BGH Beschluss v. - EnZR 50/14

Rückforderung von Stromnetznutzungsentgelt: Darlegung der Billigkeit der Netzentgelte durch den Netzbetreiber; Erschütterung der Indizwirkung einer Entgeltgenehmigung

Gesetze: § 315 BGB, § 21 EnWG, §§ 21ff EnWG, § 23a EnWG

Instanzenzug: Az: EnZR 50/14 Beschlussvorgehend Az: VI-2 U (Kart) 2/13 Urteilvorgehend Az: 37 O 62/11 (Kart) Urteilnachgehend Az: EnZR 50/14 Beschlussnachgehend Az: 1 BvR 1486/16 Nichtannahmebeschluss

Gründe

1Zur Begründung wird auf den Beschluss des Senats vom Bezug genommen. Die Stellungnahme der Klägerin vom gibt dem Senat keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung des Sachverhalts.

21. Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin gegen die Auffassung des Senats, das Berufungsgericht habe ohne Rechtsfehler von einer Vorlage der ungeschwärzten Genehmigungsunterlagen der Beklagten nach § 142 ZPO abgesehen.

3Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang eine "ungenügende" Umsetzung der Veröffentlichungspflichten der zuständigen Regulierungsbehörde nach § 74 EnWG und eine "fehlende" Umsetzung des in den Erwägungsgründen 11, 39 und 51 und in Art. 37 Abs. 1 Buchst. i und Abs. 13 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (im Folgenden: Stromrichtlinie) geregelten Transparenzgebots behauptet, betrifft dies nicht das Prozessrechtsverhältnis der Streitparteien, sondern den Aufgabenbereich der Regulierungsbehörde. Art. 37 Abs. 1 Buchst. i und Abs. 13 Stromrichtlinie sind - wie ihre nahezu wortgleiche Vorgängerbestimmung in Art. 23 Abs. 1 Satz 3 Buchst. h, Abs. 8 der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG - durch §§ 30, 63 Abs. 3 EnWG in nationales Recht umgesetzt worden (vgl. BT-Drucks. 15/3917, S. 63, 70). Die zivilprozessualen Darlegungs- und Beweislasten werden hierdurch nicht geregelt.

4Entgegen der Auffassung der Klägerin ist ihr Recht auf Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes und auf prozessuale Waffengleichheit nicht verletzt. Danach müssen die Beteiligten einer bürgerlichen Rechtsstreitigkeit insbesondere die Möglichkeit haben, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten (vgl. BVerfGE 74, 78, 95; 93, 213, 236; NJW 2001, 2531 mwN). Dem entspricht die Rechtsprechung des Senats zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Netzentgeltrückforderungsprozess (vgl. Senatsurteil vom - EnZR 105/10, RdE 2012, 382 Rn. 33 ff. mwN - Stromnetznutzungsentgelt V). Danach obliegt es dem Netznutzer, die Indizwirkung der Entgeltgenehmigung durch geeigneten Vortrag zu erschüttern. Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, dass sie hierzu außerstande war.

52. Die Angriffe der Klägerin gegen die Auffassung des Senats, die Ausführungen des Berufungsgerichts zu ihren Einwendungen gegen die Indizwirkung der Entgeltgenehmigung hielten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand, haben ebenfalls keinen Erfolg. Ihr Vorbringen enthält keine (neuen) Gesichtspunkte, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten.

63. Schließlich ist entgegen der Auffassung der Klägerin kein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union geboten, damit dieser über die Auslegung von Art. 102 AEUV und Art. 37 der Stromrichtlinie entscheiden kann.

7a) Gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist das letztinstanzliche innerstaatliche Gericht, bei dem sich eine entscheidungserhebliche Frage über die Auslegung von Handlungen der Organe der Europäischen Union (Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV) stellt, zur Anrufung des Unionsgerichtshofs verpflichtet, es sei denn, dass die betreffende unionsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl.  283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21  - C.I.L.F.I.T.).

8b) Nach diesen Maßgaben besteht hier keine Vorlagepflicht. Es fehlt bereits an der Entscheidungserheblichkeit der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen. Sie geht dabei nämlich zu Unrecht davon aus, dass es ihr praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert ist, einen Beweis zu führen, der Daten betrifft, über die sie nicht verfügt. Dafür fehlt es - wie bereits ausgeführt - an einem hinreichenden Vorbringen der Klägerin.

Limperg                                       Raum                              Kirchhoff

                      Grüneberg                                Bacher

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:080316BENZR50.14.0

Fundstelle(n):
IAAAF-71940