BVerwG Urteil v. - 8 C 2/16

Bemessung des Insolvenzsicherungsbeitrags bei insolvenzfähig gewordenen Krankenkassen

Leitsatz

1. Das Tatbestandsmerkmal der Pensionsverpflichtung in § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG umfasst in den Fällen der Haftungsteilung zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV) und dem Pensions-Sicherungs-Verein VVaG (PSV) gemäß § 171d Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SGB V (juris: SGB 5) nur den von Letzterem zu sichernden Teil der Pensionsverpflichtung.

2. Der vom PSV zu sichernde Teil der Pensionsverpflichtung entspricht der Differenz zwischen der gesamten durch die Direktzusage begründeten Pensionsverpflichtung und demjenigen Teil dieser Verpflichtung, für den gemäß § 171d Abs. 1 Satz 1 SGB V der GKV einzustehen hat. Das sind diejenigen Ansprüche und Anwartschaften auf eine konkrete Versorgungsleistung, bei denen die Entstehungsvoraussetzungen bereits zum vorlagen.

3. Auf den vom PSV zu sichernden Teil der Pensionsverpflichtung sind die Regeln der Teilwertberechnung gemäß § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG i.V.m. § 6a Abs. 3 EStG unverändert anzuwenden. Eine zeitanteilige feste Quotierung des Teilwerts der gesamten, vom GKV und dem Beklagten gemeinsam zu sichernden Pensionsverpflichtung ist unzulässig. Dasselbe gilt für eine gleitende Quotierung, die den relativen Zuwachs des Haftungsrisikos des Beklagten im Anwartschaftsverlauf abbildet, und für eine Verschiebung des Teilwertbeginns auf den .

Gesetze: Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, § 2 Abs 1 BetrAVG, § 7 BetrAVG, § 10 Abs 1 BetrAVG, § 10 Abs 2 BetrAVG, § 10 Abs 3 Halbs 1 BetrAVG, § 10 Abs 3 Halbs 2 Nr 1 BetrAVG, § 171b SGB 5, § 171d Abs 1 S 1 SGB 5, § 171d Abs 3 S 1 SGB 5, § 6a Abs 3 EStG

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Az: 12 A 390/14 Urteilvorgehend VG Gelsenkirchen Az: 12 K 2277/12 Urteil

Tatbestand

1Die Beteiligten streiten um die Heranziehung der Klägerin zu Insolvenzsicherungsbeiträgen nach dem Betriebsrentengesetz für 2010 und 2011.

2Die gemäß § 171b Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) seit dem insolvenzfähige Klägerin führt die betriebliche Altersversorgung ihrer Mitarbeiter im Wege unmittelbarer Versorgungszusagen (Direktzusagen) durch. Der vom Beklagten zu gewährende Insolvenzschutz nach dem Vierten Abschnitt des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz - BetrAVG) umfasst nach § 171d Abs. 3 Satz 1 SGB V nur die Ansprüche und Anwartschaften aus Versorgungszusagen, die nach dem entstanden sind. Für die bis zum entstandenen Altersversorgungsverpflichtungen haftet gemäß § 171d Abs. 1 SGB V der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV).

3Mit Schreiben vom teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sich ihre Beitragsbemessungsgrundlage für das Jahr 2010 auf 0 € belaufe, weil sie zum Stichtag der Beitragsbemessung gemäß § 10 Abs. 3 Halbs. 1 BetrAVG, dem , noch nicht insolvenzfähig gewesen sei. Als Beitragsbemessungsgrundlage für 2011 gab sie 97 333 586 € an und erklärte, sie habe mit Rücksicht auf die gesetzliche Haftungsteilung - den Vorgaben des Beklagten folgend - den nach § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG i.V.m. § 6a Abs. 3 EStG ermittelten Teilwert der gesamten Pensionsverpflichtung entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG auf den Bruchteil gekürzt, der dem Verhältnis der ab dem noch zurückzulegenden Laufzeit der jeweiligen Versorgungszusage zu deren gesamter regulärer Laufzeit entspreche.

4Der Beklagte wies die Klägerin darauf hin, dass die Stichtagsregelung nur die Beitragsbemessung betreffe und keine Beitragspflicht am Stichtag voraussetze. Mangels Mitteilung der Beitragsbemessungsgrundlage für 2010 werde er bei der Festsetzung für 2010 von der für 2011 mitgeteilten Bemessungsgrundlage ausgehen. Mit Bescheid vom setzte der Beklagte den Jahresbeitrag der Klägerin für 2010 und 2011 auf jeweils 184 933,81 € fest.

5Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch und machte geltend, der Haftungszäsur des § 171d Abs. 3 SGB V müsse entweder durch eine Verschiebung des Teilwertbeginns auf den Jahresbeginn 2010 Rechnung getragen werden oder durch eine Reduzierung des Teilwerts auf den Bruchteil, der dem Verhältnis der vom Beklagten zum jeweiligen Stichtag zu sichernden Ansprüche und Anwartschaften zum Gesamtbetrag der bis dahin erdienten Ansprüche und Anwartschaften entspreche. Dieses Verhältnis sei zu ermitteln, indem die Zahl der seit Jahresbeginn 2010 bis zum jeweiligen Stichtag zurückgelegten Jahre durch die Zahl der seit Beginn der Laufzeit der Zusage insgesamt zurückgelegten Jahre dividiert werde (gleitende Quotierung).

6Aufgrund einer von der Klägerin nachgereichten Mitteilung der - erneut nach den Vorgaben des Beklagten ermittelten - Beitragsbemessungsgrundlage für 2010 in Höhe von 86 665 818 € setzte der Beklagte den Jahresbeitrag für 2010 mit Bescheid vom auf 164 665,05 € fest. Dargestellt wurde dies als Neuberechnung aufgrund der "BBG neu" und als Abrechnung der Differenz zur vorherigen, auf der "BBG alt" beruhenden Festsetzung.

7Mit Widerspruchsbescheid vom wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Dabei ging er davon aus, der Widerspruch bezüglich des Jahresbeitrags für 2010 betreffe nur noch die niedrigere Festsetzung mit Bescheid vom .

