OFD Frankfurt/M. - S 2221 A - 46 - St 218

Abzug von Kirchenbeiträgen wie Kirchensteuern

1. Allgemeines

Nach R 10.7 Abs. 1 EStR können Beiträge der Mitglieder von Religionsgemeinschaften, die mindestens in einem Bundesland als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt sind, aber während des ganzen Kalenderjahres keine Kirchensteuer erheben, wie Kirchensteuern abgezogen werden. Der höchstmögliche Abzug beträgt 9 v. H. der festgesetzten Einkommensteuer auf das um die Beiträge geminderte zu versteuernde Einkommen; § 51a Abs. 1 und 2 EStG ist anzuwenden ( BStBl 2002 II, 201).

Kirchenbeiträge, die nicht wie Kirchensteuer abgezogen werden, sind im Rahmen des § 10b Abs. 1 EStG als Zuwendung (Spende) zur Förderung kirchlicher bzw. religiöser Zwecke abzugsfähig. Der Abzug wie Kirchensteuer ist daher nur zu prüfen, wenn kein vollständiger Spendenabzug möglich ist.

2. Voraussetzung

Die Voraussetzungen für den Abzug wie Kirchensteuer sind vom Steuerpflichtigen nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Hierzu hat der Steuerpflichtige eine Empfangsbestätigung der Religionsgemeinschaft über die geleisteten Beiträge und den Nachweis vorzulegen, dass diese als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt ist. Soweit ein Steuerpflichtiger den Abzug von freiwilligen Zahlungen an eine der in den nachfolgenden Verzeichnissen aufgeführten Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaften beantragt, gilt dieser Nachweis als erbracht. In Zweifelsfällen bitte ich zu berichten (ggf. telefonisch).

Als Anlage zu dieser Rundverfügung ist ein Verzeichnis der in Hessen als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religions- und Weltanschauungsgesellschaften beigefügt.

Verzeichnisse der in anderen Bundesländern als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften finden sich auf den Seiten des Bundesministeriums des Innern (http://www.personenstandsrecht.de/PERS/DE/Themen/Informationen/Religionsgemeinschaften/religionsgemeinschaften_node.html).

3. Berechnung

Bei der Berechnung des Abzugsbetrags ergibt sich insoweit ein rechnerisches Problem, als die berücksichtigungsfähigen Kirchenbeiträge das zu versteuernde Einkommen und damit die festzusetzende Einkommensteuer mindern, nach der sich der wie Kirchensteuern abzugsfähige Betrag bemisst. Der Abzugsbetrag ist daher durch eine Probeberechnung näherungsweise zu ermitteln.

3.1 Ermittlung des Spendenabzugs

Zunächst ermittelt man den Teil der Kirchenbeiträge, der als Spende abgezogen werden kann. Das sind i. d. R. bis zu 20 v. H. des Gesamtbetrags der Einkünfte, wenn nicht der Höchstbetrag bereits durch andere Spenden ausgeschöpft wird.

Hierzu sind die Kirchenbeiträge im Rahmen einer Probeberechnung zunächst in voller Höhe (neben ggf. weiterer Spenden) in Kz. 52.123 einzugeben.

Soweit die Kirchenbeiträge nicht als Spenden abgezogen werden können, ist der Abzug wie Kirchensteuer zu prüfen.

3.2 Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Abzug der Kirchenbeiträge wie KiSt

Die sich aus dem nach § 51a Abs. 1 und 2 EStG korrigierten z. v. E. ergebende tarifliche Einkommensteuer bildet die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der abziehbaren Kirchenbeiträge. Für die Berechnung gilt:

  • Ausgangsgröße ist das Einkommen ohne Abzug der Kirchenbeiträge wie KiSt, jedoch mit Spendenabzug (vgl. Tz. 3.1)

  • Kinderfreibeträge werden immer abgezogen,

  • steuerfreie Teileinkünfte (§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG) werden hinzugerechnet bzw. abgezogen,

  • die Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb i. S. v. § 35 EStG ist nicht anzuwenden.

Die Bemessungsgrundlage entspricht der Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag aus der unter Tz. 3.1 durchgeführten Probeberechnung.

3.3 Ermittlung der vorläufig abzugsfähigen Kirchenbeiträge

Die vorläufig abzugsfähigen Kirchenbeiträge ergeben sich durch Multiplikation des in Hessen geltenden Kirchensteuersatzes von 9 v. H. mit der ermittelten Bemessungsgrundlage.

