BFH  v. - IX R 27/15

Übertragung von Kommanditanteilen an geschlossenen Immobilienfonds im Rahmen eines Schadenersatzprozesses wegen Prospekthaftung: Abgrenzung zwischen Veräußerung und Rückabwicklung

Gesetze: EStG § 23 Abs 1 S 1 Nr 1, EStG § 23 Abs 1 S 4

Instanzenzug:

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorliegt und wie gegebenenfalls der Veräußerungsgewinn zu berechnen ist.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden als Eheleute im Streitjahr (2006) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt; sie traten im Mai 1997 der B-GmbH & Co. KG und im Oktober 1998 der T-GmbH & Co. KG als Treugeber-Kommanditisten mit einem Kapitalanteil von jeweils 50.000 DM bei. Der Gesellschaftszweck der beiden als geschlossene Immobilienfonds konzipierten Gesellschaften bestand im Erwerb, der Errichtung, der Verwaltung, der Vermietung sowie in der Verwertung von Immobilien. Sowohl die B-GmbH & Co. KG als auch die T-GmbH & Co. KG waren Eigentümer von Immobilien oder erwarben Beteiligungen an Objektgesellschaften. In der Folgezeit wurden den Klägern Abschreibungen aus den Beteiligungen in Höhe von insgesamt 19.960 € (B-GmbH & Co. KG) und 21.302 € (T-GmbH & Co. KG) zugerechnet.

Die B-GmbH & Co. KG und die T-GmbH & Co. KG waren –neben weiteren geschlossenen Immobilienfonds– ab 1995 von der B-AG initiiert worden. Letztere hatte sich dazu mehrerer Tochtergesellschaften bedient, darunter auch der L-Bank. An den Fondsgesellschaften wurden Treuhandkommanditisten beteiligt, die sowohl im eigenen Namen als auch für noch zu werbende Treugeber Gesellschaftsanteile hielten. Kapitalanlegern wie den Klägern wurde nach einheitlichem Muster der Abschluss von Treuhandverträgen angeboten, wonach sich der Treuhandkommanditist verpflichtete, seine Beteiligung künftig treuhänderisch für die Kapitalanleger (Treugeber) zu verwalten. Der Treuhandkommanditist übte seine Gesellschafterrechte nach deren Weisungen aus. Im Innenverhältnis der Gesellschafter zueinander und im Verhältnis zur Gesellschaft wurden die Treugeber wie unmittelbar beteiligte Kommanditisten behandelt. Sie durften an den Gesellschafterversammlungen teilnehmen und die auf ihre Beteiligungen entfallenden Stimmrechte sowie die einem Kommanditisten nach dem Gesetz zustehenden Kontroll- und sonstigen Rechte unmittelbar selbst ausüben. Den Klägern stand außerdem ein Andienungsrecht zu, nach Ablauf von 25 Jahren ihre Anteile zum Nominalwert und nach Ablauf von 30 Jahren zu 115 % des Nominalwerts an eine Konzern-Gesellschaft der B-AG zurückzugeben.

Die wirtschaftliche Entwicklung der Fonds entsprach nicht den Erwartungen der Kläger. Zusammen mit einer Vielzahl weiterer Anleger beteiligten sich die Kläger an einem Sammelklageverfahren und erhoben eine Schadensersatzklage gegen die L-Bank. Mit der Klage begehrten die Kläger die Zahlung von Schadensersatz aus Prospekthaftung und deliktischer Haftung und verlangten die Rückzahlung ihrer Einlage Zug um Zug gegen Rückgabe der Kommanditanteile.

