Online-Nachricht - Mittwoch, 23.11.2016

Verfahrensrecht | Abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen (BFH)

Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO wird in einem gesonderten Verwaltungsverfahren getroffen. Diese Ermessensentscheidung darf ein Zeitmoment berücksichtigen (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Das FA behandelte die Veräußerung von drei Wohnungen der Klägerin als gewerblichen Grundstückshandel und erfasste 1995 Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Während des diesbezüglichen Klageverfahrens erging 2001 eine Entscheidung des BFH, nach der die Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels der Klägerin vorlagen. Allerdings sei nach Auffassung der Klägerin das FA aufgrund des Schreibens des gehalten, die Rechtsprechung des BFH nicht auf die Klägerin anzuwenden.

Mit der Klage beanstandete die Klägerin im Wesentlichen das Fehlen von Ermessenserwägungen. Das FG hat der Klage stattgegeben.

Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Das FA hat den Antrag auf abweichende Billigkeitsfestsetzung ermessensfehlerfrei abgelehnt.

  • Verfahrensrechtlich wird die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO, die keines Antrags bedarf, in einem gesonderten Verwaltungsverfahren getroffen.

  • Die Ermessensausübung im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO darf auch ein Zeitmoment berücksichtigen.

  • Es ist eine dem Grunde nach zulässige Ausübung des Ermessens, einen verhältnismäßig spät gestellten Erlassantrag im Hinblick auf den Zeitablauf zwischen Zahlung und Antragstellung abzulehnen und sich dabei an den zu Rechtsverlusten führenden gesetzlichen Fristen zu orientieren.

  • Sowohl die Bestandskraft der zugrundeliegenden Steuerfestsetzung als auch die Zahlung der betreffenden Steuerschuld, die 2003 schon vorgenommen worden war, lagen bei Antragstellung im Jahre 2010 bereits zumindest sieben Jahre zurück. Das ist eine Zeitspanne, bei der die Ablehnung einer Billigkeitsmaßnahme wegen Zeitablaufs jedenfalls ernstlich in Betracht kommt. Sie überschreitet sowohl die regelmäßige Festsetzungsverjährungsfrist als auch die regelmäßige Zahlungsverjährungsfrist.

Hinweis:

Dieses Urteil ist nach dem Inkrafttreten des § 171 Abs. 10 Satz 2 AO und dessen Anwendung auf Fälle, in denen die Festsetzungsfrist am noch nicht abgelaufen war, nur noch für sog. Altfälle von Bedeutung.

Quelle: ; NWB Datenbank (Sc)

Fundstelle(n):
NWB IAAAF-86851