Online-Nachricht - Freitag, 21.10.2016

Einkommensteuer | Arbeitszimmer eines Gerichtsvollziehers (FG)

Das Arbeitszimmer eines Gerichtsvollziehers stellt nicht den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit dar, da die das Berufsbild prägende Tätigkeit außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers stattfindet (; rkr).

Hintergrund: Gemäß § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten abziehen, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG).

Sachverhalt: Der Kläger ist Gerichtsvollzieher und unterhält in seinem Haus ein Arbeitszimmer, wo er alle anfallenden Tätigkeiten des Innendienstes verrichtet. Daneben teilt sich mit vier weiteren Kollegen ein Sprechzeitenzimmer, wo er Sprechzeiten von zwei Stunden in der Woche abhält. Der Kläger machte für das Streitjahr 2011 Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 2.423 € geltend. Davon berücksichtigte das FA lediglich 1.250 €, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung darstelle. Die Aufwendungen für das Sprechzeitenzimmer wurden vollumfänglich anerkannt.

Hierzu führten die Richter des FG Baden-Württemberg weiter aus:

  • Nach der Rechtsprechung des BFH bestimmt sich bei einem Steuerpflichtigen, der lediglich eine einzige berufliche Tätigkeit -teilweise zu Hause und teilweise auswärts- ausübt, der Mittelpunkt danach, ob er im Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind.

  • In Fällen, in denen die das Berufsbild prägende Tätigkeit außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers stattfindet, kann auch eine zeitlich weit überwiegende Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers keine Verlagerung des Mittelpunkts bewirken. Maßgebend ist danach, ob unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung das qualitativ für eine bestimmte steuerbare Tätigkeit Typische im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt wird.

  • Nach diesen Grundsätzen bildet das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung eines Gerichtsvollziehers. Dessen gesetzliches Berufsbild wird u.a. durch die Außendiensttätigkeit geprägt.

Hinweis:

Der Volltext des Urteils ist in der Landesrechtsprechungsdatenbank Baden-Württemberg verfügbar. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: (Sc)

Anmerkung v. : Ein aufmerksamer Leser hat uns darauf hingewiesen, dass das Urteil rechtskräftig ist. In einer früheren Version dieser Nachricht hatten wir lediglich darauf hingewiesen, dass die Revision zugelassen wurde.

Fundstelle(n):
NWB WAAAF-84512