Bemessungsgrundlage × 9 v. H. = vorläufig abzugsfähige Kirchenbeiträge

Die vorläufig abzugsfähigen Kirchenbeiträge sind allerdings zu hoch, weil die Bemessungsgrundlage noch nicht um die wie KiSt berücksichtigungsfähigen Kirchenbeiträge gemindert wurde. Aus diesem Grund sind weitere Berechnungen notwendig.

3.4 Ermittlung der zweiten Bemessungsgrundlage

Wie unter 3.2 ist erneut eine Probeberechnung durchzuführen unter Berücksichtigung der im vorangegangenen Rechenschritt ermittelten vorläufig abzugsfähigen Kirchenbeiträge.

Hierzu sind die vorläufig abzugsfähigen Kirchenbeiträge in Kz. 52.103 einzugeben. Als zweite Bemessungsgrundlage kann wieder auf die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag zurückgegriffen werden.

3.5 Ermittlung der genäherten Kirchenbeiträge

Zweite Bemessungsgrundlage × 9 v. H. = genäherte Kirchenbeiträge

3.6 Ermittlung der abzugsfähigen Kirchenbeiträge

Das Näherungsverfahren ist nach diesem Schema so lange vorzunehmen, bis eine Übereinstimmung der Werte erreicht wird.

3.7 Korrektur des Spendenabzugs

Für die Berücksichtigung der Kirchenbeiträge im Rahmen des § 10b EStG sind die Beiträge um die im vorangegangenen Rechenschritt wie Kirchensteuer abzugsfähige Kirchenbeiträge zu mindern und die Differenz (neben ggf. weiterer Spenden) in Kz. 52.123 einzugeben.

4. Beispiel:

A ist ein alleinstehendes Mitglied der Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten. Im Jahr 2016 zahlte er 11.000 € an Kirchenbeiträgen. Weitere Beträge spendet er nicht. Der Gesamtbetrag der Einkünfte des A beträgt 50.000 €, die weiteren Sonderausgaben betragen 2.000 €.

Lösung:

Spendenabzug

A kann die Kirchenbeiträge in Höhe von 20 v. H. von 50.000 € = 10.000 € als Spenden abziehen.

Für die verbleibenen Kirchenbeiträge i. H. v. 1.000 € ist der Abzug auf den Betrag der fiktiven Kirchensteuer (9 v. H. der Einkommensteuer für das korrigierte zu verssteuernde Einkommen) begrenzt.

Bemessungsgrundlage für den Abzug der Kirchenbeiträge wie KiSt

Die Bemessungsgrundlage entspricht, da vorliegend keine Korrekturen gem. § 51a Abs. 2 EStG vorzunehmen sind, bei einem zu versteuernde Einkommen von 38.000 € (nach Abzug der als Spenden abzugsfähigen Kirchenbeiträge in Höhe von 10.000 € und weiteren Sonderausgaben von 2.000 €, aber vor Abzug des wie Kirchensteuer abzugsfähigen Teilbetrags) der tariflichen Einkommensteuer von 8.118 €.

Vorläufig abzugsfähige Kirchenbeiträge

8.118 € × 9 v. H. = 730,62 €

Zweite Bemessungsgrundlage


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z. v. E. alt
 
38.000,00 €
./. vorläufig abzugsfähige Kirchenbeiträge
./. 730,62 €
 
= z. v. E. neu
37.269,38 €
 

Die Bemessungsgrundlage beträgt bei einem z. v. E. von 37.269,38 € und einer tariflichen Einkommensteuer von 7.864 € mangels Korrekturen gem. § 51a Abs. 2 EStG ebenfalls 7.864 €.

Genäherte Kirchenbeiträge

7.864 € × 9 v. H. = 707,76 €

Dritte Bemessungsgrundlage


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z. v. E. alt
 
38.000,00 €
./. genäherte Kirchenbeiträge
./. 707,76 €
 
= z. v. E. neu
37.292,24 €
 

Die Bemessungsgrundlage beträgt bei einem z. v. E. von 37.292,24 € und einer tariflichen Einkommensteuer von 7.872 € mangels Korrekturen gem. § 51a Abs. 2 EStG ebenfalls 7.872 €.

