BAG Urteil v. - 6 AZR 130/15

Instanzenzug: ArbG Siegburg Az: 4 Ca 2065/13 G Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Köln Az: 3 Sa 571/14 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Zuschlags für nächtliche Bereitschaftsdienste.

2Der Kläger ist bei dem beklagten Verein seit dem als Rettungssanitäter im Rettungsdienst und Krankentransport beschäftigt. Nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen gelten für das Arbeitsverhältnis mit Ausnahme der Bestimmungen über die zusätzliche Altersversorgung die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR-DW EKD) in der jeweils gültigen Fassung. Am wurde deren Umbenennung in Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD) beschlossen.

3In § 28b AVR-DW EKD bzw. AVR-DD ist Zusatzurlaub für die Leistung von Nachtarbeit vorgesehen. Die Regelungen lauten auszugsweise wie folgt:

4Die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes der EKD beschloss am mit Wirkung zum eine Änderung des Abschnitts A der Anlage 8 zu den AVR-DW EKD. Die Anlage 8 regelt dort für bestimmte Berufsgruppen den Bereitschaftsdienst und die Rufbereitschaft. Mit der Änderung wurde in Abschnitt A der Anlage 8 AVR-DW EKD folgender Absatz 4a aufgenommen:

5Mit einem Rundschreiben der Geschäftsführung der Arbeitsrechtlichen Kommission vom wurde der Beschluss vom unter I C 6 veröffentlicht und unter II C 6 wie folgt erläutert:

6Bezüglich der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rettungsdienst sah Abschnitt C der Anlage 8 AVR-DW EKD bereits vor dem vor, dass für diese Beschäftigten der Abschnitt A der Anlage 8 AVR-DW EKD mit Ausnahme einer bestimmten Begrenzung der Zahl der Einsätze gilt. Diese Verweisung blieb nach Einfügung des Absatzes 4a in den Abschnitt A der Anlage 8 AVR-DW EKD unverändert.

7Absatz 4a des Abschnitts A der Anlage 8 AVR-DW EKD wurde bereits zum gestrichen. Stattdessen wurde zum in § 28b AVR-DW EKD ein neuer Absatz 6a eingefügt. Demnach erhalten die Mitarbeiter in Krankenhäusern für die Zeit des Bereitschaftsdienstes in der Zeit von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr je Stunde einen Zeitzuschlag wie er vorher in Abschnitt A Abs. 4a der Anlage 8 AVR-DW EKD vorgesehen war. Auch die Regelung zum Zusatzurlaub für nächtlichen Bereitschaftsdienst wurde in § 28b Abs. 6a AVR-DW EKD für Krankenhausmitarbeiter übernommen. Die Neuregelung wurde mit Rundschreiben der Geschäftsführung der Arbeitsrechtlichen Kommission vom unter I 1 veröffentlicht und unter II 1 wie folgt erläutert:

8Mit Schreiben vom beantragte der Kläger die Auszahlung von „Nachtdienstzulagen“ für die Zeit vom bis zum . Der Beklagte lehnte dies ab. Daraufhin hat der Kläger mit seiner Klage die Zahlung von Zeitzuschlägen für ab dem geleistete nächtliche Bereitschaftsdienste verlangt.

