BFH Urteil v. - V B 5/00

Gründe

I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist ein Bauunternehmen. Ende 1994 verpflichtete sie sich gegenüber einer in Gründung befindlichen KG (Zedentin) zur Herstellung schlüsselfertiger Gebäude und stellte ihr eine Anzahlung in Höhe von 3 200 000 DM zuzüglich 480 000 DM Umsatzsteuer in Rechnung. Die Zedentin meldete die Umsatzsteuer als Vorsteuer an (Voranmeldung für Dezember 1984 vom ) und legte dem damals zuständigen Finanzamt (FA) eine Abtretungsanzeige vor, derzufolge sie den Vorsteuererstattungsanspruch an die Antragstellerin zur Verrechnung mit deren Umsatzsteuerschulden für Dezember 1994 abgetreten hatte. Dementsprechend wurde auch verfahren.

Die Zedentin wurde nicht in das Handelsregister eingetragen; die Bauprojekte wurden nicht verwirklicht. Die Antragstellerin stornierte Ende 1995 die Rechnung über die Anzahlung. Laut der Vorentscheidung führte dies zu einer Korrektur der ”ursprünglichen USt-Festsetzungen als Grundlage der Vorsteuererstattung”.

Mit Bescheid vom forderte das FA von der Antragstellerin die ”Erstattung der Vorsteuern” zurück. Die Antragstellerin hat gegen den Rückforderungsbescheid Einspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Bescheids hatte weder beim FA noch beim Finanzgericht (FG) Erfolg. Das FG begründete die Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung damit, dass der rechtliche Grund für die Vorsteuererstattung weggefallen sei, als festgestanden habe, dass es zur Errichtung der Gebäude nicht komme. Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom Rs. C-110/94 -INZO- (Slg. 1996, I-857 = BStBl II 1996, 655) stehe der Vorsteuerrückforderung nicht entgegen, da die Zedentin —anders als die Gesellschaft INZO— keine Vorleistungen, sondern nur eine Rechnung über eine Anzahlung erhalten habe. Der Umstand, dass der fehlende Leistungsbezug durch die Zedentin sowie die Rechnungsstornierung nicht auf den Zeitpunkt der Entstehung des ursprünglichen Vorsteuererstattungsanspruchs zurückwirkten, sei unerheblich. Wenn auch die Rechtmäßigkeit des Rückforderungsanspruchs nicht ernstlich zweifelhaft sei, habe die Rechtssache aber doch wegen der angesprochenen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung.

Das FG ließ deshalb die Beschwerde gegen seine Entscheidung zu.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Das FG hat im Ergebnis zu Recht ernstliche Zweifel i.S. des § 69 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit des Rückforderungsbescheids verneint.

Der Rückforderungsbescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977). Ist eine Steuervergütung ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrags (§ 37 Abs. 2 Satz 1 AO 1977). Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO 1977).

Die Steuervergütung, um die es hier geht, ist der Antragstellerin auf Rechnung des FA —sei es im Überweisungswege oder durch Verrechnung mit eigenen Steuerschulden— ausbezahlt worden. Die Auszahlung fand ihre Rechtsgrundlage in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 1994. Die Umsatzsteuer-Voranmeldung ist eine Steueranmeldung, die nach Zustimmung des FA einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (vgl. § 168 Satz 1 und 2 AO 1977). Dieser Rechtsgrund für die Steuervergütung ist später entfallen. Allerdings lässt sich der Vorentscheidung und den Akten nicht mit Sicherheit entnehmen, ob der Vorauszahlungsbescheid für Dezember 1994 formell geändert worden ist, oder ob er durch einen Jahressteuerbescheid für 1994 ersetzt wurde. Jedenfalls hat das FA die Unternehmereigenschaft der Zedentin verneint; der Rechtsgrund für die Steuervergütung ist deshalb aufgrund der Änderung des Vorauszahlungsbescheids oder aufgrund des Jahressteuerbescheids entfallen.

Der Zessionar kann im Anfechtungsverfahren gegen den Rückforderungsbescheid nicht geltend machen, die Veranlagung des Zedenten sei inhaltlich falsch. Der Zessionar erhält lediglich die Rechtsstellung des Zedenten im Erhebungsverfahren übertragen; er rückt nicht in die Rechtsposition des Steuerpflichtigen (Zedenten) im Steuerfestsetzungsverfahren ein (, BFHE 115, 413, BStBl II 1975, 669; vom VII R 2/75, BFHE 125, 138, BStBl II 1978, 464, und vom VII R 144/92, BFHE 177, 8, BStBl II 1995, 862). Er ist deshalb nicht berechtigt, die Veranlagung des Zedenten anzufechten (vgl. BFH in BFHE 115, 413, BStBl II 1975, 669, und in BFHE 125, 138, BStBl II 1978, 464) oder später Einwendungen gegen den Steuerbescheid geltend zu machen. Auf die Frage, ob im Streitfall die Zedentin Unternehmerin war und ob ihr der Vorsteuerabzug tatsächlich zustand, kommt es deshalb nicht an.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 5 Nr. 1
YAAAA-65782