BFH Beschluss v. - II B 132/99

Gründe

I. S hatte im Jahre 1985 ein Grundstück zu einem Preis von 300 000 DM erworben. Das Grundstück war mit einem renovierungsbedürftigen Fachwerkhaus bebaut. S beabsichtigte, das Gebäude zu sanieren und mit 13 Mietwohnungen auszubauen. Der entsprechende Bauantrag wurde am gestellt. Durch Bescheid vom wurden dem S öffentliche Fördermittel bewilligt. Am schloss S mit dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) einen sog. Bauherrenbeauftragtenvertrag. Mit diesem übertrug der Kläger auf S die Vorbereitung und Durchführung des Bauvorhabens auf dem genannten Grundstück. Der Kläger verpflichtete sich, dem S für die im Vertrag im Einzelnen aufgeführten Leistungen ein Gesamtentgelt von 159 000 DM zu zahlen. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom veräußerte S das Grundstück an den Kläger. Der Kaufpreis betrug 310 000 DM. Am selben Tag wurde der Bewilligungsbescheid über die öffentlichen Mittel geändert und auf den Kläger ausgestellt. Am schloss der Kläger mit einer GmbH & Co. KG, an der die Ehefrau des S beteiligt war und deren Geschäfte S und seine Ehefrau führten, einen Bauwerkvertrag zu einem pauschalen Festpreis.

Durch Bescheid vom setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) Grunderwerbsteuer in Höhe von 6 200 DM gegen den Kläger fest, wobei er eine Bemessungsgrundlage von 310 000 DM annahm. Am erließ das FA einen Änderungsbescheid gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) und setzte die Grunderwerbsteuer auf 30 852 DM fest. Als Bemessungsgrundlage legte es einen Betrag von 1 552 646 DM zugrunde, weil es nunmehr davon ausging, dass Gegenstand des Erwerbsvorgangs das bebaute Grundstück war.

Mit der Klage machte der Kläger geltend, dass die Voraussetzungen einer Änderung der Steuerfestsetzung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 nicht vorlägen und dass darüber hinaus kein Zusammenhang zwischen dem Erwerb des Grundstücks und dem Bauwerkvertrag bestehe.

Die Klage beim Finanzgericht (FG) hatte zunächst Erfolg. Auf die Revision des FA hob der (BFH/NV 1995, 161) die erstinstanzliche Entscheidung auf und wies die Sache an das FG zurück. Im zweiten Rechtsgang wies das FG die Klage ab und führte zur Begründung aus, das FA sei gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 berechtigt gewesen, die bestandskräftige Steuerfestsetzung vom zu ändern. Die vom FA der Steuerfestsetzung zugrunde gelegte Bemessungsgrundlage sei nicht zu beanstanden. Gegenstand des Erwerbsvorgangs sei das Grundstück nach Abschluss der Baumaßnahme gewesen. Die drei vom Kläger abgeschlossenen Verträge stünden in engem sachlichem Zusammenhang. Die auf der Veräußererseite aufgetretenen Personen hätten zusammengearbeitet und durch ein dem Kläger objektiv erkennbares abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss aller Verträge hingewirkt.