8Die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom abgewiesen und ausgeführt, mangels nachweislicher Bekanntgabe des Bescheides vom scheitere die Zulässigkeit der Klage nicht am Fehlen eines Widerspruchs - auch - gegen diesen Bescheid. Die Klage sei aber unbegründet. Bei der Beitragsfestsetzung in den Fällen geteilter Haftung sei § 2 Abs. 1 BetrAVG entsprechend anzuwenden, der für den Fall vorzeitigen Ausscheidens des Arbeitnehmers eine zeitanteilige feste Quotierung von Versorgungsansprüchen vorsehe.

9Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom zurückgewiesen. Die Klage sei jedenfalls unbegründet, weil die feste Quotierung des Teilwerts rechtmäßig sei. Allerdings sei eine solche Quotierung in den Fällen des § 171d Abs. 3 SGB V nicht gesetzlich vorgegeben. § 171d Abs. 3 Satz 1 SGB V regele mit dem Insolvenzschutz lediglich die Haftung und nicht die Beitragsberechnung. Die in den Gesetzesmaterialien niedergelegten Vorstellungen des Gesetzgebers zur Beitragsbemessung hätten sich nicht im Wortlaut der Vorschrift niedergeschlagen. Eine direkte oder analoge Anwendung des § 2 Abs. 1 BetrAVG scheide aus, weil die Vorschrift nicht die Beitragsbemessung betreffe und keine vergleichbare Interessenlage regele. Aus ihrer analogen Anwendung in Fällen des Statuswechsels sei für die Fälle des § 171d Abs. 3 Satz 1 SGB V nichts herzuleiten, zumal auch bei Statuswechseln Bedenken gegen eine Analogie bestünden.

10Die Reduzierung der Beitragsbemessungsgrundlage mittels fester Quotierung des Teilwerts rechtfertige sich aber aus einer teleologischen Reduktion des § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG i.V.m. § 6a Abs. 3 EStG. Sie sei erforderlich, weil sonst der Beitragsbemessung auch Verpflichtungen zugrunde gelegt werden müssten, für die der Beklagte nicht einzustehen habe. Die vom Gesetzgeber unbemerkte, verdeckte Regelungslücke in den Fällen des § 171d Abs. 3 SGB V könne durch die Reduzierung des Teilwerts der gesamten Pensionsverpflichtung mittels einer festen Quote geschlossen werden, die das Verhältnis der vom bis zum regulären Versorgungsbeginn zurückzulegenden Dienstzeit zur gesamten erreichbaren Dienstzeit abbilde. Diese Quotierung sei sachgerecht. Sie entspreche dem Willen des Gesetzgebers, dem Zweck der Beitragsregelung und den im Gesetz verankerten Prinzipien der Beitragserhebung. Danach müsse - ebenso wie nach § 2 Abs. 1 BetrAVG - auf die gesamte Dienstzeit des Arbeitnehmers und nicht nur auf den Zuwachs des Haftungsrisikos in einem bestimmten Jahr abgestellt werden. Dies spreche gegen eine Verschiebung des Teilwertbeginns auf den und gegen die gleitende Quotierung. Diese Ansätze ließen außerdem den Gesetzeszweck solidarischer Risikoverteilung und die Risikoerhöhung bei langjährigen Dienstverhältnissen außer Acht.

11Die feste Quotierung sei auch verfassungskonform. Der Parlamentsvorbehalt werde nicht verletzt, weil die Berechnung der Beitragsbemessungsgrundlage im Sonderfall des § 171d Abs. 3 SGB V keine wesentliche Regelung darstelle. Das Äquivalenzprinzip sei im Bereich der Insolvenzsicherung nur eingeschränkt anwendbar und verlange nicht, mit der Beitragsbemessung das konkrete Ausfallrisiko im Insolvenzfall abzubilden. Es verbiete nur eine Beitragserhebung, die in einem groben Missverhältnis zum gebotenen Vorteil stehe oder den Betroffenen im Verhältnis zu anderen Beitragspflichtigen übermäßig belaste. Beides sei hier nicht der Fall. Die behauptete Diskrepanz zwischen festem Beitragsquotient und Haftungsquote bestehe nur in den ersten Jahren, verringere sich stetig und betreffe hauptsächlich noch bestehende Beschäftigungsverhältnisse. Art. 3 Abs. 1 GG gebiete ebenfalls keine von der festen Quotierung abweichende Beitragsberechnung.

12Die Beitragserhebung für das Kalenderjahr 2010 sei auch ohne ausdrückliche Regelung des Stichtags rechtmäßig. Die Gesetzeslücke sei durch Auslegung zu schließen. Eine faktische Beitragsbefreiung widerspreche dem Gesetzeszweck. Ob für das erste Beitragsjahr auf die Daten des Vorjahres (2009) oder die des laufenden Jahres (2010) abzustellen sei, könne offenbleiben, da der hier zugrunde gelegte Vorjahreswert unter dem des Beitragsjahres liege.

13Mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Anfechtungsbegehren weiter. Sie macht geltend, die feste Quotierung finde im Gesetz keine Stütze. Das beitragsrechtliche Äquivalenzprinzip gebiete eine Beitragsbemessung, die sich am Anwachsen des Haftungsvolumens des Beklagten orientiere. Nur dies trage auch der Haftungszäsur des § 171d Abs. 3 SGB V und den Grundrechten der Klägerin ausreichend Rechnung. Vorzugswürdig sei die von ihr vorgeschlagene gleitende Quotierung, die der Beitragsbemessung das Anwachsen des Barwerts der Anwartschaft seit dem Haftungsübergang zugrunde lege. Jedenfalls dürfe § 6a Abs. 3 EStG nur mit der Maßgabe angewendet werden, dass die vorgeschriebene Diskontierung des Teilwerts der Pensionsverpflichtung nicht auf den Beginn der Laufzeit der Zusage, sondern auf den Zeitpunkt des Haftungsübergangs vorzunehmen sei.

14Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom und das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom zu ändern und den Beitragsbescheid des Beklagten vom , geändert durch Bescheid des Beklagten vom , in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom aufzuheben.

15Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

16Er verteidigt das angegriffene Urteil und vertieft sein bisheriges Vorbringen.

17Der Senat hat die Beteiligten mit Verfügung vom auf die Möglichkeit hingewiesen, das Tatbestandsmerkmal der Pensionsverpflichtung im Sinne des § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG so auszulegen, dass es nur den vom Beklagten zu sichernden Teil der Pensionsverpflichtung bezeichnet.

Gründe

18Die Revision ist gemäß § 137 Abs. 1 VwGO begründet. Das angegriffene Urteil ist verfahrensfehlerhaft, soweit es die Zulässigkeit der Klage offen lässt. Soweit es sie für - jedenfalls - unbegründet erklärt, beruht es auf einer unzutreffenden Anwendung des § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz - BetrAVG) vom (BGBl. I S. 3610) in der hier maßgeblichen Fassung der Änderung durch Gesetz vom (BGBl. I S. 2940) sowie des § 6a Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) i.d.F. der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 3366, 3862). Es stellt sich auch nicht als im Ergebnis richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

191. Das angegriffene Urteil hätte keine Sachentscheidung treffen dürfen, ohne zuvor die Zulässigkeit der Klage mit Blick auf die vom Beklagten geltend gemachte Bestandskraft des Bescheides vom zu prüfen und zu bejahen. Aus der gesetzlichen Regelung der Zulässigkeits- als Sachurteilsvoraussetzungen gemäß §§ 40 ff. VwGO ergibt sich, dass nur bei deren Vorliegen über die Begründetheit der Klage entschieden werden darf (vgl. 2 C 14.84 - BVerwGE 71, 73 <74>). Es kann dahingestellt bleiben, ob eine gerichtliche Befugnis, Zulässigkeitsvoraussetzungen offen zu lassen, ausnahmsweise in Betracht kommt, wenn die Klärung der Zulässigkeit aufwändig und schwierig, die Klage aber offensichtlich unbegründet ist ( - juris Rn. 5 f.). Ein solcher Fall liegt hier jedenfalls nicht vor.

20Der Verfahrensmangel ist jedoch im Revisionsverfahren zu heilen, weil die vom Oberverwaltungsgericht offengelassene Sachentscheidungsvoraussetzung in jedem Verfahrensstadium von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. 5 C 265.54 - BVerwGE 3, 208 <211>). Diese Prüfung ergibt, dass die Klage auch in Bezug auf die Festsetzung des Jahresbeitrags für 2010 zulässig ist.

21Der Bescheid vom stellt keine Neufestsetzung des gesamten Jahresbeitrags dar, die mangels rechtzeitiger Anfechtung in Bestandskraft erwachsen wäre. Vielmehr ist er als Änderungsbescheid zur vorherigen Beitragsfestsetzung vom zu verstehen. Das ergibt sich aus der Auslegung der mit ihm getroffenen Regelung entsprechend §§ 133 und 157 BGB. Danach ist der objektive Erklärungsgehalt des Bescheides unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts der Klägerin maßgeblich. § 137 Abs. 2 VwGO steht einer revisionsgerichtlichen Auslegung des Bescheides nicht entgegen, weil das Berufungsgericht ihn nicht selbst ausgelegt hat. Die Darstellung der Neuberechnung, die Bezugnahme auf die zwischenzeitlich mitgeteilte Beitragsbemessungsgrundlage für 2010 ("BBG neu") und die Erläuterung der neuen Festsetzung als Abrechnung des Differenzbetrags zur vorherigen Festsetzung verdeutlichen, dass der Regelungsgehalt des Bescheides sich auf eine Minderung der vorherigen Festsetzung beschränkt. Da er die Klägerin begünstigte, musste er nicht angefochten werden. Vielmehr führte er zur Teilerledigung des gegen die vorherige Festsetzung eingelegten Widerspruchs, soweit er diese - teilweise - aufhob. Dem trug der Beklagte zutreffend Rechnung, indem er nur noch über den Widerspruch gegen die geminderte Festsetzung entschied.

222. Materiell-rechtlich wird die Zurückweisung der Berufung der Klägerin im angegriffenen Urteil von der unrichtigen Annahme getragen, die vom Beklagten in den Fällen der Haftungsteilung nach § 171d Abs. 3 SGB V praktizierte feste Quotierung entspreche den Regelungen des Betriebsrentengesetzes. Diese Auffassung beruht auf einer unzutreffenden Anwendung des § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG und des § 6a Abs. 3 EStG. Sie stützt sich auf eine fehlerhafte teleologische Reduktion der erstgenannten Vorschrift und füllt die vermeintliche Lücke durch eine unzulässige Analogie.

23a) Das Oberverwaltungsgericht hat eine teleologische Reduktion für erforderlich gehalten, weil es angenommen hat, mangels abweichender Regelungen in § 171d Abs. 3 SGB V müsse der Beitragsbemessung nach § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG auch in den Fällen der Haftungsteilung stets die gesamte Pensionsverpflichtung zugrunde gelegt werden. Darin hat es eine "verdeckte Lücke" der gesetzlichen Regelung gesehen, weil diese Fälle einbeziehe, für die nach dem "gesetzgeberischen Plan" eine andere Regelung hätte getroffen werden müssen. Sonst würden Besonderheiten außer Acht gelassen, die für die Wertung gerade dieser Fälle relevant seien. Da sich daraus keine präzise Berechnungsvorschrift zur Anpassung der Beitragsbemessung in den Fällen der Haftungsteilung ergibt, befürwortet es schließlich eine modifizierte Anwendung des § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG i.V.m. § 6a Abs. 3 EStG, die den vorschriftsgemäß errechneten Teilwert durch eine feste Quotierung mindert.