Im Jahr 2005 unterbreitete die zum Konzern der B-AG gehörende FT-GmbH den Klägern ein Angebot zum Erwerb ihrer Fondsanteile. Ein solches Angebot erhielten auch andere Fondsbeteiligte, die keine Schadensersatzklagen erhoben hatten. Der Kaufpreis bestimmte sich nach einem Prozentsatz der auf die Fondsbeteiligung gezahlten Kapitaleinlage zuzüglich einer Verzinsung für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zur Durchführung des „Verkaufs” abzüglich der Ausschüttungen und Quellensteuern, die für den genannten Zeitraum gezahlt wurden. Die Angebote waren unwiderruflich und befristet. Letzter möglicher Annahmetag waren der 30. Juni 2008 (B-GmbH & Co. KG) und 30. Juni 2009 (T-GmbH & Co. KG). Die Annahme des Angebots war nur möglich, wenn die Schadensersatzklagen vor dem Annahmetag, spätestens jedoch bis zum 31. März 2006, zurückgenommen waren. Die Kläger nahmen die Angebote am 15. März 2006 (B-GmbH & Co. KG) und am 3. März 2006 (T-GmbH & Co. KG) an. Zugleich verzichteten sie auf alle gegenwärtigen und zukünftigen Schadensersatzansprüche, die mit dem Erwerb der Beteiligungen zusammenhingen. Die Kläger erhielten Auszahlungsbeträge in Höhe von 20.158,74 € (B-GmbH & Co. KG) und von 20.168,74 € (T-GmbH & Co. KG). Sowohl die B-GmbH & Co. KG als auch die T-GmbH & Co. KG bestanden nach dem Ausscheiden der Kläger als geschlossene Immobilienfonds fort.

Mit (geändertem) Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 17. Februar 2010 erfasste der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) bei den Klägern erstmals Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. Das FA übernahm dabei die Veräußerungsgewinnberechnung, die sich aus einer (informatorischen) Mitteilung des für die Fondsgesellschaften zuständigen Finanzamts ergab. Im Einzelnen berechnete das FA die Veräußerungsgewinne wie folgt:


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B-GmbH & Co. KG
T-GmbH & Co. KG
Auszahlungsbetrag
20.158,59 €
20.168,74 €
+ anteilige
Verbindlichkeiten
+ 51.264,17 €
+ 60.350,41 €
= gesamter
Veräußerungspreis
71.422,76 €
80.519,15 €
× anteiliger
Veräußerungspreis der
Immobilien
× 84,11193 %
× 84,31223 %
=
60.075,06 €
67.082,30 €
./. anteilige steuerliche
Buchwerte der Immobilien
45.795,73 €
50.638,30 €
= Veräußerungsgewinn
14.279,33 €
16.444,00 €

Der von den Klägern hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.

Die dagegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2015, 1447 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab. Die Kläger hätten ihre Beteiligungen veräußert und dadurch den Tatbestand des § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erfüllt. Das FA habe den Veräußerungsgewinn zu niedrig ermittelt. Eine Erhöhung der Steuerfestsetzung scheide wegen des Verböserungsverbots aber aus. Das FG berechnete die Veräußerungsgewinne wie folgt:


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B-GmbH & Co. KG
100 %
Anteil Kläger
Veräußerungspreis =
Anschaffungs- und
Herstellungskosten ohne Agio
551.473.272,40 €
64.879,20 €
./. Anschaffungskosten
zuzüglich Agio (1.278,23 €)
66.157,47 €
+ AfA (§ 23 Abs. 3 Satz 4 EStG)
19.960,35 €
./. Werbungskosten
3.572,00 €
= Veräußerungsgewinn
15.110,12 €


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T-GmbH & Co. KG
100 %
Anteil Kläger
Veräußerungspreis =
Anschaffungs- und
Herstellungskosten ohne Agio
734.232.497,46 €
69.110,74
./. Anschaffungskosten zzgl.
Agio (1.278,23 €)
70.388,97 €
+ AfA (§ 23 Abs. 3 Satz 4 EStG)
21.302,24 €
./. Werbungskosten
2.615,19 €
= Veräußerungsgewinn
17.408,82 €

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Sie tragen u. a. vor, sie hätten für ihre Beteiligungen an den Fonds Schadensersatz erhalten. Es habe daher kein Veräußerungsgeschäft, sondern eine Rückabwicklung vorgelegen. Zudem sei der Veräußerungsgewinn fehlerhaft ermittelt worden.

Am 15. Mai 2014 ist aus nicht streitigen Gründen ein geänderter Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr ergangen.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 15. Mai 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. September 2011 dahin abzuändern, dass die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften jeweils um 15.361 € beim Kläger und bei der Klägerin niedriger angesetzt werden.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zwar ohne Rechtsfehler die Kauf- und Übertragungsverträge vom 3. März 2006 und 15. März 2006 als steuerbare Veräußerung i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gewürdigt (1.). Es hat aber den Veräußerungsgewinn rechtlich fehlerhaft ermittelt (2.). Das Verfahren ist nicht spruchreif und an das FG zurückzuverweisen (3.).