9Nach seiner Auffassung folgt der Anspruch für die Zeit bis zum schon aus der Verweisung in Abschnitt C der Anlage 8 AVR-DW EKD auf deren Abschnitt A und damit auch auf die zum in Kraft getretene Regelung des Absatzes 4a. Abschnitt C der Anlage 8 AVR-DW EKD sei zweifelsfrei formuliert und enthalte keine Ausnahme bezüglich der Vergütung des Bereitschaftsdienstes. Es sei daher unbeachtlich, ob sich Abschnitt A Abs. 4a der Anlage 8 AVR-DW EKD entsprechend den Rundschreiben vom und nur auf Beschäftigte im Krankenhaus beziehen sollte. Ein solcher Wille habe im Text der AVR-DW EKD keinen Niederschlag gefunden. Dessen ungeachtet sei der Beklagte zur Leistung des fraglichen Zeitzuschlags verpflichtet, weil eine auf die Krankenhausbediensteten beschränkte Gewährung des Zuschlags mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbar sei. Der Bereitschaftsdienst sei für die Beschäftigten im Krankenhaus und im Rettungsdienst vergleichbar ausgestaltet. Beide Arbeitnehmergruppen hätten sich in hierfür eingerichteten Räumlichkeiten zu bestimmten Zeiten einsatzbereit zu halten. Krankenhausmitarbeiter seien im Bereitschaftsdienst nicht höheren Belastungen ausgesetzt. Eine unterschiedliche Behandlung sei auch nicht wegen der unterschiedlichen Ausbildung der betroffenen Berufsgruppen gerechtfertigt. Eine Nichtgewährung des Zeitzuschlags an Mitarbeiter des Rettungsdienstes stelle zudem eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts dar. Im Rettungsdienst seien überwiegend Männer tätig, wohingegen in den Krankenhäusern die Zahl der Arbeitnehmerinnen deutlich überwiege. Ab dem könne der Anspruch deshalb aus § 28b Abs. 6a AVR-DW EKD abgeleitet werden. Die dort angeführte Beschränkung auf Krankenhausmitarbeiter sei aus den genannten Gründen unwirksam.

10Für die vom bis zum geleisteten 41 Bereitschaftsdienste ergebe sich ein Betrag von 778,59 Euro. Der Kläger habe im Juli acht, im August fünf, im September sechs, im Oktober und November jeweils sieben und im Dezember acht Bereitschaftsdienste erbracht. Bei jedem Dienst sei er von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr in Bereitschaft gewesen. Daraus folge ein Zuschlag in Höhe von 18,99 Euro für jeden Bereitschaftsdienst. Für die nächtlichen Bereitschaftsdienste von Januar bis einschließlich August 2013 schulde der Beklagte noch 1.132,29 Euro. Der Differenzbetrag für die Monate von Juli 2012 bis einschließlich August 2013 belaufe sich daher auf insgesamt 1.910,88 Euro.

11Der Kläger hat daher zuletzt beantragt,

12Der Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Für die Zeit vom bis zum verweise die Anlage 8 AVR-DW EKD in Abschnitt C für Mitarbeiter des Rettungsdienstes zwar auf ihren Abschnitt A und folglich auch auf dessen Absatz 4a. Aus den Rundschreiben vom und ergebe sich jedoch zweifelsfrei, dass diese Regelung nur für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Krankenhaus gegolten habe. Der Inhalt der Rundschreiben entspreche den Verhandlungen der Arbeitsrechtlichen Kommission, wie sie in den Protokollen ihrer Sitzungen festgehalten wurden. Die Arbeitsrechtliche Kommission habe damit eindeutig ihren Regelungswillen bekundet. Dieser sei für die Auslegung der Arbeitsvertragsrichtlinien maßgeblich. Den Erläuterungen in Teil II der Rundschreiben komme normative Wirkung zu. § 12 der Ordnung für die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes der EKD vom in der Fassung vom sehe vor, dass die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission mit Rundschreiben des Diakonischen Werkes der EKD veröffentlicht werden und die Beschlüsse mit der Veröffentlichung wirksam werden. Die Erläuterungen seien untrennbar mit der Veröffentlichung der Beschlüsse verbunden.

13Die Beschränkung des Anwendungsbereichs der fraglichen Regelungen auf Krankenhausmitarbeiter sei sachlich gerechtfertigt. Rettungssanitäter und Rettungsassistenten seien schon hinsichtlich der Ausbildung weder mit Ärzten noch Krankenschwestern vergleichbar. Dementsprechend seien unterschiedliche Eingruppierungen vorgesehen. Die ausgeübten Tätigkeiten seien auch bezogen auf den Bereitschaftsdienst unterschiedlich. Mitarbeiter im Krankenhaus seien während des Bereitschaftsdienstes quasi ständig mit Anforderungen von Patienten konfrontiert. Dies sei im Rettungsdienst nicht der Fall.

14Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Er (der Beklagte) betreibe keine Krankenhäuser.

15Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt der Kläger seine Klageziele unverändert weiter.

Gründe

16Die Revision ist zulässig und überwiegend begründet. Der Kläger hat für die vom bis zum geleisteten nächtlichen Bereitschaftsdienste einen Anspruch auf den begehrten Zeitzuschlag gemäß § 611 Abs. 1 BGB iVm. Abschnitt C und Abschnitt A Abs. 4a der Anlage 8 AVR-DW EKD. Für die Zeit ab dem besteht kein Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. In Betracht kommt jedoch ein Anspruch aus § 28b Abs. 6a AVR-DW EKD bzw. AVR-DD. Die mit dieser Regelung vorgenommene Unterscheidung zwischen Beschäftigten in Krankenhäusern und im Rettungsdienst könnte sachlich ungerechtfertigt und deshalb unwirksam sein. Dies konnte der Senat nicht abschließend beurteilen.

17A. Die Revision ist entgegen der Auffassung des Beklagten zulässig. Sie ist hinreichend begründet.

18I. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss die Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Daher muss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils enthalten (vgl.  - Rn. 8; - 6 AZR 352/14 - Rn. 14, 15).

19II. Diesen Erfordernissen genügt die vorliegende Revision. Sie rügt eine fehlerhafte Auslegung der AVR-DW EKD in der vom bis zum geltenden Fassung und setzt sich dabei mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts hinreichend auseinander. Dieses habe insbesondere den klaren Wortlaut der Verweisung in Abschnitt C der Anlage 8 AVR-DW EKD verkannt und unberücksichtigt gelassen, dass eine Nichtgeltung des Absatzes 4a des Abschnitts A der Anlage 8 AVR-DW EKD für Beschäftigte im Rettungsdienst keinen Niederschlag in den Regelungen gefunden habe. Bezüglich der fraglichen Differenzierung zwischen Krankenhausbediensteten und Angehörigen des Rettungsdienstes legt die Revisionsbegründung dar, dass das Landesarbeitsgericht die Vergleichbarkeit der Bereitschaftsdienste fehlerhaft beurteilt habe. Zudem habe es sich nicht mit der Frage einer mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts auseinandergesetzt und den diesbezüglichen Vortrag nicht berücksichtigt. Damit wird die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auch bezüglich der Vereinbarkeit von § 28b Abs. 6a AVR-DW EKD bzw. AVR-DD mit höherrangigem Recht angegriffen.

20B. Die Revision ist überwiegend begründet.

21I. Die Klage ist allerdings teilweise unzulässig. Der zu Ziff. 2 gestellte Feststellungsantrag ist mangels des gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresses unzulässig, soweit er sich auf die Zeit bis zum bezieht.

221. Diesbezüglich steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage der Vorrang der Leistungsklage entgegen. Die zu Ziff. 1 erhobene Leistungsklage umfasst den Zeitraum bis einschließlich August 2013. Insoweit überschneidet sich der auf die gesamte Zeit nach dem bezogene Feststellungsantrag mit der Leistungsklage. Da der Kläger nicht vorgetragen hat, welches über die mit der Leistungsklage verfolgten Zahlungen hinausgehende Interesse für den Zeitraum der Überschneidung an der begehrten Feststellung besteht, ist die Feststellungsklage bezüglich dieses Überschneidungszeitraumes unzulässig (vgl.  - Rn. 15 mwN).