24Damit sind die Grenzen zulässiger teleologischer Reduktion überschritten. Diese erlaubt nur, den Anwendungsbereich einer Norm mit Rücksicht auf deren Regelungszweck zu reduzieren, nämlich die Anwendbarkeit der Norm in den Fällen zu verneinen, in denen die Normanwendung dem Regelungszweck widerspräche (vgl. 5 C 11.11 - BVerwGE 142, 107 Rn. 30). Die berufungsgerichtliche Modifikation der gesetzlichen Regelung der Beitragsbemessung verkleinert jedoch nicht deren Anwendungsbereich, sondern ergänzt die Anwendung der Vorschriften um einen darin nicht vorgesehenen weiteren Berechnungsschritt, der einer analogen Anwendung des § 2 Abs. 1 BetrAVG entspricht. Die analoge Heranziehung des § 2 Abs. 1 BetrAVG oder eines daraus abgeleiteten Rechtsgedankens wiederum ist in den Fällen der Haftungsteilung gemäß § 171d Abs. 3 SGB V nicht gerechtfertigt, weil keine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Der Wortlaut des § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG ermöglicht eine Auslegung der Norm, die der Entstehungsgeschichte des § 171d SGB V Rechnung trägt und den systematischen Zusammenhang beider Vorschriften ebenso berücksichtigt wie deren Regelungszweck.

25b) In den Fällen der Haftungsteilung gemäß § 171d Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SGB V ist das Tatbestandsmerkmal der Pensionsverpflichtung in § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG mit Rücksicht auf den systematischen Zusammenhang und den Sinn und Zweck der Regelung so auszulegen, dass es nur den vom Beklagten zu sichernden Teil der Pensionsverpflichtung erfasst.

26aa) Diese Auslegung ist vom Wortlaut des § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG gedeckt und entspricht der Systematik der Beitragsregelungen.

27§ 10 Abs. 3 BetrAVG regelt die Beitragsbemessungsgrundlage als Maßstab für die Umlage des Beitragsbedarfs des Beklagten (§ 10 Abs. 2 BetrAVG) auf die gemäß § 10 Abs. 1 BetrAVG beitragspflichtigen Arbeitgeber. Bei Direktzusagen ist gemäß § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG der nach § 6a Abs. 3 EStG zu berechnende Teilwert der Pensionsverpflichtung maßgeblich, die sich zum Stichtag des § 10 Abs. 3 Halbs. 1 BetrAVG aus den laufenden Versorgungsleistungen und den nach § 1b BetrAVG unverfallbaren Versorgungsanwartschaften ergibt. Der Begriff der Pensionsverpflichtung in § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG bezeichnet die Gesamtheit der Leistungspflichten, die der Arbeitgeber im Versorgungsfall aufgrund der unverfallbaren Zusage zu erfüllen hat (vgl. Rolfs, in: Blomeyer/Rolfs/Otto, Betriebsrentengesetz, 6. Aufl. 2015, § 1 Rn. 34; zur Unverfallbarkeit vgl. § 10 Abs. 3 Halbs. 1 i.V.m. § 1b BetrAVG). Für die Erfüllung dieser Pflichten muss der Beklagte gemäß § 7 BetrAVG im Insolvenzfall einstehen. Damit knüpft die Beitragsbemessung bei Direktzusagen gemäß § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG an den Umfang der vom Beklagten zu sichernden Versorgungspflichten an. Dies legt es nahe, den Begriff der Pensionsverpflichtung in § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG im Sinne der vom Beklagten zu sichernden Pensionsverpflichtung auszulegen. Die Grenze des möglichen Wortsinns wird dadurch nicht überschritten, weil § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG keine Ermittlung des Teilwerts der "gesamten" Pensionsverpflichtung verlangt.

28Die Regelung der Beitragspflicht dem Grunde nach (§ 10 Abs. 1 BetrAVG) und die gesetzliche Bestimmung des umzulegenden Beitragsbedarfs (§ 10 Abs. 2 BetrAVG) legen ebenfalls nahe, die für die Beitragsbemessung nach § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG maßgebende Pensionsverpflichtung im Sinne der vom Beklagten zu sichernden Pensionsverpflichtung zu verstehen. § 10 Abs. 1 BetrAVG begrenzt die Beitragspflicht dem Grunde nach auf Arbeitgeber, die nach § 7 BetrAVG vom Beklagten zu sichernde Versorgungszusagen erteilt haben (vgl. 8 C 40.09 - Buchholz 437.1 BetrAVG Nr. 20 - juris Rn. 16). Er knüpft also ebenfalls an das Bestehen eines Insolvenzschutzes nach dem Betriebsrentengesetz an. Als Zweck der Beitragserhebung definiert er das Aufbringen der Mittel für die Durchführung der gesetzlichen Insolvenzsicherung. § 10 Abs. 2 BetrAVG begrenzt den Umfang der Beitragserhebung entsprechend diesem Beitragszweck auf den Betrag, der zur Deckung des Aufwands und der Kosten der Insolvenzsicherung durch den Beklagten erforderlich ist (vgl. - NVwZ 2012, 1535 <1538> - juris Rn. 38; 8 C 40.09 - Buchholz 437.1 BetrAVG Nr. 20 - juris Rn. 36).

29bb) Nur eine Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Pensionsverpflichtung im Sinne der vom Beklagten zu sichernden Pensionsverpflichtung entspricht auch der Gesetzesbegründung zur Haftungsteilung gemäß § 171d Abs. 1 und 3 SGB V (Begründung des von der Bundesregierung vorgelegten Entwurfs des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-OrgWG - vom , BT-Drs. 16/9559) und dem systematischen Zusammenhang des § 171d Abs. 3 SGB V mit § 10 BetrAVG.

30Der Gesetzgeber ging davon aus, dass die Insolvenzsicherungsbeitragspflicht der mit Ablauf des Jahres 2009 insolvenzfähig gewordenen gesetzlichen Krankenkassen und die entsprechende Leistungspflicht des Beklagten im Insolvenzfall nur für die ab dem erworbenen Versorgungsanwartschaften gelten (BT-Drs. 16/9559 S. 16). Daraus folgerte er, dass die Insolvenzsicherungsbeiträge dieser Krankenkassen nur nach den ab dem erdienten Versorgungsansprüchen und -anwartschaften zu bemessen sind (BT-Drs. 16/9559 S. 22).