1. Die Verträge vom 3. März 2006 und 15. März 2006 sind vom FG ohne Rechtsfehler als steuerbare Veräußerung i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG eingeordnet worden.

a) Private Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nr. 2 EStG) i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung von Grundstücken oder ihnen gleichgestellten Rechten nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Es handelt sich hierbei um einen sog. gestreckten Steuertatbestand, dessen Verwirklichung mit der Anschaffung des Wirtschaftsguts beginnt und mit dessen. Veräußerung endet (, BFHE 214, 267, BStBl II 2007, 162, m. w. N.).

aa) Als Anschaffung und Veräußerung werden im Regelfall der entgeltliche Erwerb und die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf eine andere Person aufgefasst (vgl. , BFH/NV 2003, 1171, unter II.1.b aa, und , BFHE 192, 435, BStBl II 2000, 614, unter II.3.b). Darüber hinaus können aber auch andere marktoffenbare Vorgänge als Veräußerung i. S. von § 23 Abs. 1 EStG zu beurteilen sein (vgl. u. a. BFH-Urteile in BFHE 192, 435, BStBl II 2000, 614, und , BFHE 202, 351, BStBl II 2003, 752, unter II.1.b cc).

bb) Die Anschaffung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft gilt nach § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter. Danach verwirklicht den Tatbestand auch, wer sich an einer Grundstücke besitzenden Personengesellschaft beteiligt und seine Beteiligung veräußert. Eine mittelbare Beteiligung liegt auch vor, wenn dem Steuerpflichtigen die mit der Gesellschafterstellung verbundenen Rechte auf steuerrechtlicher Grundlage als Treugeber zuzurechnen sind (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 der Abgabenordnung –AO–). Die Veräußerung setzt in diesem Fall voraus, dass der Treugeber seine (vertragliche) Stellung mit allen Rechten und Pflichten entgeltlich auf einen Dritten überträgt, der in vollem Umfang in die Stellung des Treugebers einrückt.

cc) Eine Veräußerung liegt u. a. dann nicht vor, wenn das ursprüngliche Anschaffungsgeschäft rückabgewickelt wird. Dies ist u. a. der Fall, wenn das (auf die Anschaffung eines Grundstücks gerichtete) Erwerbsgeschäft wegen Vertragsstörung keinen Bestand hat und die Vertragspartner sich die gegenseitig erbrachten Leistungen vollständig zurückgewähren (vgl. BFH-Urteile in BFHE 214, 267, BStBl II 2007, 162, unter II.2.b; , BFHE 227, 349, BStBl II 2010, 539, unter II.2.a, und , BFH/NV 2015, 1567, unter II.2.a; , BFH/NV 2006, Beilage 2, 187, unter II.3.c bb; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 34. Aufl., § 23 Rz 49; Musil in Herrmann/Heuer/Raupach –HHR–, § 23 EStG Rz 57; Kube in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., § 23 Rz 17; Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz 151, 153; Berninghaus, Deutsches Steuerrecht –DStR– 2014, 624, 625; Lampe, Betries-Berater 2008, 2599, 2603; P. Fischer, Finanz-Rundschau 2000, 393, 394). Entsprechendes gilt, wenn der Erwerb einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung rückabgewickelt wird. An einer Veräußerung fehlt es in diesen Fällen insbesondere, wenn der nur mittelbar an einer Personengesellschaft beteiligte Treugeber das Treuhandverhältnis durch Kündigung gegenüber dem Treunehmer beendet und in der Folge seine Rechtsstellung auf diesen zurücküberträgt; denn die Rückgabe der zuvor erworbenen Rechtsstellung stellt in diesem Fall keinen marktoffenbaren Vorgang, sondern nur einen notwendigen Teilakt im Rahmen der Rückabwicklung dar. Ganz allgemein spielt es in diesem Zusammenhang keine Rolle, ob die Rückabwicklung des Vertrags auf Rücktritt, Kündigung, der Leistung von Schadensersatz oder einem anderen Rückabwicklungsgrund beruht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 214, 267, BStBl II 2007, 162).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das FG in vertretbarer Weise anhand einer Gesamtwürdigung der objektiven Umstände des Einzelfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass im Streitfall eine Veräußerung und keine Rückabwicklung vorliegt.