232. Hinsichtlich etwaiger Ansprüche ab dem besteht hingegen das erforderliche Feststellungsinteresse. Mit dem Feststellungsantrag kann der zwischen den Parteien bestehende Streit über eine Verpflichtung des Beklagten zur Leistung eines Zuschlags nach § 28b Abs. 6a AVR-DW EKD bzw. AVR-DD insgesamt beseitigt werden. Dies ist ausreichend (vgl.  - Rn. 15). Hinsichtlich der etwaigen Berechnung des streitgegenständlichen Zuschlags besteht zwischen den Parteien keine Differenz.

24II. Die Klage ist begründet, soweit der Kläger die Zahlung von 778,59 Euro zuzüglich Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe für die Leistung nächtlichen Bereitschaftsdienstes im zweiten Halbjahr 2012 verlangt. Im Übrigen konnte noch nicht abschließend entschieden werden.

251. Der Anspruch auf die streitgegenständlichen Zuschläge für die in der Zeit vom bis zum geleisteten nächtlichen Bereitschaftsdienste ergibt sich aus Abschnitt C iVm. Abschnitt A Abs. 4a der Anlage 8 AVR-DW EKD in der aufgrund des Beschlusses der Arbeitsrechtlichen Kommission vom geltenden Fassung. Insoweit nimmt der Senat auf seine Ausführungen im Urteil vom (- 6 AZR 129/15 - Rn. 26 ff.) Bezug und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen darauf.

26a) Der Kläger kann demnach für die Zeit vom bis zum die verlangten 778,59 Euro beanspruchen.

27aa) Er hat tag- und stundengenau dargelegt, in dieser Zeit 41 Bereitschaftsdienste mit insgesamt 369 Nachtstunden iSv. Abschnitt A Abs. 4a der Anlage 8 AVR-DW EKD geleistet zu haben. Der Beklagte hat dies lediglich pauschal bestritten und sich nicht nach § 138 Abs. 2 ZPO eingelassen. Damit gilt der schlüssige Sachvortrag des Klägers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.

28bb) Die Berechnung der Höhe der aus den dargelegten Bereitschaftsdiensten abgeleiteten Forderung hat der Beklagte nicht bestritten. Es kann daher von einem Betrag in Höhe von 778,59 Euro ausgegangen werden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die begehrten Zuschläge für Nachtarbeit steuer- und sozialversicherungsfrei nach § 3b EStG bzw. § 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV sind und ob die Dienstplangestaltung den Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes entsprach (vgl. hierzu - Rn. 41, 42).

29b) Hinsichtlich der nach § 288 Abs. 1 iVm. § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB begehrten Verzugszinsen ist die Klage jedoch teilweise unbegründet.

30aa) Gemäß § 21a Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD sind die Bezüge für den Kalendermonat zu berechnen und am 15. eines jeden Monats (Zahltag) für den laufenden Monat auf ein von der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter eingerichtetes Girokonto im Inland zu zahlen. Fällt der Zahltag auf einen Samstag oder auf einen Wochenfeiertag, gilt der vorhergehende Werktag, fällt er auf einen Sonntag, gilt der zweite vorhergehende Werktag als Zahltag (§ 21a Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 3 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD). Der Teil der Bezüge, der nicht in Monatsbeträgen festgelegt ist, bemisst sich jedoch gemäß § 21a Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD nach der Arbeitsleistung des Vorvormonats. Dies betrifft sog. unständige Bezüge, das heißt insbesondere die Entgelte für Überstunden, Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaften sowie die Zuschläge für Überstunden, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit (Scheffer/Mayer Kommentar zu den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland 5. Aufl. Stand Juni 2008 § 21a Erläuterung 6). Diese Entgeltbestandteile variieren gegebenenfalls von Monat zu Monat und bedürfen einer individuellen Berechnung, welche eine Zahlung bereits zum Zahltag für den laufenden Monat verhindert (vgl. zu § 23 Abs. 1 TV-Ärzte-KF  - Rn. 35).