Zweite Näherung der Kirchenbeiträge

7.872 € × 9 v. H. = 708,48 €

Vierte Bemessungsgrundlage


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z. v. E. alt
 
38.000,00 €
./. zweite Näherung der Kirchenbeiträge
./. 708,48 €
 
= z. v. E. neu
37.291,52 €
 

Die Bemessungsgrundlage beträgt bei einem z. v. E. von 37.291,52 € und einer tariflichen Einkommensteuer von 7.872 € mangels Korrekturen gem. § 51a Abs. 2 EStG ebenfalls 7.872 €.

Vorliegend ist die Bemessungsgrundlage mit der aus dem vorangegangen Schritt identisch. Das Näherungsverfahren ist daher abgeschlossen. Die zweite Näherung der Kirchenbeiträge entspricht den berücksichtigungsfähigen Kirchenbeiträgen.

Ergebnis: 7.872 € × 9 v. H. = 708,48 € = als fiktive Kirchensteuer berücksichtigungsfähige Kirchenbeiträge (Kz. 52.103)


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Kirchenbeiträge
 
11.000 €
./. wie KiSt zu berücksichtigen
./. 709 €
 
= im Rahmen von § 10b EStG zu berücksichtigen
(Kz. 52.123)
10.291 €
 
./. Spendenabzug
10.000 €
 
= verbleibender Zuwendungsvortrag
291 €
 

Anlage Religionsgemeinschaften in Hessen mit dem Rechtsstatus einer Körperschaft des öffentlichen Rechts


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Name der Religions-/Weltanschauungsgemeinschaft
Tag der Verleihung sowie
Fundstelle im Staatsanzeiger
 
1.
Evangelische Kirche
  1. Evangelische Kirche in Hessen und Nassau [1]
  2. Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck [2]
  3. Evangelische Kirche im Rheinland [3]
 
 
2.
Römisch-katholische Kirche
  1. Diözese Fulda [4]
  2. Diözese Limburg [5]
  3. Diözese Mainz [6]
  4. Erzdiözese Paderborn [7]
 
 
3.
Zentralrat der Juden in Deutschland (Bestätigung)
StAnz S. 196
 
 
 
4.
Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen
 
5.
Jüdische Gemeinden in
 
 
a) Bad Nauheim [8]
(StAnz S. 126)
 
b) Darmstadt [9]
 
c) Frankfurt/M. [10]
 
d) Fulda [11]
(StAnz S. 3162)
 
e) Gießen [12]
(StAnz S. 484)
 
f) Kassel [13]
 
g) Offenbach [14]
(StAnz S. 1618)
 
h) Wiesbaden
(StAnz S. 670)
 
6.
Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland
 
a) Frankfurt/M
(StAnz S. 157)
 
b) Frankfurt am Main-Nordwest
(StAnz S. 653)
 
c) Kassel-Möncheberg
(StAnz S. 1090)
 
d) Kassel-Oberzwehren
(StAnz S. 1248)
 
e) Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Hassenhausen
(StAnz S. 1967)
 
7.
Gemeinden der Ev.-Luth. Freikirche
 
 
a) Steeden/Lahn (Zionsgemeinde)
(StAnz S. 825)
 
b) Allendorf Kreis Gießen
(StAnz S. 826)
 
c) Allendorf Kreis Wetzlar
(StAnz S. 826)
 
d) Frankfurt/M. (Dreieinigkeitsgemeinde)
(StAnz S. 825)
 
e) Limburg (Johannisgemeinde)
(StAnz S. 825)
 
f) Wiesbaden (Dreieinigkeitsgemeinde)
(StAnz S. 826)
 
8.
Selbständige Evangelisch-Lutherische Gemeinden in
 
 
a) Balhorn
(StAnz S. 498)
 
b) Berge-Unshausen
(StAnz S. 498)
 
c) Dreihausen-Heskem
(StAnz S. 660)
 
d) Frankfurt/M.
(StAnz S. 995)
 
e) Homberg
(StAnz S. 659)
 
f) Kassel
(StAnz S. 498)
 
g) Marburg
(StAnz S. 659)
 
h) Melsungen
(StAnz S. 498)
 
i) Oberursel
(StAnz S. 2376)
 
j) Reichelsheim
(StAnz S. 659)
 
k) Rotenberg/Odenwald
(StAnz S. 659)
 
l) Sand
(StAnz S. 498)
 
m) Usenborn
(StAnz S. 659)
 
n) Widdershausen
(StAnz S. 659)
 
o) Wildeck-Obersuhl
(StAnz S. 2138)
 
p) St. Martins-Gemeinde Höchst an der Nidder
 
9.
Humanistische Gemeinschaft Hessen
(StAnz 1952 S. 153)
 
a) Humanistische Gemeinschaft Wiesbaden (Dreieinigkeitsgemeinde)
(StAnz S. 1203)
 
