„Besitz” des Steuerpflichtigen an unverzollten und unversteuerten Zigaretten als Voraussetzung für das Entstehen von Tabaksteuer
Bindung bzw. Beweislast bei Anknüpfen des Finanzgerichts an die vom Landgericht im Strafverfahren angenommene Menge unverzollter
und unversteuerter Zigaretten
Leitsatz
1. Für den Nachweis der Tatsache, dass jemand Tabakwaren i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 2 TabStG „im Besitz hält” und deswegen
zum Schuldner der Tabaksteuer wird, trägt die Behörde die objektive Beweislast (Feststellungslast). Besitz setzt die tatsächliche
Sachherrschaft der Person über die Sache voraus, die von einem Besitzwillen der betreffenden Person getragen werden muss.
Eigenbesitz in dem Sinne, dass über die Ware frei verfügt werden kann, ist nicht erforderlich; Fremdbesitz, d. h. die Ausübung
der Sachherrschaft für einen Dritten als Verwahrer oder aus anderen Gründen, reicht vielmehr ebenso aus.
2. Für „Besitz” i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 2 TabStG muss die Person jedenfalls eine konkrete Einwirkungsmöglichkeit auf die
vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachte Ware haben. Das ist u.a. dann nicht der Fall, wenn der betreffenden
Person keine Sachherrschaft an der Ware eingeräumt werden soll, weil sie ein Dritter in seinem ausschließlichen Besitz behalten
will.
3. Das Finanzgericht ist bei Vorgängen, die sowohl in strafrechtlicher als auch in abgabenrechtlicher Hinsicht zu ermitteln
und zu würdigen sind, an die tatsächlichen Feststellungen einer vorangegangenen strafgerichtlichen Entscheidung weder gebunden
noch daran gehindert, sich diese Feststellungen zu eigen zu machen. Zur Übernahme der vom Finanzgericht für zutreffend erachtenden
Feststellungen und Beweiswürdigungen des Strafgerichts besteht insbesondere Anlass, wenn die strafgerichtliche Entscheidung
bereits rechtskräftig ist. Das Zueigenmachen der strafgerichtlichen Feststellungen setzt jedoch voraus, dass diese zur Überzeugung
des Gerichts zutreffend sind und keine substantiierten Einwendungen erhoben und entsprechende Beweisanträge gestellt werden.
In diesem Zusammenhang reicht die Kundgabe der bloßen abweichenden rechtlichen Würdigung für die Substantiierung ebenso wenig
aus wie das schlichte Bestreiten.
4. Hat der Kläger im Strafververfahren die Steuerhehlerei einer bestimmten Zigarettenmenge gestanden und lässt sich weder
aus den Protkollen einer Telefonüberwachung noch anderweitig zur Überzeugung des Finanzgerichts zweifelsfrei feststellen,
dass der Kläger Schuldner der Einfuhrabgaben für eine größere Menge unverzollter und unversteuerter Zigaretten geworden ist
als vom Landgericht im Strafverfahren angenommen, so ist der Einfuhrabgabenbescheid insoweit aufzuheben, als darin eine größere
Menge Zigaretten als vom Kläger im Strafverfahren gestanden besteuert worden ist.
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