aa) Das FG hat zunächst anhand des Wortlauts der Vereinbarung angenommen, dass eine neue Vereinbarung abgeschlossen und nicht lediglich das ursprüngliche Anschaffungsgeschäft rückabgewickelt worden ist. Der Vertrag ist nach den Feststellungen des FG als „Kauf- und Übertragungsvertrag” bezeichnet. Die Kläger werden als „Verkäufer” und die FT-GmbH als „Käufer” bezeichnet. Es werden im Vertrag der „Verkauf” der Beteiligung und der „Kaufpreis” bestimmt. Diese Formulierungen hat das FG dahingehend gewürdigt, dass die Vertragsparteien willentlich und wissentlich davon ausgegangen seien, einen Kaufvertrag abzuschließen.

Eine Rückabwicklung lag nicht vor, obwohl der Erwerber eine Zweckgesellschaft des Emittenten war. Die Erwerbergesellschaft ist als juristische Person eigenständig. Sie ist als Erwerberin Treugeberin der Anteile der Kläger geworden; die Fonds bestanden auch nach dem Ausscheiden der Kläger fort.

Die Verträge sind auch inhaltlich als Kaufverträge ausgestaltet. Die Beteiligten haben nicht etwa ihre jeweils erhaltenen Leistungen (Kaufpreis für die Beteiligung nebst Zinsen darauf, Ausschüttungen) und die gezogenen oder schuldhaft nicht gezogenen Nutzungen zurückgewährt. Stattdessen wurde vom Erwerber ein Kaufpreis ermittelt. Gegen die Annahme eines Rückabwicklungsverhältnisses spricht auch, dass in § 4 der Kauf- und Übertragungsverträge Gewährleistungsrechte geregelt sind. Insoweit ist auch die Würdigung des FG, dass die Beteiligten neue selbständige Kaufverträge abschließen wollten, im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Nach den Feststellungen des FG enthielten die Verträge zu Fragen der einzelfallbezogenen Schadensermittlung keine Regelungen. Die Schadensersatzansprüche, die von den Klägern zuvor gegen den Initiator gerichtlich geltend gemacht worden sind, werden im Vertrag nicht erwähnt (z. B. Prospekthaftung, culpa in contrahendo, positive Vertragsverletzung der abgeschlossenen Treuhandvereinbarung, § 823 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB– i. V. m. § 264a des Strafgesetzbuchs; § 826 BGB; vgl. zu den in einen Schadensersatzanspruch einzubeziehenden Posten Jooß, DStR 2014, 6, 7). Überdies wurde das (Rückkauf-) Angebot der FT-GmbH allen Anlegern der betroffenen Fonds gemacht und nicht nur denjenigen, die auf dem Zivilrechtsweg Schadensersatzansprüche geltend gemacht hatten.

bb) Diese Feststellungen und Würdigungen des FG haben die Kläger nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen, so dass sie für den BFH bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO).

2. Die revisionsrechtlich zutreffende Annahme eines Rückkaufvertrags besagt jedoch nichts über Inhalt und Rechtsgrund der vertraglich vereinbarten Gegenleistung (en). Insoweit hat das FG zu Unrecht nicht geprüft, ob die an die Kläger geleisteten und als Kaufpreis bezeichneten Zahlungen in voller Höhe oder nur teilweise als Veräußerungspreis i. S. des § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG einzuordnen sind. Es hat nicht geprüft, ob die vereinbarten Gegenleistungen noch andere Bestandteile enthielten, die zum Beispiel für die im Rahmen des Kaufvertrags vereinbarte Rücknahme der Schadensersatzklage und den Verzicht auf die Geltendmachung weiterer Schadensersatzansprüche geleistet worden sind. In der Folge hat das FG den Veräußerungsgewinn rechtsfehlerhaft ermittelt.

a) Gewinn oder Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften ist nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG der Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindern sich um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte i. S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6 EStG abgezogen worden sind (§ 23 Abs. 3 Satz 4 EStG).

aa) Veräußerungspreis ist jede Gegenleistung, die der Veräußerer in Geld oder Geldeswert für das Wirtschaftsgut erhält. Zum Veräußerungspreis gehören danach neben dem Verkaufserlös auch alle sonstigen geldwerten Güter i. S. des § 8 EStG, die der Steuerpflichtige als Gegenleistung für das veräußerte Wirtschaftsgut erhält (vgl. HHR/Musil, § 23 EStG Rz 272; Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz 204).

