Online-Nachricht - Donnerstag, 04.05.2017

Reiserecht | Vogelschlag kann Luftfahrtunternehmen von Ausgleichspflicht befreien (EuGH)

Die Kollision eines Flugzeugs mit einem Vogel ist ein außergewöhnlicher Umstand, der das Luftfahrtunternehmen von seiner Ausgleichspflicht bei großer Verspätung des Fluges befreien kann. Allerdings kann das Luftfahrtunternehmen, wenn ein hierzu autorisierter Fachmann nach der Kollision die Betriebsbereitschaft des betreffenden Flugzeugs festgestellt hat, die Verspätung nicht damit rechtfertigen, dass eine zweite Kontrolle notwendig gewesen sei ().

Sachverhalt: Zwei Passagiere wollten von Bulgarien in die Tschechische Republik reisen. Auf vorangehenden Flugstrecken des eingesetzten Flugzeuges wurde zum einen ein technisches Problem festgestellt, dessen Behebung eine Stunde und 45 Minuten in Anspruch nahm. Anschließend kollidierte das Flugzeug mit einem Vogel, so dass der technische Zustand des Flugzeugs kontrolliert werden musste. Diese Kontrolle wurde zunächst von einer hierzu autorisierten örtlichen Gesellschaft vorgenommen. Der Eigentümer des Flugzeugs bestand jedoch darauf, dass ein anderer Techniker überprüfte, ob das Flugzeug tatsächlich betriebsbereit war. Aufgrund dieser beiden unerwarteten Zwischenfälle hatte der Flug bei der Ankunft in der Tschechischen Republik eine Verspätung von fünf Stunden und 20 Minuten. In der Folge erhoben die beiden Passagiere beim Bezirksgericht Prag Klage gegen das Luftfahrtunternehmen.

Hierzu führte der EuGH weiter aus:

  • Die Kollision eines Flugzeugs mit einem Vogel sowie die dadurch gegebenenfalls verursachte Beschädigung sind nicht untrennbar mit dem System zum Betrieb des Flugzeugs verbunden, so dass eine solche Kollision ihrer Natur oder Ursache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens und von ihm nicht tatsächlich beherrschbar ist. Folglich ist die Kollision eines Flugzeugs mit einem Vogel ein außergewöhnlicher Umstand.

  • Das Luftfahrtunternehmen ist von seiner Ausgleichspflicht nur befreit, wenn es zum einen nachweisen kann, dass die Annullierung des Fluges bzw. dessen Verspätung um drei Stunden oder mehr auf einen außergewöhnlichen Umstand zurückgeht, der sich auch dann nicht hätte vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, und zum anderen, dass alle Maßnahmen ergriffen wurden, um zu verhindern, dass die außergewöhnlichen Umstände, mit denen das Luftfahrtunternehmen konfrontiert war, zur Annullierung des betreffenden Fluges oder zu dessen Verspätung um drei Stunden oder mehr führten.

  • Das betreffende Flugzeug wurde offenbar von einem hierzu autorisierten Fachmann kontrolliert. Unter diesen Umständen war eine zweite Kontrolle des Flugzeugs nicht erforderlich, um sich der Betriebsbereitschaft des Flugzeugs zu vergewissern, so dass die auf einer solchen Kontrolle beruhende Verspätung im Hinblick auf die Ausgleichspflicht gemäß der Verordnung nicht gerechtfertigt werden kann.

  • In dem Fall, dass die große Verspätung eines Flugzeugs nicht nur auf einem außergewöhnlichen Umstand (Kollision des Flugzeugs mit einem Vogel) beruht, sondern auch auf einem anderen Umstand (technisches Problem am Flugzeug), für dessen Eintreten das Luftfahrtunternehmen verantwortlich ist, die auf dem außergewöhnlichen Umstand beruhende Verspätung von der gesamten Verspätungszeit bei Ankunft des Fluges abzuziehen ist, um zu beurteilen, ob die vom Luftfahrtunternehmen zu vertretende Verspätung drei Stunden oder mehr beträgt und deshalb Ausgleichszahlungen für sie zu leisten sind.

Hinweis:

Der Volltext des Urteils ist auf der Homepage des EuGH verfügbar. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung Nr. 44/17 vom 04.05.2017 (Sc)

Fundstelle(n):
NWB AAAAG-44154