31bb) Der Kläger hat demgegenüber ohne Begründung bezüglich der gesamten Forderung von 778,59 Euro die Verzinsung seit dem verlangt. Dies ist nicht nachvollziehbar. Es wird jedoch hinreichend deutlich, dass der Kläger die Zahlung von Verzugszinsen begehrt. Auf der Grundlage von § 21a Abs. 1 AVR-DW EKD ergibt sich folgende Staffelung:

32(1) Ausgehend von einem Zuschlag in Höhe von 18,99 Euro für jeden Bereitschaftsdienst sind für die acht im Monat Juli 2012 geleisteten Bereitschaftsdienste 151,92 Euro zu entrichten. Die Fälligkeit war am Freitag, den . Dementsprechend wäre der Betrag ab dem zu verzinsen gewesen, weil die Verzinsungspflicht nach § 187 Abs. 1 BGB mit dem Folgetag der Fälligkeit beginnt ( - Rn. 35). Da der Kläger Zinsen erst ab dem verlangt hat, sind ihm diese gemäß § 308 Abs. 1 ZPO aber erst ab diesem Datum zuzusprechen.

33(2) Gleiches gilt für die aus August 2012 resultierende Verzinsung. Die fünf in diesem Monat geleisteten Bereitschaftsdienste sind mit einem Zuschlag von 94,95 Euro zu vergüten, dessen Auszahlung am fällig gewesen wäre. Zinsbeginn wäre der gewesen. Gemäß § 308 Abs. 1 ZPO hat die Verzinsung wiederum erst ab dem zu erfolgen.

34(3) Die Beträge für Juli (151,92 Euro) und August 2012 (94,95 Euro) können wegen des identischen Beginns des Zinslaufs in dem Betrag von 246,87 Euro zusammengefasst werden.

35(4) Die Summe von 113,94 Euro für sechs Bereitschaftsdienste im September 2012 war am zur Zahlung fällig und ist ab dem zu verzinsen.

36(5) Die für sieben Bereitschaftsdienste im Oktober 2012 zu zahlenden 132,93 Euro sind am Freitag, den zur Zahlung fällig gewesen. Der Zinslauf begann wiederum ab dem Folgetag.

37(6) Im November 2012 hat der Kläger ebenfalls sieben Dienste mit der Folge eines Zuschlags in Höhe von 132,93 Euro geleistet. Dieser Betrag war zum zur Zahlung fällig. Zinsen sind folglich seit dem zu entrichten.

38(7) Für Dezember 2012 ist der Zuschlag für acht Bereitschaftsdienste in Höhe von 151,92 Euro zu leisten. Wegen der Fälligkeit zum begann der Zinslauf am .

392. Ob der Kläger einen Anspruch auf Leistung des begehrten Zuschlags für nächtliche Bereitschaftsdienste ab dem hat, konnte mangels hinreichender Feststellungen noch nicht entschieden werden. Der Rechtsstreit war insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

40a) Der Anspruch kann nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt werden (vgl. hierzu  - Rn. 53).

41b) Nach den Bestimmungen der AVR-DW EKD bzw. AVR-DD kann der Kläger den streitgegenständlichen Zeitzuschlag ab dem nicht verlangen. Der Anspruch kann nicht mehr auf Abschnitt C iVm. Abschnitt A Abs. 4a der Anlage 8 AVR-DW EKD gestützt werden, weil die Regelung in Absatz 4a zum gestrichen wurde. Der am in Kraft getretene § 28b Abs. 6a AVR-DW EKD gilt nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nur für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Krankenhäusern. Da der Kläger unstreitig nicht in einem Krankenhaus beschäftigt ist, kann er aus der Neuregelung ihrem Wortlaut nach keine Ansprüche ableiten.

42c) Es stellt sich aber die Frage, ob die in § 28b Abs. 6a AVR-DW EKD angelegte Unterscheidung zwischen Krankenhausmitarbeitern und Beschäftigten im Rettungsdienst sachlich gerechtfertigt ist oder gegen höherrangiges Recht verstößt. Dies konnte der Senat nicht abschließend entscheiden.