bb) Bei einem Kaufvertrag zwischen fremden Dritten ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Veräußerungspreis dem vereinbarten Kaufpreis entspricht, denn insofern bestehen grundsätzlich keine Anhaltspunkte, dass mit dem Kaufpreis zugleich etwas anderes als der Wert des erhaltenen Gegenstands entgolten werden soll. Anders kann dies jedoch sein, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gegenleistung nicht nur für die Übertragung des Erworbenen erbracht wird, sondern dass damit zugleich eine andere Leistung entgolten oder ein Teil der Gegenleistung unentgeltlich zugewendet werden soll. Wie im Rahmen der Veräußerungsgewinnermittlung nach § 17 Abs. 2 EStG muss dann auch bei § 23 Abs. 3 EStG gefragt werden, welcher Teil einer einheitlichen Geldleistung als Gegenleistung für die Hingabe des Wirtschaftsguts oder für eine andere Verpflichtung geleistet worden ist (vgl. , BFHE 137, 407, BStBl II 1983, 289, und , GmbH-Rundschau 2003, 963, unter II.2.a). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass ein Erwerber für die Übertragung der Anteile unter fremden Dritten nicht mehr zu bezahlen bereit ist, als es ihrem Verkehrswert entspricht.

cc) Nach den Feststellungen des FG bestehen im Streitfall hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die als Kaufpreis bezeichnete Zahlung nicht allein für die Übertragung der Treugeberstellung, sondern auch für die im Rahmen des Kaufvertrags vereinbarte Rücknahme der Schadensersatzklage und den Verzicht auf die Geltendmachung weiterer Schadensersatzansprüche geleistet worden ist. Bei insoweit gebotener wirtschaftlicher Betrachtung dürfte auf der Grundlage der Feststellungen des FG kein Zweifel bestehen, dass die Erwerberin die Anteile nicht erwerben wollte, um eine gleichwertige Gegenleistung zu erhalten, sondern dazu eingeschaltet war, um den Anlegern (und damit auch den Klägern) ein Abfindungsangebot zu unterbreiten und um die das Land Berlin belastende Prozesssituation (Gewährträgerhaftung) kalkulierbar und zeitnah zu beenden. Die Erwerberin war als Zweckgesellschaft der B-AG zum Rückerwerb der Fondsanteile kein fremder Dritter, der auf dem Markt zu einem angemessenen und unter fremden Dritten üblichen Preis nach einer lukrativen Beteiligung suchte. Nach den Feststellungen des FG sind die Kläger durch den Kaufpreis –zumindest teilweise– auch entschädigt worden. Der Kaufpreis ist daher in einen Veräußerungspreis i. S. des § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG und in eine Zahlung für die Rücknahme der Schadensersatzklage und die Freistellung von Schadensersatzansprüchen aufzuteilen.

b) Das FG ist bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil kann deshalb keinen Bestand haben. Das FG hat es versäumt, den Wert der Anteile und der in ihnen enthaltenen Immobilien im Zeitpunkt der Übertragung zu ermitteln und damit die Frage zu klären, welcher Teil des Kaufpreises für die Übertragung der Treugeberstellung und welcher Teil für eine andere Gegenleistung der Kläger gezahlt worden ist. Dabei ist es nicht dem Einwand der Kläger nachgegangen, dass die Anteile im Zeitpunkt der Übertragung aufgrund der in ihnen enthaltenen „Schrottimmobilien” keinen oder nur einen sehr geringen Wert hatten und ob und inwieweit der Wert der Beteiligungen unter dem tatsächlichen Kaufpreisangebot lag. Hierzu hätte indes Anlass bestanden, da sowohl nach der übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten als auch nach den Feststellungen des FG alleiniger Hintergrund der den Klägern unterbreiteten Rückkaufofferte der Umstand war, dass der Wert der Beteiligungen nicht dem Wert der von den Klägern geleisteten Einlagen entsprach.

