Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde; Erledigung der Hauptsache nach Ergehen des angefochtenen FG-Urteils
Leitsatz
Erledigt sich die Hauptsache nach Ergehen des angefochtenen FG-Urteils durch Erlass eines abändernden Bescheids, kann der Kläger auch noch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde zur Fortsetzungsfeststellungsklage übergehen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass ein besonderes Feststellungsinteresse i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO besteht.
Gesetze: FGO § 100 Abs. 1 Satz 4
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Beschwerde ist unzulässig.
2 1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für die mit der Beschwerde weiterhin angestrebte Zulassung der Revision. Der Kläger ist durch das finanzgerichtliche Urteil nicht mehr beschwert, da der Änderungsbescheid vom an die Stelle des Urteils getreten und dadurch eine Erledigung der Hauptsache des Beschwerdeverfahrens eingetreten ist (vgl. , BFHE 169, 20, BStBl II 1993, 57).
3 a) Ein Rechtsstreit ist in der Hauptsache erledigt, wenn nach Rechtshängigkeit ein außerprozessuales Ereignis eintritt, durch welches unmittelbar das gesamte im Klageantrag zum Ausdruck kommende Begehren objektiv gegenstandslos geworden ist (Beschluss des Großen Senats des , BFHE 127, 147, BStBl II 1979, 375, unter B.II.2.; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 138 Rz 66). So verhält es sich hier. Mit Änderungsbescheid vom wurde das Fahrzeug des Klägers —wie von diesem vor dem Finanzgericht beantragt— als LKW besteuert. Dem Klagebegehren ist damit vollumfänglich entsprochen worden. Da sich der Kläger trotz Anfrage der Geschäftsstelle des Senats der einseitigen Erledigungserklärung des Beklagten und Beschwerdegegners (Hauptzollamt —HZA—) vom nicht angeschlossen hat, war weiterhin über die Zulassung der Revision zu entscheiden (Gräber/Ratschow, a.a.O., § 116 Rz 74).
4 b) Zwar konnte der Kläger mit Schriftsatz vom zur Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) übergehen, indem er nunmehr begehrt, festzustellen, dass der Bescheid vom rechtswidrig war. Eine solche Klageänderung ist grundsätzlich auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde möglich (, Rz 1, nicht veröffentlicht; BFH-Beschlüsse vom VII B 34/01, BFH/NV 2001, 1604, unter II.2.a, und vom VIII B 181/04, BFH/NV 2005, 896, unter 1.b; jeweils m.w.N.; Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 100 Rz 80). Sie führt vorliegend jedoch nicht zur Zulassung der Revision, da ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO nicht besteht.
5 aa) „Berechtigtes Interesse“ i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende Interesse rechtlicher, tatsächlicher oder wirtschaftlicher Art (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa , BFHE 116, 315, BStBl II 1975, 860; Gräber/ Stapperfend, a.a.O., § 100 Rz 89). Dieses kann sich u.a. daraus ergeben, dass ein konkreter Anlass für die Annahme besteht, die Finanzbehörde werde die vom Kläger für rechtswidrig erachtete Maßnahme in absehbarer Zukunft wiederholen (Wiederholungsgefahr; vgl. etwa , BFH/NV 1996, 873, unter II.1., m.w.N.; Gräber/ Stapperfend, a.a.O., § 100 Rz 89). Ersetzt jedoch ein Änderungsbescheid den ursprünglich angefochtenen Bescheid und wird damit nach § 68 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens, besteht grundsätzlich kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Bescheids (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa , BFHE 169, 117, BStBl II 1993, 120, unter II.1.b, und vom V R 39/92, BFHE 174, 268, BStBl II 1994, 538, unter II.1.; Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 100 Rz 93). Eine Wiederholungsgefahr ist in diesen Fällen selbst dann zu verneinen, wenn sich aus den Gründen des Änderungsbescheids nicht ergibt, dass die Finanzbehörde den ursprünglich angefochtenen Verwaltungsakt wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben hat (vgl. , BFH/NV 2012, 2004, Rz 23, m.w.N.; Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 100 Rz 89). Ein Feststellungsausspruch bezüglich erledigter Bescheide kommt nur unter sehr engen Voraussetzungen in Betracht, etwa wenn der erledigte Bescheid nach wie vor Grundlage einer noch bestehenden Pfändung ist oder etwa sich bei der Beurteilung eines Steuervorauszahlungsbescheids Rechtsfragen stellen, die im Rahmen der Entscheidung über den Jahressteuerbescheid nicht geklärt werden können und an deren Klärung der Kläger ein berechtigtes Interesse hat (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 2004, Rz 26).
6 bb) Der Kfz-Steuerbescheid vom , den das damals für die Kfz-Steuer zuständige Finanzamt (FA) erlassen hatte, entfaltet aufgrund des Änderungsbescheids vom für den Kläger keine Rechtswirkungen mehr. Die Kfz-Steuer für das Fahrzeug des Klägers wurde lediglich für den Zeitraum vom bis zum festgesetzt. Eine Regelung oder Bindungswirkung für die Zukunft ergibt sich hieraus nicht. Aufgrund des zwischenzeitlichen Übergangs der Zuständigkeit für die Kfz-Besteuerung vom FA auf das HZA ist darüber hinaus ein konkreter Wiederholungsfall nicht absehbar.
7 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
AO-StB 2016 S. 256 Nr. 9
BFH/NV 2016 S. 1059
QAAAF-74512