BGH Beschluss v. - XI ZR 515/15

Instanzenzug: KG

Gründe

I.

1Der Kläger zu 144) (im Folgenden: Antragsteller) hat mit Schriftsatz seines Prozessvertreters vom , eingegangen an diesem Tag, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt.

2Das vom Antragsteller angegriffene Urteil des Berufungsgerichts ist dessen zweitinstanzlichem Prozessvertreter am zugestellt worden. Der Antragsteller macht unter Versicherung an Eides statt geltend, ein Benachrichtigungsschreiben seines Prozessvertreters vom habe ihn vermutlich wegen eines bundesweiten Poststreiks erst am erreicht. Er habe deswegen seinem Rechtsanwalt erst am den Auftrag erteilen können, die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde zu veranlassen.

3Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags verweist er weiter auf eine eidesstattliche Versicherung seines zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom . Danach sei am an den Antragsteller ein Erinnerungsschreiben versandt und am versucht worden, mit allen Mandanten, die sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht zur Einlegung eines Rechtsmittels geäußert hatten, Kontakt per E-Mail oder Telefon aufzunehmen. Eine Internetrecherche zu der dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten unbekannten Telefonnummer des Antragstellers habe allerdings "eine Mehrzahl von Dr. F. L. in H. " ergeben, die im Einzelnen "auf Verdacht abzutelefonieren" der zweitinstanzliche Prozessvertreter mit dem Anwaltsgeheimnis für unvereinbar gehalten habe. Erst am habe der Antragsteller persönlich in der Kanzlei angerufen und nach fernmündlicher Beratung die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags beauftragt.

II.

4Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde ist zurückzuweisen, weil nicht feststeht, dass der Kläger ohne Verschulden seines zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten, das ihm nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, gehindert war, das Rechtsmittel rechtzeitig einzulegen.

51. Der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Antragstellers ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass wegen des angelaufenen Poststreiks das im allgemeinen gerechtfertigte Vertrauen in eine fristgemäße Briefbeförderung gestört war und deswegen gesteigerte Sorgfaltsanforderungen bestanden (vgl. BVerfG NJW 1995, 1210, 1211 f.; , NJW 1993, 1332 und vom - II ZB 18/92, NJW 1993, 1333, 1334). Er war deswegen, wie er richtig erkannt hat, gehalten, sich rechtzeitig vor Ablauf der Beschwerdefrist bei dem Antragsteller auf anderem Wege zu erkundigen, ob dieser das Mitteilungsschreiben vom oder das Erinnerungsschreiben vom erhalten hat.

62. Der Antragsteller hat aber nicht nach § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht, dass eine telefonische Benachrichtigung am ohne ein Verschulden seines zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten unterblieben ist.

7a) Dafür reichen pauschale Hinweise - wie hier auf eine nicht weiter spezifizierte "Internet-Recherche" - nicht aus (vgl. dazu , NJW 2004, 2525, 2526). Dabei bleibt vorliegend etwa offen, welche Suchsoftware und welche Suchkriterien eingesetzt worden sind. Insbesondere lässt sich die Darstellung des zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten, die Suche habe eine "Mehrzahl von Dr. F. L. in H. " ergeben, bei Nutzung allgemein üblicher Suchmaschinen und Verwendung des vollen Namens sowie der vollen Adresse des Antragsstellers nicht nachvollziehen.

8b) Jedenfalls ist nicht dargetan, dass der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte unverschuldet nicht in der Lage war, die Telefonnummer des Antragstellers anhand der dafür allgemein verfügbaren Telefonbücher und -verzeichnisse zu ermitteln. Weder trägt der Antragsteller vor noch ist sonst ersichtlich, dass es dessen zweitinstanzlichem Prozessbevollmächtigten nicht möglich war, etwa der Online-Ausgabe des örtlichen Telefonbuchs für H. die private Telefonnummer des Antragstellers zu entnehmen. Dabei besteht auch keine Verwechslungsgefahr, da der Anschlussinhaber in diesem Telefonverzeichnis mit vollem Namen und der - hier dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten bekannten - Privatadresse genannt ist. Ebenso fehlt eine Darlegung, weshalb der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Antragstellers gehindert war, in dem weiteren, von der Deutsche Telekom Medien GmbH herausgegebenen, online abrufbaren Telefonverzeichnis "Das Telefonbuch" die Telefonnummer des Antragstellers unter dessen vollem Namen und korrekter Anschrift aufzufinden.

9c) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO kommt danach nicht in Betracht. Wäre der Antragsteller am , als dessen zweitinstanzlicher Prozessbevollmächtigter die Nachforschung nach dessen Telefonnummer aufgab, tatsächlich telefonisch erreicht worden, hätte er an diesem oder - wie später tatsächlich geschehen - am Folgetag den Auftrag zur Einlegung des Rechtsmittels erteilen können.

Fundstelle(n):
EAAAF-72974