31Entgegen dem Berufungsurteil sind diese Erwägungen des Gesetzgebungsverfahrens für die Gesetzesauslegung nicht etwa unbeachtlich, weil sie keinen Niederschlag im Wortlaut des § 171d Abs. 3 Satz 1 SGB V gefunden hätten. Zwar wird dort nur die Begrenzung des betriebsrentenrechtlichen Insolvenzschutzes auf die nach dem entstandenen Ansprüche und Anwartschaften aus Versorgungszusagen ausdrücklich geregelt. Die zur Umschreibung des Insolvenzschutzes verwendete allgemeine Verweisung des § 171d Abs. 3 Satz 1 SGB V auf den Vierten Abschnitt des Betriebsrentengesetzes bezieht aber auch die Beitragsbemessungsvorschrift des § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG mit ein. Sie muss deshalb nicht eng im Sinne einer Verweisung - nur - auf die Haftungsvorschriften der §§ 7 ff. BetrAVG ausgelegt werden. Vielmehr lässt sich der Begriff des Insolvenzschutzes in § 171d Abs. 3 Satz 1 SGB V auch als Synonym für die Insolvenzsicherung im Sinne des Betriebsrentengesetzes einschließlich der Regelungen zu ihrer Beitragsfinanzierung verstehen. Dies liegt umso näher, als die Beitragsregelung des § 10 BetrAVG, wie oben dargelegt, an den Insolvenzschutz nach § 7 Abs. 1 und 2 BetrAVG anknüpft. Dass die amtliche Überschrift des § 171d SGB V nur die Haftung und nicht auch die Beitragserhebung erwähnt, steht der Annahme einer Verweisung - auch - auf die Beitragsregelungen des § 10 BetrAVG nicht entgegen. Die Überschrift des § 171d SGB V greift den Kern der sozialversicherungsrechtlichen Regelung auf, nämlich die Haftungsteilung zwischen dem GKV und dem Beklagten. Die dem Betriebsrentengesetz zu entnehmenden beitragsrechtlichen Folgen musste sie gerade wegen der Verweisung nicht zusätzlich ansprechen.

32cc) Der Sinn und Zweck des § 10 Abs. 3 BetrAVG und der Verweisung des § 171d Abs. 3 Satz 1 SGB V (auch) auf diese Vorschrift gebieten ebenfalls eine Auslegung, die sicherstellt, dass in die Beitragsbemessung nur die vom Beklagten zu sichernden Ansprüche und Anwartschaften einfließen.

33Die Beitragsbemessung gemäß § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG dient der solidarischen Verteilung des Beitragsbedarfs auf die insolvenzsicherungspflichtigen Arbeitgeber unter Berücksichtigung des vom Beklagten zu sichernden abstrakten Insolvenzrisikos des jeweiligen Durchführungsweges ( - NVwZ 2012, 1535 <1540> - juris Rn. 50; 8 C 40.09 - Buchholz 437.1 BetrAVG Nr. 20 - juris Rn. 41 ff.). Die nach den Durchführungswegen differenzierenden Regeln zur Beitragsverteilung nach § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 bis 4 BetrAVG knüpfen an Merkmale wie den Teilwert der Pensionsverpflichtung, das geschäftsplanmäßige Deckungskapital oder die Deckungsrückstellung an, die einen Bezug zum jeweiligen Sicherungsvolumen aufweisen. Damit wäre es nicht zu vereinbaren, in die Beitragsbemessung Haftungsrisiken einzubeziehen, die gesetzlich nicht dem Beklagten, sondern dem GKV zugewiesen sind.

34c) Der danach für die Beitragsbemessung gemäß § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG maßgebliche, nach § 171d Abs. 3 Satz 1 SGB V vom Beklagten zu sichernde Teil der Pensionsverpflichtung entspricht der Differenz zwischen der gesamten, durch laufende Versorgungsansprüche und unverfallbare Zusagen begründeten Pensionsverpflichtung und dem in die Haftung des GKV fallenden Anteil dieser Verpflichtung. Dieser Anteil umfasst nach § 171d Abs. 1 Satz 1 SGB V die bis zum entstandenen Altersversorgungsverpflichtungen, also die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Versorgungsansprüche und -anwartschaften. Ihnen stellt § 171d Abs. 3 Satz 1 SGB V die vom Beklagten zu sichernden Ansprüche und Anwartschaften aus Versorgungszusagen gegenüber, die nach dem entstanden sind. Gemeint sind damit nicht nur Ansprüche und Anwartschaften aus Zusagen, die nach diesem Tag erteilt wurden, sondern auch die erst nach diesem Tag entstandenen Ansprüche und Anwartschaften aus früher erteilten Versorgungszusagen. Darauf deutet bereits der Wortlaut der Vorschrift hin, da Zusagen - im Unterschied zu Anwartschaften und Ansprüchen - nicht entstehen, sondern nur erteilt werden können. Den mit dem Zeitpunkt der Zusagenerteilung nicht zwangsläufig zusammenfallenden Entstehungszeitpunkt der Anwartschaften und Ansprüche für maßgeblich zu halten, entspricht auch dem systematischen Zusammenhang von § 171d Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SGB V und dem Zweck dieser Regelungen, das Haftungsvolumen restlos zwischen dem GKV und dem Beklagten aufzuteilen, damit keine Sicherungslücke entsteht.

