Gründe
I. Im Streitjahr 1994 betrieb der Kläger und Revisionskläger (Kläger) eine…sowie ein Gewerbe als…Nachdem er weder Steuererklärungen abgegeben noch Fristverlängerungsanträge gestellt hatte, zog ihn der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) schließlich im Mai bzw. Juni 1996 im Wege der Schätzung zur Einkommensteuer und Umsatzsteuer heran, wobei es bei der Einkommensteuer (Steuerfestsetzung: 42 944 DM) im Wesentlichen (unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Einkunftsquelle für die negativen Vermietungseinkünfte inzwischen nicht mehr zur Verfügung stand) an die erklärungsgemäß durchgeführte Veranlagung 1993, bei der Umsatzsteuer (Steuerfestsetzung: 106 684 DM; Vorjahr: 120 927 DM) an die Voranmeldungen (zuzüglich eines Sicherheitszuschlags in Höhe von 10 %) anknüpfte.
Nachdem der Kläger, vertreten von seinem jetzigen Prozessbevollmächtigten, im Einspruchs- und im anschließenden Klageverfahren sein Begehren nicht substantiiert, auch keine Steuererklärungen nachgereicht und das den angefochtenen Verwaltungsakten zu Grunde liegende Rechenwerk nicht angegriffen hatte, war er vom Finanzgericht (FG) am 3. bzw. mit Ausschlussfrist aufgefordert worden, den jeweiligen Gegenstand seines Klagebegehrens zu bezeichnen und die Tatsachen anzugeben, durch die er sich beschwert fühle. Demgegenüber machte er geltend, das FA sei nicht zu den Schätzungen befugt gewesen, weil es die Nichtabgabe der Steuererklärungen verschuldet habe. Auf dessen Betreiben nämlich habe das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung…(Steufa-FA) am nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens die komplette Buchführung beschlagnahmt. Diese werde ihm nunmehr vorenthalten. Die Einkommensteuer für 1994 müsse zutreffenderweise auf 0 DM festgesetzt werden, die Beschwer in der Umsatzsteuersache liege darin, dass die Steuerfestsetzung über dem Gesamtbetrag der Voranmeldungen (92 240,40 DM) liege.
In der mündlichen Verhandlung vom trug der Prozessbevollmächtigte vor, das Steufa-FA (Straf- und Bußgeldsachenstelle) habe die Herausgabe der Buchführungsunterlagen verweigert, so dass er den Jahresabschluss nicht habe erstellen können. Daraufhin vertagte das FG beide Sachen, erhielt auf entsprechende Anfrage vom Steufa-FA die Auskunft, die Geschäftsunterlagen für das von den strafrechtlichen Ermittlungen nicht betroffene Jahr 1994 könnten in Empfang genommen werden, und forderte den Kläger am auf, die angekündigten Steuererklärungen binnen zwei Monaten einzureichen.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt hatte, er könne die Steuererklärungen nicht fertigen, weil er nicht im Besitz der Unterlagen sei und auch Nachforschungen nicht zum Erfolg geführt hätten, forderte das FG selbst die Unterlagen an, setzte den Prozessbevollmächtigten von deren Eintreffen sowie davon in Kenntnis, dass sie bei der Geschäftsstelle abgeholt bzw., soweit von der Beschlagnahame erfasst (betroffen hiervon waren die Kontenblätter der früheren Steuerberaterin), eingesehen werden könnten, und forderte die ausstehenden Steuererklärungen erneut innerhalb von zwei Monaten an.
Auch diese Frist ließ der Prozessbevollmächtigte ergebnislos verstreichen und begründete dies damit, dass Fristwahrung unter den gegebenen Umständen (nur teilweise Überlassung der Unterlagen, im Übrigen nur Einsichtnahme bei Gericht) nicht möglich gewesen sei, was durch ein ”arbeitstechnisches und buchhalterisches Sachverständigengutachten” nachgewiesen werden könne.
Erst am , vier Tage vor der mündlichen Verhandlung, machte der Prozessbevollmächtigte von der Möglichkeit der Akteneinsicht Gebrauch und trug im Schriftsatz vom vor, die Erstellung der Steuererklärungen sei angesichts der Unvollständigkeit der dem Gericht übersandten Unterlagen nicht möglich.
Auf die mündliche Verhandlung vom , in der seitens des Klägers nur Sachanträge gestellt wurden, hat das FG die Klagen durch Sachurteile mit der Begründung abgewiesen, angesichts der groben Verletzung steuerlicher Mitwirkungspflichten durch den Kläger sei das FA gemäß § 162 der Abgabenordnung (AO 1977) für das Streitjahr zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer berechtigt gewesen. Auch die Höhe der Schätzungen sei nicht zu beanstanden, zumal sich der —fachkundig vertretene— Kläger auch während der finanzgerichtlichen Verfahren, d.h. mehr als drei Jahre hindurch, weder um die Herausgabe der im Juli 1996 beschlagnahmten, nicht ”strafbefangenen” Unterlagen, notfalls unter Einschaltung der ordentlichen Gerichte gekümmert noch in einer Weise Akteneinsicht genommen habe, die einen substantiierten Vortrag ermöglicht hätte. In beiden Verfahren hat das FG die Revision nicht zugelassen, wogegen sich der Kläger mit Nichtzulassungsbeschwerden wendet, über die der Senat mit Beschluss vom heutigen Tag unter dem Az. X B 18 und 19/00 (BFH/NV ..., ...) entschieden hat. Hierauf wird ebenso verwiesen wie auf den unter dem gleichen Datum erlassenen Senatsbeschluss in der Prozesskostenhilfe-Sache.