Mit der Nichtzulassungbeschwerde macht der Kläger geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, das Urteil des FG weiche von einer Entscheidung des BFH ab und sei verfahrensfehlerhaft ergangen. Er beantragt, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Nach dem Mitwirkungsplan des II. Senats des BFH sind zur Entscheidung der anhängigen Beschwerdesache als mitwirkende Richter die Richter am BFH A und B berufen. Richter am BFH B ist nicht deshalb von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen, weil er im ersten Rechtsgang an dem erstinstanzlichen Urteil mitgewirkt hat. Gemäß § 41 Nr. 6 der Zivilprozeßordnung (ZPO) i.V.m. § 51 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist ein Richter von der Ausübung des Richtersamts kraft Gesetzes in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszuge bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, ausgeschlossen. Dieser Ausschließungsgrund trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Richter am BFH B hat zwar in dieser Sache bei einer Entscheidung in einem früheren Rechtszug mitgewirkt, jedoch nicht ”bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung”. Das erste Urteil des FG, bei dem der Richter mitgewirkt hat, ist im Revisionsverfahren aufgehoben worden; an dem nunmehr mit der Beschwerde angefochtenen zweiten Urteil des FG, welches dieses nach Zurückverweisung der Sache erlassen hat, war der Richter nicht beteiligt. Nach dem Wortlaut des § 41 Nr. 6 ZPO greift diese Vorschrift nur ein, wenn der Richter gerade bei der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat. Deswegen ist ein Richter, der bei einer im Revisionsverfahren aufgehobenen Entscheidung mitgewirkt hat, in einem erneuten Verfahren vor dem BFH, in dem die nach Zurückverweisung der Sache erlassene, zweite erstinstanzliche Entscheidung angefochten wird, nicht von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen (, Neue Juristische Wochenschrift 1975, 1241, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1975, 251).

III. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie genügt nicht den Begründungsanforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO.

1. Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) nicht dargelegt. Hierzu wären substantiierte und konkrete Angaben darüber erforderlich gewesen, aus welchen Gründen die erstrebte Revisionsentscheidung der Rechtsklarheit und/oder der Rechtsentwicklung dienen kann (, BFHE 147, 219, BStBl II 1986, 858). Der Kläger hat zwar eine Rechtsfrage herausgestellt, nämlich ”welche zivilrechtlichen und/oder tatsächlichen Voraussetzungen vorliegen müssen, um verschiedene Verträge mit verschiedenen Vertragsparteien für die Ermittlung der Gegenleistung im Sinne von § 9 des Grunderwerbsteuergesetzes zusammenfassen zu können”. Er hat aber die erforderliche Substantiierung und Konkretisierung unterlassen und die grundsätzliche Bedeutung dieser Rechtsfrage nur behauptet. Es fehlt jeglicher Hinweis darauf, dass, in welchem Umfang und aus welchen Gründen diese Rechtsfrage umstritten sei und worin die Bedeutung einer Entscheidung dieser Rechtsfrage durch den BFH für die Fortentwicklung des Rechts im Hinblick auf die Rechtsprechung insbesondere des BFH oder auf gewichtige Auffassungen in der Literatur zu sehen sei. Im Übrigen wäre die Beschwerde auch unbegründet; der Senat verweist insoweit auf sein Urteil vom II R 17/99 (BStBl II 2000, 34).

2. Soweit der Kläger die Zulassung der Revision wegen Abweichung der Vorentscheidung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) von dem (BFHE 164, 482, BStBl II 1991, 737) begehrt, entspricht die Beschwerde ebenfalls nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Danach muss der Beschwerdeführer abstrakte entscheidungserhebliche Rechtssätze aus dem finanzgerichtlichen Urteil und abstrakte Rechtssätze aus divergenzfähigen Entscheidungen des BFH so genau bezeichnen, dass eine Abweichung erkennbar wird (, BFHE 161, 418, BStBl II 1990, 987). Der Kläger bezeichnet jedoch keine Abweichung, sondern behauptet nur deren Vorhandensein. Er unterlässt es darzulegen, wodurch das FG von dem aus dem BFH-Urteil herangezogenen Grundsatz abgewichen sei.

3. Eine Verfahrensrüge genügt nur dann den Anforderungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, wenn die Tatsachen bezeichnet werden, aus denen sich der Verfahrensmangel ergibt, und dargelegt wird, dass das angefochtene Urteil auf ihm beruhen kann (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 65, sowie § 120 Rz. 38). Der Kläger hat keine näheren Ausführungen zum Vorliegen von Verfahrensmängeln gemacht.

Mit der Rüge, das FG habe Denkgesetze verletzt, kann ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht begründet werden. Ein etwaiger Verstoß gegen Denkgesetze verletzt nicht Verfahrensrecht, sondern verstößt revisionsrechtlich gegen materielles Recht (, BFHE 145, 375, BStBl II 1986, 289).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2000 S. 1108 Nr. 9
AAAAA-65404