35Inwieweit eine unverfallbare Versorgungszusage nach § 171d Abs. 1 Satz 1 SGB V bereits bis zum Ansprüche und Anwartschaften begründet hat, ist der jeweiligen Zusage zu entnehmen und gegebenenfalls durch deren Auslegung zu ermitteln. Da die Entstehung eines Versorgungsanspruchs keine Fälligkeit voraussetzt (vgl. - juris Rn. 18), schließt ein Fälligkeitszeitpunkt nach dem die Haftung des GKV nicht aus. Maßgebend ist stets, ob die Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruchs oder der Anwartschaft auf eine konkrete Versorgungsleistung bereits bis zum oder erst nach diesem Zeitpunkt vorlagen. Wird etwa eine Versorgungszusage nach diesem Zeitpunkt durch Aufstocken der versprochenen Leistung geändert, haftet der GKV nur für die Versorgungsanwartschaft nach Maßgabe der am bestehenden Zusage. Für die erst durch eine spätere Änderung begründete Anwartschaft auf Leistungen in Höhe des Aufstockungsbetrages haftet dagegen nach § 171d Abs. 3 Satz 1 SGB V der Beklagte. Gleiches gilt bei sonstigen konstitutiven, den Anspruchs- oder Anwartschaftsumfang erhöhenden Maßnahmen nach dem , etwa bei Beförderungen, die eine Erhöhung der Versorgungsanwartschaft zur Folge haben. Selbst wenn sich bereits aus der Zusage ergibt, dass jede künftige Beförderung sich - etwa wegen der Anknüpfung der Versorgungshöhe an das jeweilige Endgehalt - versorgungserhöhend auswirken wird, entsteht die Anwartschaft auf die höhere Versorgung erst mit dem Wirksamwerden der Beförderung.

36d) Auf den gemäß § 171d Abs. 3 Satz 1 SGB V vom Beklagten zu sichernden Teil der gesamten Pensionsverpflichtung sind die Regeln der Teilwertberechnung gemäß § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG i.V.m. § 6a Abs. 3 EStG unverändert anzuwenden. Stattdessen eine feste Quotierung des Teilwerts der gesamten Pensionsverpflichtung entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG vorzunehmen, entspricht der gesetzlichen Regelung ebenso wenig wie die von der Klägerin vertretene gleitende Teilwertquotierung oder die hilfsweise geforderte Verschiebung des Teilwertbeginns auf den .

37aa) Die in § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG für Direktzusagen vorgeschriebene Teilwertberechnung gemäß § 6a Abs. 3 EStG differenziert danach, ob das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers noch besteht (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG), oder ob es bereits beendet oder der Versorgungsfall eingetreten ist (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG). In den beiden zuletzt genannten Fällen bestimmt das Gesetz den Teilwert der Pensionsverpflichtung nach dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen zum jeweiligen Berechnungsstichtag (§ 6a Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 2 EStG, § 10 Abs. 3 Halbs. 1 BetrAVG). Der Barwert errechnet sich durch Diskontieren des versicherungsmathematisch zu ermittelnden Gesamtbetrags der künftigen Pensionsleistungen mit dem gesetzlichen Zinssatz von 6 % auf den jeweiligen Stichtag (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 EStG). In den Fällen der Haftungsteilung gemäß § 171d Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SGB V, in denen die Pensionsverpflichtung gemäß § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG nur den vom Beklagten zu sichernden Teil der künftigen Pensionsleistungen umfasst, hat die Barwertberechnung nur den Gesamtbetrag der in die Haftung des Beklagten fallenden künftigen Leistungen zum Gegenstand. Das sind die Leistungen, die zur Erfüllung nach dem entstandener Versorgungsansprüche und -anwartschaften zu erbringen sind.

38Bei noch bestehenden Dienstverhältnissen vor Eintritt des Versorgungsfalls bestehen noch keine Versorgungsansprüche, sondern lediglich Versorgungsanwartschaften. In diesem Fall errechnet sich der Teilwert nach der Barwertdifferenzmethode des § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG. Dabei sind ebenfalls die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik und der gesetzliche Rechnungszinsfuß von 6 % anzuwenden (§ 6a Abs. 3 Satz 3 EStG). Ausgangspunkt der Berechnung ist wiederum der Gesamtbetrag der künftigen Pensionsleistungen (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 EStG). Das ist der Gesamtbetrag der Versorgungsleistungen, die bei regulärem Versorgungsbeginn aufgrund der (unverfallbaren, vgl. § 10 Abs. 3 Halbs. 1 i.V.m. § 1b BetrAVG) Versorgungsanwartschaft zu erbringen sind. Zunächst wird der Barwert dieses Betrages zum Berechnungsstichtag ermittelt. Von diesem Anschaffungsbarwert ist anschließend der auf denselben Stichtag zu ermittelnde Prämienbarwert abzuziehen. Das ist der Barwert fiktiver, vom Beginn der Dienstzeit bis zum regulären Versorgungsbeginn gleich bleibender Jahresbeträge (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 1, 3 und 5 f. EStG). Damit wird der Gesamtaufwand der zu erbringenden Pensionsleistungen rechnerisch auf die gesamte Dienstzeit verteilt und der Aufwand mit dem Ertrag der entsprechenden Arbeitsleistung verrechnet (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs des Betriebsrentengesetzes vom , BT-Drs. 7/1281 S. 39; - BFHE 153, 381 <385> - juris Rn. 20 und vom - I R 25/98 - DStZ 2001, 172 - juris Rn. 10). Die Barwertdifferenzmethode diskontiert also den Gesamtbetrag der bei regulärem Versorgungsbeginn zu erbringenden Versorgungsleistungen über die gesamte, mit der regulären Dienstzeit des Arbeitnehmers gleichgesetzte Laufzeit der Zusage (vgl. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 und 5 f. EStG). Damit bildet der Teilwert die Höhe der Rücklagen ab, die zum jeweiligen Berechnungsstichtag gebildet sein müssten, um die Erfüllung der Versorgungsverpflichtungen bei gleich bleibenden jährlichen Zuführungen zur Rücklage und laufender gesetzlicher Verzinsung in der Zeit vom Dienstzeitbeginn bis zum regulären Versorgungsbeginn zu finanzieren.

39In den Fällen der Haftungsteilung gemäß § 171d Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SGB V sind auch der diskontierenden Teilwertberechnung bei noch bestehenden Dienstverhältnissen nach § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG i.V.m. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG nicht die gesamten künftigen Pensionsleistungen zugrunde zu legen, sondern nur der vom Beklagten zu sichernde Teil dieser Leistungen. Das ist der Betrag der künftigen Pensionsleistungen aus den nach dem entstandenen Versorgungsansprüchen und -anwartschaften der noch nicht ausgeschiedenen Arbeitnehmer.