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann auf der Grundlage der Feststellungen des FG nicht beurteilen, ob die Kläger aus der Veräußerung ihrer mittelbaren Beteiligungen Gewinne oder Verluste erzielt haben.

a) Das FG wird dazu zunächst aufklären müssen, welcher Teil des Kaufpreises für die Übertragung der Treugeberstellung aufgewandt worden ist und welcher Teil auf die sonstigen Bestandteile der Leistung –insofern liegt ein Veräußerungsgeschäft bei Grundstücken nicht vor– entfällt.

b) Es hat dazu den Wert der Beteiligungen der Kläger im Veräußerungszeitpunkt zu ermitteln.

aa) Maßgeblich kommt es darauf an, was ein fremder Dritter für die Beteiligung zu zahlen bereit gewesen wäre. Dabei dürfen nur Informationen berücksichtigt werden, zu denen ein gedachter Erwerber Zugang hätte, weil er sie sich aus allgemein zugänglichen Quellen verschaffen könnte (Veröffentlichungen der Fonds, Geschäftsberichte und Jahresabschlüsse der Vergangenheit, Zeitungsartikel etc.). Auf andere, insbesondere interne Unterlagen der Fonds, zu denen die Gesellschafter und die Öffentlichkeit keinen Zugang haben, darf hingegen nicht abgestellt werden. Auch wenn sie im Einzelfall bekannt sein sollten, müssen sie bei der Bewertung außer Betracht bleiben.

bb) Aus der Sicht eines noch nicht an der Gesellschaft beteiligten zukünftigen Erwerbers wird es maßgeblich zumindest darauf ankommen, wie sicher die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals war (Gewährträgerhaftung) und welche Ausschüttungen bzw. welche (ggf. typisierten) steuerlichen Vorteile aufgrund des Erwerbs zu erwarten waren.

cc) Ergibt sich bei entsprechender Bewertung der Anteile der Kläger, dass diese nicht mit dem in den Vereinbarungen angeführten prozentualen Nominalwert der Einlage, sondern mit einem niedrigeren Wert zu bewerten waren, liegt es nahe, dass der darüber hinausgehende Teil des „Kaufpreises” nicht für die Übertragung der Anteile, sondern für andere Verpflichtungen der Kläger gezahlt worden ist und deshalb nicht zum Veräußerungspreis gehört.

4. Für die weitere Ermittlung des Veräußerungsgewinns weist der Senat auf Folgendes hin:

a) Nach § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG gelten die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter. Die auf der Grundlage von § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG für den Fall des Ein- oder Austritts aus der Personengesellschaft geltende Bruchteilsbetrachtung betrifft die Frage, ob der Gesellschafter mit seinem Ein- oder Austritt aus der Gesellschaft innerhalb der Fristen des § 23 Abs. 1 EStG den Einkünftetatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verwirklicht. Im Fall des § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG entsteht ein Veräußerungsgewinn oder -verlust allein auf der Ebene des Gesellschafters (vgl. auch , BFHE 244, 225, BFH/NV 2014, 745, unter II.2.a bb, sowie , BFHE 190, 87, BStBl II 1999, 820, unter II.1., und , BFHE 192, 273, BStBl II 2000, 686, unter II. 2.a zu Anteilen i. S. des § 17 EStG; Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main, Rundverfügung vom 2. September 2015, juris, unter 1.2.; vgl. auch Engel, Vermögensverwaltende Personengesellschaften im Ertragsteuerrecht, 2. Aufl., 2015, Rz 1137; Bruschke, Deutsche Steuer-Zeitung –DStZ– 2008, 728, 729).

Der Gewinn oder Verlust ist deshalb nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG für jeden einzelnen Beteiligten anhand seiner individuellen Anschaffungskosten und seines individuellen Veräußerungserlöses zu ermitteln (vgl. BFH-Urteil in BFHE 244, 225, BFH/NV 2014, 745, unter II.2.a cc; Bruschke, DStZ 2008, 728, 729). Im Hinblick auf das Ziel des § 23 EStG, den individuellen Vermögenszuwachs oder -verlust des Gesellschafters und damit dessen steuerliche Leistungsfähigkeit zu erfassen (vgl. Kube in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., § 23 Rz 1), ist im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 23 Abs. 3 EStG auf die individuell aufgewandten Anschaffungskosten der Kläger und den konkret von ihnen erzielten Veräußerungserlös für die in der Beteiligung befindlichen Immobilien abzustellen (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 244, 225, BFH/NV 2014, 745, unter II.2.a cc).

