BFH Beschluss v. - VII B 46/00

Gründe

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) hat als Konkursverwalter über das Vermögen der X-GmbH im September 1992 eine Umsatzsteuernachforderung für 1986 des Finanzamts (FA) Y wegen Verwertung von Sicherungsgut während des Konkurses durch Banküberweisung aus Mitteln der Masse (zu Lasten des Konkursanderkontos) beglichen, nachdem ihn der Vollziehungsbeamte des FA Z am zwecks Vermeidung der Vollstreckung zur sofortigen Zahlung in Höhe von ... DM aufgefordert hatte. Hinsichtlich der Umsatzsteuerforderung war auch eine Pfändungsverfügung vom ergangen.

Am ist beim Finanzgericht (FG) ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) des Antragstellers in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter der GmbH für eine beabsichtigte Klage eingegangen, mit welcher vom beklagten Bundesland (Beklagter) die gezahlten ... DM nebst 4 % Zinsen seit dem wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückgefordert werden. Einen vorgängigen Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von PKH für einen am beim Landgericht (LG) Z eingereichten inhaltsgleichen Klageentwurf hatte das LG mit der Begründung, dass nicht der Zivilrechtsweg, sondern der Finanzrechtsweg gegeben sei und eine Verweisung im PKH-Verfahren nicht in Betracht komme, mit Beschluss vom…zurückgewiesen.

Das FG wies den PKH-Antrag als unbegründet ab, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Zur Begründung führte es aus, der Antragsteller wende sich in der Sache gegen die erfolgte Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides 1986 im September 1992. Er habe es indes versäumt, sich gegen die im September 1992 erfolgten Vollstreckungsmaßnahmen zu wehren. Er hätte damals die sich aus der Unzulänglichkeit der Konkursmasse ergebende Unzulässigkeit der Vollstreckung des FA in die Konkursmasse mit der Anfechtungsklage geltend machen müssen. Da dies nicht geschehen sei, seien die damals ergangenen Verwaltungsakte zur Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides bestandskräftig geworden und könnten jetzt außerhalb jeglicher Rechtsbehelfsfristen nicht mehr angegriffen werden. Die beabsichtigte Klage sei daher unzulässig.

Mit der vorliegenden Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung der PKH durch das FG verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Er bringt vor, er habe damals nicht aufgrund einer Vollstreckungsmaßnahme, sondern aufgrund der Aufforderung des Vollziehungsbeamten vom zur Abwendung der Vollstreckung Zahlung geleistet. Ein Verwaltungsakt, der hätte angefochten werden können, sei im Zeitpunkt der Zahlung noch nicht ergangen. Daher könne die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Die damalige Zahlung sei ohne Rechtsgrund erfolgt. Das FA sei zur Rückzahlung verpflichtet, weil davon auszugehen sei, dass es in Kenntnis der anderslautenden Rechtsprechung die Vollstreckung angedroht habe.

Der Beklagte beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Er teilt die Auffassung des FG.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Dem Antragsteller kann, wie von der Vorinstanz im Ergebnis zutreffend entschieden, PKH nicht gewährt werden, weil es bei der auch im PKH-Beschwerdeverfahren gebotenen summarischen Prüfung an dem Bewilligungserfordernis der hinreichenden Erfolgsaussicht für das Klageverfahren fehlt (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung).

1. Der Senat kann allerdings die vom FG für die Ablehnung des PKH-Antrags gegebene Begründung nicht teilen. Der Antragsteller hat nämlich unwidersprochen vorgetragen, er habe den in Streit befindlichen Betrag aufgrund der Zahlungsaufforderung des Vollziehungsbeamten vom zur Abwendung der Vollstreckung geleistet, und nicht erst aufgrund der nachfolgenden Pfändungsverfügung vom . Dies erscheint dem Senat nach dem Inhalt der ihm zur Verfügung stehenden Akten auch glaubhaft, wohingegen die Funktion der genannten Pfändungsverfügung für den Streitfall weder aus den Ausführungen des FG noch aus denen der Beteiligten deutlich wird.