40Weitergehende Modifizierungen der Teilwertberechnung zur Anpassung der Beitragsbemessung an die Haftungsteilung zwischen dem GKV und dem Beklagten finden im Gesetz keine Grundlage.

41bb) § 2 Abs. 1 BetrAVG, der dem Arbeitnehmer bei vorzeitigem Ausscheiden mindestens die zeitanteilige Quote der zugesagten Versorgungsleistungen sichert und der vom Beklagten auch in Fällen des Statuswechsels von Arbeitnehmern herangezogen wird, ist nicht analog anzuwenden, weil keine planwidrige gesetzliche Regelungslücke vorliegt. Der Gesetzgeber hat die für die Anpassung der Beitragsbemessungsgrundlage maßgebliche Haftungsverteilung zwischen dem GKV und dem Beklagten in § 171d Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SGB V eindeutig normiert. Die beitragsrechtlichen Auswirkungen ergeben sich, wie oben dargelegt, aus der wortlautkonformen, systematischen und teleologischen Interpretation des Tatbestandsmerkmals der Pensionsverpflichtung gemäß § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG, die auch dem entstehungsgeschichtlich belegten Willen des Gesetzgebers entspricht. Danach ist der vom Beklagten zu sichernde Teil der Pensionsverpflichtung maßgeblich, der sich in den Fällen des § 171d Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SGB V nach dem Entstehungszeitpunkt der Versorgungsansprüche und -anwartschaften bestimmt.

42Eine zeitanteilige feste Quotierung des Teilwerts entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG würde die Berechnung vereinfachen, bei nicht-linearen Anwartschaftsverläufen aber - teils erheblich - von der gesetzlichen Differenzierung abweichen. Werden vor dem erteilte Zusagen nach diesem Tag erheblich aufgestockt oder wurden - umgekehrt - sämtliche Anwartschaften und Ansprüche aus einer über das Jahr 2009 hinaus laufenden Zusage vor diesem Tag begründet, entspräche die feste Quotierung nicht mehr der gesetzlichen Haftungsteilung. Soweit Versorgungsverpflichtungen in überproportionalem Umfang erst nach dem entstehen, würden sie überdies das Haftungsvolumen des GKV nachträglich erhöhen. Das widerspräche dem Zweck des § 171d Abs. 1 Satz 1 SGB V und dem Willen des Gesetzgebers, die Haftung des GKV auf die bereits mit Ablauf dieses Stichtags begründeten Anwartschaften und Ansprüche zu begrenzen (vgl. BT-Drs. 16/9559 S. 21 f. zu § 171d Abs. 1 und 3 SGB V).

43cc) Die gleitende Quotierung des Teilwerts der gesamten Pensionsverpflichtung, die die Klägerin in den Fällen der Haftungsteilung zur Teilwertberechnung bei laufenden Anwartschaften vorschlägt, ist ebenfalls nicht mit § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG i.V.m. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG, § 171d Abs. 3 Satz 1 SGB V zu vereinbaren. Während die gesetzlich vorgeschriebene Teilwertberechnung eine Diskontierung der bei regulärem Versorgungsbeginn bestehenden, vom Beklagten zu sichernden Pensionsverpflichtung über die gesamte Dienstzeit verlangt, setzt die gleitende Quotierung des Teilwerts erst mit dem ein und vollzieht das jährliche Anwachsen des Barwerts der Anwartschaft ab diesem Zeitpunkt nach.

44Dabei übersieht sie, dass eine Aufteilung des Teilwerts nach dem Maßstab der in die Haftung des GKV und des Beklagten fallenden Pensionsverpflichtungen an deren Höhe, also den Betrag der bei regulärem Versorgungsbeginn jeweils zu erbringenden künftigen Leistungen anknüpfen muss und nicht an den relativen Zuwachs des Barwerts während der Laufzeit der Anwartschaft anknüpfen kann. Das Verhältnis der Haftungsanteile zueinander bestimmt sich nach dem Verhältnis der jeweils zu sichernden Gesamtbeträge und nicht nach dem relativen Zuwachs des Haftungsrisikos des Beklagten im Zeitraum vor dem regulären Versorgungsbeginn. Die diesen Zuwachs abbildende gleitende Quotierung des Teilwerts führt insbesondere in den ersten Jahren nach der Haftungszäsur 2009/2010 zu Ergebnissen, die deutlich unter denjenigen der gesetzlich vorgesehenen Teilwertermittlung liegen.

45dd) Die von der Klägerin hilfsweise vorgeschlagene Verschiebung des Teilwertbeginns auf den ist ebenfalls nicht mit § 10 Abs. 3 Halbs. 2 Nr. 1 BetrAVG i.V.m. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG zu vereinbaren. Sie findet keinen Anhaltspunkt im Gesetz und widerspricht der vorgeschriebenen Annahme über die gesamte Dienstzeit hinweg gleich bleibender Jahresbeträge (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 und 5 f. EStG). Die Verschiebung des Teilwertbeginns oder eine andere Modifizierung der in § 6a Abs. 3 EStG normierten Berechnungsregeln sind auch nicht erforderlich, um der durch § 171d Abs. 3 Satz 1 SGB V eingeschränkten Haftung des Beklagten Rechnung zu tragen. Diese wird schon bei der Bestimmung des Ausgangspunkts der Diskontierung berücksichtigt, weil die Barwertberechnung nur den vom Beklagten zu sichernden Teil der künftigen Pensionsleistungen zugrunde legt (vgl. Rn. 25 ff.). Eine - nochmalige - Berücksichtigung der Haftungsbeschränkung durch weitere Modifizierungen würde zu einer gesetzlich nicht gedeckten Minderung der Beitragsbemessungsgrundlage führen.

46e) Die Berücksichtigung der Haftungsteilung - nur - durch die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Pensionsverpflichtung im Sinne der vom Beklagten zu sichernden Pensionsverpflichtung verletzt weder den Äquivalenzgrundsatz noch sonstiges höherrangiges Recht.