Diese personenbezogene Auslegung der Vorschrift wird auch gestützt durch die Regelung in § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG, wonach sich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen mindern, soweit diese bei der Ermittlung der Einkünfte i. S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6 EStG abgezogen worden sind. § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG stellt für den Fall der Verwirklichung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG auf der Ebene des Gesellschafters allein auf die individuelle Besteuerung des Anlegers und nicht auf die tatsächlichen Verhältnisse bei der Gesellschaft ab. Danach sind die Anschaffungskosten der Kläger um die ihnen in der Vergangenheit von den Gesellschaften zugewiesenen und bei ihnen auch tatsächlich steuerlich berücksichtigten Beträge für Absetzungen für Abnutzung zu vermindern.

Davon zu unterscheiden ist die Verwirklichung des Tatbestands des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 EStG auf der Ebene der vermögensverwaltenden Gesellschaft, die dem Gesellschafter auf der Grundlage von § 39 Abs. 2 Nr. 2, § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte zuzurechnen ist. In diesem Fall entsteht der Veräußerungsgewinn oder -verlust auf der Ebene der Gesellschaft. Maßgeblich für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder -verlusts sind die Anschaffungskosten und der Veräußerungspreis der Gesellschaft. Dem Gesellschafter sind die nach § 23 Abs. 3 EStG auf der Ebene der Gesellschaft ermittelten Einkünfte über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung nach § 182 Abs. 1 Satz 1 AO zuzurechnen.

b) Zum Veräußerungserlös zählt im Fall der Entstehung des Veräußerungsgewinns auf der Ebene des Gesellschafters alles, was der Anleger für die Übertragung seiner (un)mittelbaren Beteiligung vom Erwerber erhalten hat. Der Veräußerungserlös ist im Streitfall nicht zu erhöhen um anteilige Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft. Zum Veräußerungspreis i. S. des § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG kann zwar auch die Freistellung des Veräußerers von einer ihn treffenden Verbindlichkeiten gehören (vgl. HHR/Musil, § 23 EStG Rz 272; Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz 204). Dies setzt jedoch voraus, dass der Veräußerer für die Verbindlichkeiten zumindest haftete und der Erwerber in diese Haftung eintritt. Nach den Feststellungen des FG sind die Kläger indes nicht von einer sie belastenden Verbindlichkeit befreit worden, zumal sie aufgrund entsprechender Anwendung des § 171 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs als (nur mittelbar beteiligte) Treugeberkommanditisten ohnehin für die Verbindlichkeiten der vermögensverwaltenden Personengesellschaft nicht hafteten. Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG. Die Vorschrift betrifft allein die Frage der Verwirklichung der Tatbestände des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 EStG für den Fall der Anschaffung und der Veräußerung des Anteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft. Bei der Ermittlung des vom Gesellschafter individuell verwirklichten Veräußerungsgewinns oder -verlusts nach § 23 Abs. 3 EStG findet sie aufgrund ihrer systematischen Stellung dagegen keine Anwendung.

c) Zu den Anschaffungskosten zählt alles, was der Anleger zur Begründung seiner (un)mittelbaren Beteiligung aufgewandt hat. Keine Rolle spielt, welchen Teil der Einlage der Fonds tatsächlich zur Anschaffung von Immobilien aufgewandt hat und welcher Teil in Kosten und Provisionen geflossen ist. Auch die Fremdfinanzierungsquote des Fonds ist unbeachtlich. Aus diesem Grund scheidet auch die vom FA und FG vorgenommene Ermittlung des Veräußerungspreises auf der Grundlage der fortgeführten Anschaffungskosten des Fonds aus.

d) Das FG hat den Veräußerungsgewinn oder -verlust auf der o. g. Grundlage neu zu ermitteln. Das FG wird dabei, ausgehend von § 23 Abs. 3 EStG, vom Verkaufspreis der Beteiligung die von den Klägern aufgewandten Anschaffungskosten der Beteiligung einschließlich des Aufgeldes und die Veräußerungskosten abziehen und anschließend nach § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG die bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogenen Absetzungen für Abnutzung, erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen hinzurechnen.

5. Die Kostenentscheidung bleibt dem FG vorbehalten (§ 143 Abs. 2 FGO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
ZAAAF-80344