BFH Beschluss v. - X B 7/01

Gründe

Das Rechtsmittel ist teils unbegründet, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen, teils unzulässig, weil die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) innerhalb der Beschwerdefrist ihrer Darlegungspflicht nach § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der insoweit für den Streitfall maßgeblichen, bis zum geltenden Fassung —a.F.— (s. Art. 4 und 6 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom , BGBl I 2000, 1757; dazu: Spindler, Der Betrieb —DB— 2001, 61, 65) nicht nachgekommen sind.

1. Von vornherein unbeachtlich in diesem Verfahren sind Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils (s. dazu z.B. den , BFH/NV 2000, 1219; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 115 Rz. 58 und 62, m.w.N.). Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist nur dargetan i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F., soweit die Kläger in ihrer Beschwerdebegründung substantiiert und in sich schlüssig eine konkrete, in diesem Verfahren entscheidungserhebliche Rechtsfrage herausgearbeitet haben, an deren Klärung ein allgemeines, über das Interesse der Beteiligten am Ausgang dieses Verfahrens hinausreichendes Interesse besteht (BFH-Beschlüsse vom X B 10/99, BFH/NV 2000, 434, und vom X B 86/00, BFH/NV 2001, 475; Gräber, a.a.O., Rz. 7 ff. und 61 f.). In gesteigertem Maße gilt dies hinsichtlich solcher Rechtsfragen, die als prinzipiell geklärt anzusehen sind (BFH-Beschlüsse vom X B 37/99, BFH/NV 2000, 59, und vom VI B 99/99, BFH/NV 2001, 629) - wie etwa auch die in der Beschwerdeschrift angesprochenen Fragen der Wiedereinsetzung im Allgemeinen (BFH in BFH/NV 2000, 59) und im Rahmen des § 126 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) im Besonderen (, BFH/NV 1999, 1313).

2. Den Klägern mag zugebilligt werden, dass zur Frage, inwieweit Schätzungsbescheide i.S. des § 162 AO 1977 einer ausführlicheren Begründung bedürfen, generell noch Klärungsbedarf besteht (s. z.B. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 162 AO 1977 Rz. 77). Die schriftliche Begründung des angefochtenen Urteils und der sonstige Akteninhalt ergeben aber, dass es insoweit im Streitfall am Erfordernis der Klärungsfähigkeit (Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 10 f., m.w.N.) fehlt, weil hier weitere Erkenntnisse zu diesem Thema nicht zu erwarten sind. Die Klärung der Frage, ob die angefochtenen Korrekturbescheide hier ausreichend begründet waren, kann nach Lage der Dinge unter keinem denkbaren Gesichtspunkt entscheidungserheblich werden: Da der Einspruch unstreitig verspätet eingelegt war (wie auch die Klägerin selbst schon in ihrem Schreiben vom eingeräumt hatte) und die fehlende oder unvollständige Begründung eines Verwaltungsakts grundsätzlich allenfalls zu dessen Anfechtbarkeit, nicht aber zu dessen Nichtigkeit führt (s. z.B. Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 121 AO 1977 Rz. 40, 89 und 185 ff.), könnte ein Erkenntnisbeitrag zu der von den Klägern für rechtsgrundsätzlich bedeutsam erachteten Frage im Streitfall nur geleistet werden, wenn Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hätte gewährt werden müssen und man auf diese Weise zu einer entsprechenden Sachprüfung und Sachentscheidung gelangen könnte (näher dazu: Gräber, a.a.O., § 44 Rz. 15 ff., m.w.N.). Für die allgemeinen Voraussetzungen des § 110 AO 1977 indessen ist (vor allem rechtzeitig und substantiiert) nichts dargetan oder gar glaubhaft gemacht worden (s. Urteil des Finanzgerichts —FG— S. 5 ff.), hinsichtlich der speziellen des § 126 Abs. 3 AO 1977 fehlt jeder greifbare Anhaltspunkt dafür, dass ein etwaiges Begründungsdefizit für die Versäumung der Einspruchsfrist ursächlich gewesen sein könnte (zu diesem speziellen Erfordernis in § 126 Abs. 3 Satz 1: , BFHE 143, 106, BStBl II 1985, 601, und vom IX R 158/85, BFH/NV 1989, 561, 562), die Kläger also infolge eines solchen Mangels etwa die mit den Änderungsbescheiden verbundene Beschwer nicht erkannt hätten oder hätten erkennen können bzw. überhaupt in einen (entschuldbaren) Irrtum über die Notwendigkeit rechtzeitiger Anfechtung und deren Modalitäten versetzt worden wären, über die sie ja auch in den Bescheiden ausreichend belehrt worden waren. Auch die Beschwerdeschrift enthält zu diesem Punkt nur in diesem Verfahren unbeachtliche Einwände gegen die Richtigkeit des FG-Urteils (s. dazu unter 1.).

3. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung ist nicht ordnungsgemäß erhoben, weil offen bleibt, welche aus der materiell-rechtlichen Sicht des FG entscheidungserheblichen Umstände genau noch hätten aufgeklärt werden müssen und inwiefern dann die Sachentscheidung anders hätte ausfallen können (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2001, 475; vom XI B 38/00, BFH/NV 2001, 478, 479; vom I B 8/00 BFH/NV 2001, 624; Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 65, § 120 Rz. 38). Die Rüge unterlassener Beweiserhebung scheitert zudem gemäß § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung an einem entsprechenden Verzicht, der jedenfalls darin zu sehen ist, dass die —fachkundig vertretenen— Kläger in der mündlichen Verhandlung sich darauf beschränkt haben, einen Sachantrag zu stellen (dazu näher: BFH-Beschlüsse vom V B 132/99, BFH/NV 2000, 762; vom VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597, und vom VI B 234/99, BFH/NV 2000, 860, 861).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
FAAAA-66461