10.
Freireligiöse Gemeinden in
 
 
a) Darmstadt
(StAnz S. 982)
 
b) Mainz [15]
vor 1945
 
c) Offenbach [16]
(StAnz S. 153)
 
d) Rüdesheim
(StAnz S. 153)
 
11.
Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche „Kirchenbezirk Hessen-Süd”
(StAnz S. 1721)
 
12.
Selbständige Evangelische-Lutherische Kirche „Kirchenbezirk Hessen-Nord”
(StAnz S. 1085)
 
13.
Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden
(StAnz S. 818)
 
14.
Bund Freier Evangelischer Gemeinden in Deutschland
(StAnz S. 1136)
 
15.
Christengemeinschaft in Hessen
(StAnz S. 1774)
 
16.
Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft Landesgemeinde Hessen
(StAnz S. 1305)
 
17.
Unitarische Freie Religionsgemeinde Frankfurt am Main
20.12.1859
 
18.
Evangelisch-Methodistische Kirche, Sitz in Frankfurt am Main und Berlin.
(StAnz S. 1599)
 
a) Evangelisch-methodistische Kirche – Distrikt Frankfurt am Main
(StAnz S. 940)
 
19.
Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten, Sitz Berlin
(StAnz S. 1249)
 
20.
Heilsarmee Köln
(StAnz S. 756)
 
21.
Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, Frankfurt am Main.
(StAnz S. 942)
 
22.
Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland, Bonn [17]
04.07.1875
 
23.
Neuapostolische Kirche in Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland mit Sitz in Frankfurt am Main
(StAnz S. 3852)
 
24.
Russisch-Orthodoxe Diözese des orthodoxen Bischofs von Berlin und Deutschland, Sitz in München
 
25.
Vereinigung der Deutschen Mennonitengemeinden in Hessen
1874
 
26.
Wallonisch-Niederländische Gemeinde, Hanau
vor 1945
 
27.
Griechisch-Orthodoxe Metropolie von Deutschland, Sitz in Bonn
(StAnz S. 642)
 
28.
Freie Religionsgemeinschaft mit Sitz in Mainz
05.12.1862
 
29.
Jehovas Zeugen in Deutschland, Sitz Berlin
(StAnz S. 1232)
 
30.
Rumänische Orthodoxe Metropolie für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa
(StAnz. S. 413)
 
31.
Bahá’í – Gemeinde in Deutschland
(StAnz S. 473)
 
32.
Ahmadiyya Muslim Jamaat in Deutschland
(StAnz S. 634)

OFD Frankfurt/M. v. - S 2221 A - 46 - St 218

Fundstelle(n):
IAAAG-44617

1= es wird Kirchen- bzw. Kultussteuer erhoben

2= es wird Kirchen- bzw. Kultussteuer erhoben

3= es wird Kirchen- bzw. Kultussteuer erhoben

4= es wird Kirchen- bzw. Kultussteuer erhoben

5= es wird Kirchen- bzw. Kultussteuer erhoben

6= es wird Kirchen- bzw. Kultussteuer erhoben

7= es wird Kirchen- bzw. Kultussteuer erhoben

8= es wird Kirchen- bzw. Kultussteuer erhoben

9= es wird Kirchen- bzw. Kultussteuer erhoben

10= es wird Kirchen- bzw. Kultussteuer erhoben

11= es wird Kirchen- bzw. Kultussteuer erhoben

12= es wird Kirchen- bzw. Kultussteuer erhoben

13= es wird Kirchen- bzw. Kultussteuer erhoben

14= es wird Kirchen- bzw. Kultussteuer erhoben

15= es wird Kirchen- bzw. Kultussteuer erhoben

16= es wird Kirchen- bzw. Kultussteuer erhoben

17= es wird Kirchen- bzw. Kultussteuer erhoben