen Einspruch des Klägers gegen diesen Bescheid trotz wiederholter Bitte um Entscheidung bis Ende 1998 ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes nicht entschieden hatte, erhob der Kläger mit Schriftsatz vom Untätigkeitsklage.
Das FA wies den Einspruch während des Klageverfahrens als unbegründet zurück, hob die Einspruchsentscheidung aber auf Anregung des Finanzgerichts (FG) wieder auf. Daraufhin setzte das FG das Verfahren bis zur abschließenden Entscheidung ”über das die Grunderwerbsteuer betreffende Vorverfahren” aus.
Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat. Er macht geltend, das FG habe das Verfahren, das sich seit der Aufhebung der Einspruchsentscheidung wieder in der Situation vor Erhebung der Untätigkeitsklage befinde, nicht aussetzen dürfen, weil die Sache entscheidungsreif sei. An einer raschen Entscheidung bestehe im Hinblick auf das abzuschließende Konkursverfahren auch ein besonderes Interesse.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Beschluss des aufzuheben.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde ist begründet. Das FG hat keine Rechtsgrundlage für seinen Aussetzungsbeschluss angegeben. Da es sich aber zur Begründung seines Beschlusses auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bezogen hat, wonach bei einem Einspruch gegen einen Änderungsbescheid ein bereits anhängiges Klageverfahren bezüglich des ursprünglichen Bescheides gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auszusetzen ist (vgl. , BFHE 173, 14, BStBl II 1994, 658), muss angenommen werden, dass es eine Aussetzung gemäß dieser Vorschrift ausgesprochen hat. Die Voraussetzungen des § 74 FGO haben jedoch nicht vorgelegen. Der Beschluss des FG war daher aufzuheben.
1. a) Nach § 74 FGO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Entscheidung über eine (zulässige) Untätigkeitsklage hängt gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht vom Abschluss des Vorverfahrens ab. Dies macht gerade die Besonderheit der Untätigkeitsklage aus. Es ist deshalb unerheblich, dass der Einspruch des Klägers nach der Aufhebung der Einspruchsentscheidung wieder als unerledigt auflebte und erneuter Verbescheidung zugänglich war (vgl. dazu , BFH/NV 1999, 1585).
Der Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO stand darüber hinaus die Sonderregelung des § 46 Abs. 1 Satz 3 FGO entgegen. Nach § 46 Abs. 1 Satz 3 FGO hat das Gericht bei einer Untätigkeitsklage die Möglichkeit, das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, auszusetzen. Eine Aussetzung des Verfahrens ohne Fristsetzung, wie sie das FG vorgenommen hat, sieht das Gesetz dabei nicht vor, da der Kläger ansonsten trotz der Untätigkeitsklage nach wie vor auf das Ergehen der Einspruchsentscheidung zeitlich unbegrenzt warten müsste. Dazu käme es, wenn das Gericht das Verfahren —von vornherein oder nach Aufhebung einer zwischenzeitlich bereits ergangenen, aber wieder aufgehobenen Einspruchsentscheidung— bis zur Entscheidung über den Einspruch aussetzen dürfte.
b) Die Aufhebung der Einspruchsentscheidung hat entgegen der Auffassung des FG auch nicht zu einer Verfahrenslage geführt, die mit derjenigen vergleichbar ist, die sich ergab, wenn ein während des Klageverfahrens ergehender Änderungsbescheid nicht gemäß § 68 FGO in der bis Ende 2000 geltenden Fassung zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, sondern mit dem Einspruch angefochten wurde (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom GrS 1/72, BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231, und in BFHE 173, 14, BStBl II 1994, 658). Bei dieser Verfahrenslage war eine Aussetzung des Verfahrens in entsprechender Anwendung von § 74 FGO geboten, weil durch den Einspruch gegen den Änderungsbescheid streitgegenstandsmäßig ein weiteres Verfahren eröffnet wurde, dessen Ausgang für das bereits anhängige Klageverfahren im Hinblick auf die suspendierende Wirkung, die dem Änderungsbescheid im Verhältnis zu dem mit der Klage angefochtenen Bescheid zukommt, vorgreiflich war.
Die Aufhebung einer Einspruchsentscheidung während eines Klageverfahrens führt demgegenüber nicht dazu, dass ein weiteres Verfahren in Gang gesetzt wird, von dessen Ausgang das Klageverfahren abhängt. Das Begehren des Klägers richtet sich vielmehr weiterhin darauf, eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des nämlichen angefochtenen Bescheides herbeizuführen (BFH-Entscheidungen vom III B 184/86, BFHE 155, 12, BStBl II 1989, 107, und vom II R 142/87, BFHE 164, 11, BStBl II 1991, 527).
2. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen, weil es sich um ein unselbständiges Zwischenverfahren handelt (BFH-Beschlüsse vom VII B 82/87, BFH/NV 1988, 387, und vom VIII B 83/87, BFHE 154, 15, BStBl II 1988, 947).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 800 Nr. 6
PAAAA-66783