47Der Äquivalenzgrundsatz ist im Betriebsrentenrecht nur eingeschränkt anzuwenden. Die Erhebung des Insolvenzsicherungsbeitrags gemäß § 10 BetrAVG ist - unabhängig von dessen Einordnung als Beitrag oder als Sonderabgabe - verfassungskonform als solidarische Umlage und nicht als Versicherung eines individuellen Risikos ausgestaltet ( - NVwZ 2012, 1535 <1537> - juris Rn. 27 ff., 38; 8 C 27.12 - BVerwGE 149, 170 Rn. 22 ff. je m.w.N.). Daher steht der Äquivalenzgrundsatz einer Insolvenzsicherungsbeitragserhebung nur entgegen, wenn der Beitrag in einem groben Missverhältnis zum gebotenen Vorteil steht oder den Betroffenen im Verhältnis zu anderen Beitragspflichtigen übermäßig belastet. Beides trifft bei einer Teilwertberechnung auf der Grundlage des vom Beklagten nach § 171d Abs. 3 Satz 1 SGB V zu sichernden Teils der Pensionsverpflichtung nicht zu. Sie führt nicht zu einem groben Missverhältnis des Beitrags zum gebotenen Vorteil, weil eine "Übersicherung" des Beklagten durch die Begrenzung der Beitragserhebung auf die Deckung des Sicherungsbedarfs gemäß § 10 Abs. 2 BetrAVG ausgeschlossen ist und der Beitragssatz sich regelmäßig im niedrigen einstelligen Promillebereich bewegt ( - NVwZ 2012, 1535 <1538> - juris Rn. 36 ff.; 8 C 27.12 - BVerwGE 149, 170 Rn. 16 ff., 22 je m.w.N.). Die Teilwertberechnung nach dem vom Beklagten zu sichernden Teil der Pensionsverpflichtung belastet die Klägerin im Verhältnis zu anderen Beitragspflichtigen auch nicht übermäßig. Vielmehr gewährleistet sie die Gleichbehandlung der insolvenzfähig gewordenen Krankenkassen mit anderen beitragspflichtigen Arbeitgebern, die Direktzusagen in gleicher Höhe und mit gleichem Anwartschaftsverlauf erteilt haben. Dagegen würden die von der Klägerin vorgeschlagenen Berechnungsansätze die Höhe der von ihr zu zahlenden Beiträge gegenüber der Beitragsbelastung anderer Unternehmen mit vergleichbaren Direktzusagen wesentlich mindern.

48Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt danach ebenfalls nicht vor. Ob die Klägerin sich als Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auf die Berufs- und die Eigentumsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG berufen kann, muss nicht geklärt werden, weil die Schutzbereiche dieser Grundrechte durch die Erhebung des Insolvenzsicherungsbeitrags nicht berührt werden. Art. 2 Abs. 1 GG ist jedenfalls nicht verletzt, weil die Beitragsbemessung nach dem vom Beklagten zu sichernden Teil der Pensionsverpflichtung nicht zu einer unverhältnismäßigen Beitragsbelastung führt. Sie ist geeignet und erforderlich, die Beitragshöhe unter Berücksichtigung des vom Beklagten übernommenen Sicherungsvolumens zu bestimmen und der Beitragsbemessung - ebenso wie bei Direktzusagen anderer Beitragspflichtiger - den Betrag zugrunde zu legen, der zur Finanzierung der vom Beklagten zu sichernden Leistungen nach den gesetzlichen Diskontierungsvorgaben benötigt würde. Selbst wenn der daraus resultierende Beitrag in den ersten Jahren nach der Haftungszäsur um ein Vielfaches über dem von der Klägerin für rechtmäßig gehaltenen minimalen Beitrag liegen sollte, folgt daraus keine Unangemessenheit der Beitragsfestsetzung. Das Verhältnismäßigkeitsgebot verlangt nicht, die Haftungszäsur wie die Neuerteilung einer Zusage zu behandeln und die Klägerin, die bis Jahresende 2009 keine Insolvenzsicherungsbeiträge für die von ihr erteilten Zusagen entrichten musste, so zu stellen, als habe nicht nur ihre Beitragspflicht, sondern auch die Entwicklung der Anwartschaften aus den in der Vergangenheit erteilten Zusagen erst 2010 begonnen.

49Inwieweit die konkret erfolgte Festsetzung der Jahresbeiträge für 2010 und 2011 der Höhe nach rechtmäßig war, lässt sich auf der Grundlage der vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen nicht entscheiden.

50Der Beitragsfestsetzung für 2010 steht jedenfalls nicht entgegen, dass die Klägerin zum für die Beitragsbemessung maßgeblichen Stichtag noch nicht insolvenzfähig und deshalb noch nicht beitragspflichtig war. Entgegen dem Berufungsurteil liegt insoweit auch keine Regelungslücke vor. Die Stichtagsregelung des § 10 Abs. 3 Halbs. 2 BetrAVG betrifft die Bemessung des nach § 10 Abs. 1 BetrAVG geschuldeten Beitrags. Dazu verweist sie auf Daten eines in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkts, ohne vorauszusetzen, dass seinerzeit schon eine Beitragspflicht bestand.

51Mangels Feststellungen zum Umfang des Haftungsanteils des GKV und zur versicherungsmathematischen Berechnung des Teilwerts des verbleibenden, vom Beklagten zu sichernden Teils der Pensionsverpflichtung kann nicht beurteilt werden, ob die Beitragsfestsetzung die Klägerin trotz der fehlerhaften Berechnung nicht in eigenen Rechten verletzte, weil eine zutreffende Berechnung keine niedrigere Festsetzung zur Folge hätte. Die Sache muss daher gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO an die Vorinstanz zurückverwiesen werden, damit geklärt werden kann, welche Beitragsbemessungsgrundlage sich bei einer Teilwertberechnung des vom Beklagten zu sichernden Teils der Pensionsverpflichtung jeweils für 2010 und 2011 ergibt und welche Beitragshöhe nach dem Beitragssatz des jeweiligen Jahres daraus folgt.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2017:080217U8C2.16.0

Fundstelle(n):
ZIP 2017 S. 1239 Nr. 25
CAAAG-46975