Mit den außerdem eingelegten, auf § 116 Abs. 1 Nr. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützten Revisionen rügt der Kläger Verletzung von Bundesrecht. Er ist der Meinung, in den angefochtenen Urteilen sei ein selbständiges Angriffs- und Verteidigungsmittel, nämlich seine Einwände gegen die Schätzungsbefugnis, mit Stillschweigen übergangen worden. Insoweit fehlten die Entscheidungsgründe. Komme man entsprechend der Klagebegründung zu der Erkenntnis, das FA sei nicht zur Schätzung befugt gewesen, so hätte der Klage stattgegeben werden müssen. Wegen der fehlenden Schätzungsbefugnis könne das Urteil nicht aufrechterhalten werden. Hieran änderten auch die Hinweise auf die Verletzung der Mitwirkungspflichten nichts. Selbst Untätigkeit des Steuerpflichtigen entbinde das FA nicht von seinen Amtspflichten und ermächtige es nicht, ”grenzen- und uferlos ins Blaue hinein zu schätzen”, zumal es hier auf Grund der für das Streitjahr rechtswidrig aufrechterhaltenen Beschlagnahme in die Lage versetzt gewesen sei, ”die exakten Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln”.
Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der angefochtenen Urteile sowie der vorausgegangenen Einspruchsentscheidungen und Abänderung der für 1994 ergangenen Schätzungsbescheide die Einkommensteuer auf 0 DM und die Umsatzsteuer auf 92 240,91 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revisionen als unzulässig zu verwerfen.
II. 1. Die vom Senat gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Revisionen sind unzulässig und waren daher durch Beschluss zu verwerfen (§ 124 Abs. 1 i.V.m. § 126 Abs. 1 FGO).
Eine Sachentscheidung scheitert schon daran, dass die Rechtsmittel nicht ordnungsgemäß begründet wurden, wie dies nach § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO erforderlich ist (s. dazu , BFH/NV 2000, 599). Der Kläger hätte innerhalb der Revisionsbegründungsfrist einen der in § 116 FGO abschließend aufgezählten Gründe, die hier für eine Anfechtung der erstinstanzlichen Urteile allein in Betracht kommen, substantiiert und in sich schlüssig darlegen müssen (BFH-Beschlüsse vom IX R 28/99, BFH/NV 2000, 464, und vom VII R 40/99, BFH/NV 2000, 591; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 116 Rz. 3). Das ist nicht geschehen.
Die zur Revisionsbegründung vorgebrachten Einwände erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO, auf den allein die Revisionen gestützt sind. Ein Verfahrensmangel im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn das angefochtene Urteil überhaupt nicht oder in einem wesentlichen Streitpunkt, d.h. hinsichtlich eines selbständigen Angriffs- oder Verteidigungsmittels, nicht mit Entscheidungsgründen i.S. des § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO (dazu , BFH/NV 2000, 323, 324; Gräber, a.a.O., § 105 Rz. 21, 26 und § 119 Rz. 23) versehen ist (BFH-Beschlüsse vom VIII R 9/99, BFH/NV 2000, 209, 210, und in BFH/NV 2000, 591), so dass nicht hinreichend erkennbar ist, warum so und nicht anders entschieden wurde. Ein solcher Mangel ist bei objektiver Gesamtbetrachtung des Erklärungsinhalts der Revisionsbegründungen nicht zu erkennen. Unabhängig davon nämlich, ob die Frage der Schätzungsbefugnis als ein wesentlicher Streitpunkt zu werten ist und Lückenhaftigkeit der Entscheidungsgründe insoweit überhaupt geeignet ist, einen Mangel i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO zu begründen, weisen die angefochtenen Urteile nach dem eigenen Vorbringen des Klägers tatsächlich einen solchen Mangel nicht auf, weil der Kern des Vorwurfs dahin geht, dass das FG, wenn es dem Vorbringen des Klägers gefolgt wäre, die Schätzungen nicht hätte bestätigen und die Klagen nicht hätte abweisen dürfen. Ihrem objektiven Inhalt nach betreffen die Einwände des Klägers (wie auch sein Eingehen auf die Behandlung der Mitwirkungspflichten durch das FG bestätigt) die Richtigkeit der angefochtenen Urteile (die Bejahung der Schätzungsbefugnis überhaupt sowie die Bestätigung der Schätzungen der Höhe nach), nicht die Vollständigkeit der hierfür gegebenen Begründung: Nicht Mängel in der Form, das vollständige oder teilweise Fehlen der maßgeblichen rechtlichen Erwägungen, greift der Kläger an, sondern deren Inhalt und Ergebnis, d.h. im Kern das Fehlen der —seiner Meinung nach— zutreffenden Urteilsbegründung. Das aber ergibt, die Richtigkeit solchen Vorbringens unterstellt, keinen Revisionsgrund i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO (s. , BFH/NV 2000, 325; vgl. auch BFH-Beschlüsse vom X R 5/98, BFH/NV 1999, 795, und vom X R 49/98, BFH/NV 1999, 812, 813).
Fundstelle(n):
GAAAA-64991