In der in Abwesenheit des Antragstellers hinterlassenen schriftlichen Aufforderung des Vollziehungsbeamten vom , den geforderten Betrag in Höhe von ... DM zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung sofort durch Banküberweisung zu zahlen, liegt eine Vollstreckungsankündigung, die nicht den Charakter eines Verwaltungsakts hat und daher auch keine Rechtsfolgen zeitigt und einen Rechtsbehelf des Vollstreckungsschuldners nicht auszulösen vermag (vgl. , BFH/NV 1997, 462). Sie hat lediglich den Sinn, den Schuldner noch einmal auf den Ernst der Situation hinzuweisen und ihm letztmalig die Gelegenheit zu geben, zur Abwendung der Vollstreckung freiwillig die Rückstände zu begleichen (vgl. Müller-Eiselt in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., Vor §§ 259-267 AO 1977 Rz. 5). Mit der (schriftlichen) Aufforderung des Vollziehungsbeamten an den Vollstreckungsschuldner, freiwillig zu zahlen, hat im Übrigen die Vollstreckung im Sinne des Sechsten Teils der Abgabenordnung (AO 1977) noch gar nicht begonnen (vgl. Müller-Eiselt, a.a.O., Rz. 10), was im Streitfall auch dadurch belegt wird, dass in der Zahlungsaufforderung Vollstreckungskosten nicht angesetzt waren.

Da nach Aktenlage davon auszugehen ist, dass der Antragsteller der Zahlungsaufforderung Folge geleistet und die Forderung durch Banküberweisung getilgt hat, hat er nicht aufgrund einer Vollstreckungsmaßnahme geleistet. Seinem Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO 1977 kann daher der Beklagte als Behaltensgrund nicht, wie das FG meint, eine Vollstreckungsmaßnahme, die der Antragsteller durch Nichtanfechtung hat bestandskräftig werden lassen, entgegenhalten. Die nachfolgende Pfändungsverfügung vom , deren Sinn unklar bleibt, kann einen solchen Behaltensgrund nicht nachträglich und rückwirkend auf den Zeitpunkt der Leistung schaffen.

2. Als möglicher Rechtsgrund i.S. des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 für die Steuerzahlung des Antragstellers kommt im Streitfall folglich nur der Umsatzsteuerbescheid 1986 in Betracht. Der Senat kann offen lassen, ob dieser Bescheid, wofür vieles spricht, tatsächlich einen tragfähigen Behaltensgrund für den Beklagten abgibt und daher dem Rückforderungsanspruch des Antragstellers entgegengehalten werden kann. Sollte der Bescheid aus irgend einem Grund nichtig sein und daher keinen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Zahlung abgeben, wäre ein Rückforderungsanspruch des Antragstellers jedenfalls verjährt. Die Zahlungsverjährung hätte dann mit Ablauf des Kalenderjahres der Zahlung, also am , begonnen (§ 229 Abs. 1 Satz 1 AO 1977), so dass bei der fünfjährigen Verjährungsfrist (§ 228 Satz 2 AO 1977) der Rückzahlungsanspruch spätestens bis Ende des Jahres 1997 hätte geltend gemacht werden müssen. Nach Aktenlage hat der Antragsteller den Rückforderungsanspruch erstmalig erst am geltend gemacht, als er beim LG den PKH-Antrag zwecks Durchführung eines entsprechenden Klageverfahrens eingereicht hat. Eine Unterbrechung der noch laufenden Verjährungsfrist nach § 231 Abs. 1 AO 1977 ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Mithin ist im vorliegenden PKH-Verfahren von der Zahlungsverjährung eines etwa dem Antragsteller zustehenden Rückzahlungsanspruchs auszugehen. Das PKH-Begehren hat somit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 149 Nr. 2
QAAAA-66051