43aa) Die AVR-DW EKD bzw. AVR-DD sind wie Tarifverträge auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht zu kontrollieren. Hiervon umfasst ist die Prüfung des Verbots einer (mittelbaren) Diskriminierung wegen des Geschlechts (Art. 3 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 GG; § 7 Abs. 1 Halbs. 1 iVm. §§ 1, 3 Abs. 2 AGG) und der Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. hierzu  - Rn. 56 ff.).

44bb) Das Landesarbeitsgericht hat eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung und damit auch eine etwaige Benachteiligung wegen des Geschlechts verneint, weil es sich bei den Beschäftigten im Krankenhaus und denen im Rettungsdienst bezogen auf den Bereitschaftsdienst nicht um vergleichbare Personengruppen handle. Es fehle an einer gleichartigen Tätigkeit. Während Krankenpfleger oder Krankenschwestern ganz überwiegend aktiv in den jeweiligen Schichten am Patienten tätig seien, bestehe die Tätigkeit im Rettungsdienst schwerpunktmäßig in der Gewährleistung ständiger Bereitschaft. Die unterschiedliche Tätigkeit entspreche einer unterschiedlichen Ausbildung und Eingruppierung.

45cc) Die Revision rügt diesbezüglich zu Recht die Verkennung der Maßgeblichkeit der Umstände des nächtlichen Bereitschaftsdienstes. Der streitgegenständliche Zeitzuschlag soll in Verbindung mit dem Zusatzurlaub einen Ausgleich für die mit diesem Dienst verbundene Belastung gewährleisten. Beim Bereitschaftsdienst muss der Arbeitnehmer „auf Anforderung“ den Dienst aufnehmen (vgl.  - Rn. 19). Hat er dies während der Nachtzeit zu leisten, entstehen spezifische Belastungen, die unabhängig von der Ausbildung und der Eingruppierung der Beschäftigten sein können (zur Belastung durch Nachtarbeit vgl.  - Rn. 17). Entscheidend ist die Ausgestaltung des nächtlichen Bereitschaftsdienstes und die durch ihn typischerweise veranlasste Beanspruchung. Dabei können unterschiedliche Berufsgruppen mit unterschiedlichen Tätigkeiten in unterschiedlichen Arbeitsorganisationen gegebenenfalls differenzierenden Regelungen unterfallen. Dies bedarf jedoch einer nachvollziehbaren Begründung. Der bloße Verweis auf eine grundsätzlich ungleiche Tätigkeit reicht bezogen auf die Frage vergleichbarer Anforderungen im nächtlichen Bereitschaftsdienst nicht aus.

46dd) Das Landesarbeitsgericht hat sich mit der Ausgestaltung und den Anforderungen des nächtlichen Bereitschaftsdienstes bei Krankenhaus- und Rettungsdienstmitarbeitern nicht hinreichend auseinandergesetzt und diesbezüglich keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Insbesondere ist nicht erkennbar, weshalb entgegen dem Vortrag des Klägers davon auszugehen ist, dass Krankenhausbedienstete bei nächtlichem Bereitschaftsdienst in höherem Maße als Mitarbeiter des Rettungsdienstes beansprucht werden. Die unterschiedlichen Anforderungen im sonstigen Schichtdienst sind hiervon zu trennen. Der Senat konnte daher keine eigene Sachentscheidung nach § 563 Abs. 3 ZPO treffen, soweit zu prüfen ist, ob ein sachlicher Grund für die mit § 28b Abs. 6a AVR-DW EKD vorgenommene Unterscheidung zwischen den Beschäftigten im Krankenhaus und den Rettungsdienstmitarbeitern besteht. Gleiches gilt bezüglich der behaupteten mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts. Der Rechtsstreit war folglich insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2016:040816.U.6AZR130.15.0

Fundstelle(n):
IAAAF-85062