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FG Bremen Urteil v. - 4 K 46/13 (6)

Gesetze: TabStG § 23 Abs. 1 S. 1TabStG § 23 Abs. 1 S. 2 RL 2008/118/EG Art. 8 Abs. 1b RL 2008/118/EG Art. 7 Abs. 2b FGO§ 96 Abs. 1 S. 1 FGO § 76 Abs. 1 S. 1

„Besitz” des Steuerpflichtigen an in einer von ihm vermieteten Immobilie umgeschlagenen unversteuerten Zigaretten als Voraussetzung für das Entstehen von Tabaksteuer nach § 23 Abs. 1 Satz 2 TabStG

Leitsatz

1. Für den Nachweis der Tatsache, dass jemand Tabakwaren i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 2 TabStG „im Besitz hält” und deswegen zum Schuldner der Tabaksteuer wird, trägt die Behörde die objektive Beweislast (Feststellungslast). Besitz setzt die tatsächliche Sachherrschaft der Person über die Sache voraus, die von einem Besitzwillen der betreffenden Person getragen werden muss. Eigenbesitz in dem Sinne, dass über die Ware frei verfügt werden kann, ist nicht erforderlich; Fremdbesitz, d. h. die Ausübung der Sachherrschaft für einen Dritten als Verwahrer oder aus anderen Gründen, reicht vielmehr ebenso aus.

2. Für „Besitz” i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 2 TabStG muss die Person jedenfalls eine konkrete Einwirkungsmöglichkeit auf die vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachte Ware haben. Das ist u. a. dann nicht der Fall, wenn der betreffenden Person keine Sachherrschaft an der Ware eingeräumt werden soll, weil sie ein Dritter in seinem ausschließlichen Besitz behalten will.

3. Das Finanzgericht ist bei Vorgängen, die sowohl in strafrechtlicher als auch in abgabenrechtlicher Hinsicht zu ermitteln und zu würdigen sind, an die tatsächlichen Feststellungen einer vorangegangenen strafgerichtlichen Entscheidung weder gebunden noch daran gehindert, sich diese Feststellungen zu eigen zu machen. Zur Übernahme der vom Finanzgericht für zutreffend erachtenden Feststellungen und Beweiswürdigungen des Strafgerichts besteht insbesondere Anlass, wenn die strafgerichtliche Entscheidung bereits rechtskräftig ist. Das Zueigenmachen der strafgerichtlichen Feststellungen setzt jedoch voraus, dass diese zur Überzeugung des Gerichts zutreffend sind und keine substantiierten Einwendungen erhoben und entsprechende Beweisanträge gestellt werden.

4. Im Streitfall, in dem der Kläger eine Halle auf einem ehemaligen Pferdegehöft an einen Zigarettenschmuggler zumindest vorübergehend vermietet hat und in dem der Schmuggler mit den unversteuerten Zigaretten zusammen mit dem Kläger und den Abnehmern der Zigaretten in der Halle aufgegriffen worden ist, als die Zigaretten gerade auf einen Anhänger des Klägers umgeladen wurden: Verneinung eines Besitzes i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 2 TabStG durch das Finanzgericht aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Übernahme der nach Ansicht des FG nachvollziehbaren und schlüssigen strafrechtlichen Bewertung des Amtsgerichts, dass

  • der Kläger im Vorfeld keine Kenntnis davon hatte, dass auf seinem Gelände illegal eingeschmuggelte Zigaretten umgeschlagen werden sollten,

  • belastbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Kläger erst kurz vor dem beabsichtigten Umschlag Kenntnis von den Zigaretten erhielt und sich in die Immobilie begab, um die Beteiligten aufzufordern, die illegale Handlung zu beenden.

Fundstelle(n):
FAAAF-71753

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FG Bremen, Urteil v. 01.03.2016 - 4 K 46/13 (6)

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