BGH Beschluss v. - AnwZ (Brfg) 13/16

Erlaubnis zur Führung eines Fachanwaltstitels: Widerruf wegen Nichterfüllung von Fortbildungspflichten und Berücksichtigungsfähigkeit von Fortbildungsstunden nach dem Widerrufsbescheid

Gesetze: § 43c Abs 4 S 2 BRAO, § 15 FAO

Instanzenzug: Anwaltsgerichtshof Hamm Az: 1 AGH 45/15 Urteil

Gründe

I.

1Der Kläger ist Rechtsanwalt. Seit 2002 darf er die Bezeichnung "Fachanwalt für Strafrecht" führen. Mit Verfügung vom widerrief die beklagte Rechtsanwaltskammer die Erlaubnis zum Führen dieser Bezeichnung, weil der Kläger keine Fortbildung für das Jahr 2014 nachgewiesen hatte. Die Klage gegen diesen Bescheid ist erfolglos geblieben. Der Kläger hat die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs beantragt. Die Beklagte hat zwischenzeitlich mitgeteilt, dass der Kläger mit Schreiben vom , bei der Beklagten eingegangen am , auf die Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Strafrecht" verzichtet habe. Mit Bescheid vom hat die Beklagte die Befugnis zur Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Strafrecht" widerrufen. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden. Der Kläger ist durch Verfügung der Berichterstatterin vom gebeten worden mitzuteilen, ob der Zulassungsantrag zurückgenommen oder der Rechtsstreit für erledigt erklärt worden soll.

II.

2Der nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthafte Antrag bleibt unabhängig von der Frage, ob nach der Erledigung noch ein Rechtsschutzinteresse besteht, ohne Erfolg.

31. Der Antragsteller rügt eine Verletzung seines Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Er trägt vor, der Vorsitzende habe "falsch" und unter Hinweis auf "die BGH-Rechtsprechung" in den Sach- und Streitstand eingeführt, weshalb ein Vortrag dazu, dass er, der Kläger, durch Erkrankungen an Fortbildungen gehindert gewesen sei, "obsolet" gewesen sei.

4Die Verletzung eines Verfahrensgrundrechts ist damit nicht schlüssig dargetan. Der Kläger benennt keinen Sachvortrag, den der Anwaltsgerichtshof nicht zur Kenntnis genommen habe. Der Sache nach wendet er sich gegen die aus der Einführung in den Sach- und Streitstand ersichtliche vorläufige Rechtsauffassung des Anwaltsgerichtshofs, die ihn von Tatsachenvortrag abgehalten habe, welcher auf dieser Grundlage unerheblich gewesen wäre. Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt jedoch keine Verpflichtung der Gerichte, der von einer Partei vertretenen Rechtsansicht zu folgen (BVerfGE 87, 1, 33; , DStRE 2009, 328 Rn. 5; vom - IX ZB 214/10, NZI 2011, 540 Rn. 13).

52. Der Kläger beruft sich weiter auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Er behauptet, die Fortbildungspflicht erfüllt, nämlich im Jahre 2015 zehn Fortbildungsstunden nachgewiesen zu haben.

6Dieser Vortrag ist nicht geeignet, die Richtigkeit des anzufechtenden Urteils in Zweifel zu ziehen. Der Anwaltsgerichtshof ist von fünf Fortbildungsstunden ausgegangen, welche der Kläger nach Zustellung des Widerrufsbescheids im Oktober 2015 absolviert hatte. Auf die Rechtmäßigkeit des zuvor ergangenen, die Fortbildungspflicht im Jahre 2014 betreffenden Bescheides hatten sich diese fünf Stunden nicht ausgewirkt. Gleiches gilt, soweit der Kläger später noch weitere Fortbildungsveranstaltungen besucht haben sollte. Der Tatbestand der Nichterfüllung der Fortbildungspflicht stand mit Ablauf des Jahres 2014 fest (vgl.  AnwZ (Brfg) 16/12, NJW 2013, 2364 Rn. 10; Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 76/13, AnwBl. 2014, 755 Rn. 9). Nach gefestigter Senatsrechtsprechung hat die zuständige Rechtsanwaltskammer zwar bei der Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens über die Widerrufsentscheidung gegebenenfalls auch nach Ablauf des maßgeblichen Kalenderjahres eingetretene Umstände zu berücksichtigen ( AnwZ (Brfg) 56/11, NJW 2013, 175 Rn. 8 f.; vom - AnwZ (Brfg) 16/12, NJW 2013, 2364 Rn. 10; Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 76/13, AnwBl. 2014, 755 Rn. 10). Für Ereignisse, die erst nach Erlass des Bescheides eingetreten sind, kann dies jedoch nicht gelten.

7Soweit der Kläger meint, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, eine ausreichende Zahl von Fortbildungsveranstaltungen anzubieten, trifft dies nicht zu. Weder die Bundesrechtsanwaltsordnung noch die Fachanwaltsordnung sehen eine entsprechende Pflicht der Kammern vor.

III.

8Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 52 Abs. 1 GKG. In Verfahren, welche das Führen von Fachanwaltsbezeichnungen betreffen, setzt der Senat den Streitwert regelmäßig auf 12.500 € fest (vgl.  AnwZ (Brfg) 56/11, NJW 2013, 175 Rn. 13; vom - AnwZ (Brfg) 16/12, NJW 2013, 2364 Rn. 17). Umstände, die im vorliegenden Fall ein Abweichen von dieser Praxis erfordern könnten, sind nicht ersichtlich.

Kayser                          Lohmann                          Seiters

                Schäfer                               Lauer

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:090816BANWZ.BRFG.13.16.0

Fundstelle(n):
DAAAF-82664