BSG Beschluss v. - B 13 R 451/15 B

Instanzenzug: S 2 R 146/09

Gründe:

1Das Hessische LSG hat im Urteil vom einen Anspruch der im Juni 1963 geborenen Klägerin auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung verneint. Im Oktober 2011 - dem Zeitpunkt, zu dem sie letztmalig die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung (Drei-Fünftel-Belegung) erfüllt habe - sei nach dem Ergebnis der sozialmedizinischen Ermittlungen eine rentenrechtlich relevante Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens nicht hinreichend sicher feststellbar.

2Die Klägerin macht mit ihrer beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten LSG-Urteil die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie einen Verfahrensmangel geltend.

3Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Beschwerdebegründung vom genügt nicht der vorgeschriebenen Form, denn sie hat darin weder eine grundsätzliche Bedeutung ordnungsgemäß dargelegt noch einen Verfahrensmangel formgerecht bezeichnet.

41. Eine grundsätzliche Bedeutung der Sache ist nicht in der erforderlichen Weise dargetan (§ 160 Abs 2 Nr 1 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).

5Hierfür ist in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung zu bezeichnen und schlüssig aufzuzeigen, dass diese klärungsbedürftig, in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 19; Nr 22 RdNr 5; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 2 ff; Nr 9 RdNr 4 - jeweils mwN). Es muss aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein, dass sich die Antwort auf die Rechtsfrage nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz oder der bisherigen Rechtsprechung ergibt; hierzu bedarf es der Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Entscheidungen und sonstiger einschlägiger Rechtsprechung. Diese Anforderungen, die allerdings nicht überspannt werden dürfen, sind verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG [Kammer] SozR 4-1500 § 160a Nr 12 RdNr 3 f; Nr 16 RdNr 4 f; Nr 24 RdNr 5 ff).

6Die Beschwerdebegründung der Klägerin genügt diesen Anforderungen nicht. Sie meint, klärungsbedürftig sei die "Rechtsfrage, ob Zivilpersonen - wie oben aufgeführt - die derartige Beeinträchtigungen haben, noch erwerbstätig sein können". Dabei nimmt sie Bezug auf eine Auflistung der bei ihr diagnostizierten Krankheiten. Eine Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zur Auslegung des § 43 SGB VI, die mit Hilfe der juristischen Methodik über den Einzelfall hinaus verallgemeinerungsfähig beantwortet werden könnte, hat sie damit jedoch nicht benannt. Vielmehr will sie die Tatsachenfrage geklärt wissen, ob nach den Umständen ihres konkreten Falls Erwerbsunfähigkeit bestehe. Eine solche Tatsachenfrage vermag jedoch die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung von vornherein nicht zu eröffnen ( - SozR 4-1500 § 160a Nr 9 RdNr 5 mwN; - BeckRS 2015, 66155 RdNr 8).

72. Die Klägerin hat auch einen Verfahrensmangel nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet (§ 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).

8Hierzu müssen die tatsächlichen Umstände, welche den geltend gemachten Verfahrensverstoß begründen sollen, substantiiert und schlüssig dargelegt und darüber hinaus muss aufgezeigt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4; Nr 21 RdNr 4; Krasney in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX, RdNr 202 ff). Zu beachten ist, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG gestützt werden kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG) und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 3 SGG).

9Diesen Erfordernissen wird das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht. Diese rügt, das LSG sei ihren Hinweisen im Schriftsatz vom zu sozialmedizinischen Feststellungen der Agentur für Arbeit und des Medizinischen Dienstes sowie ihren Beweisangeboten bzw Beweisanregungen im Schriftsatz vom nicht nachgegangen und habe deshalb seine Verpflichtung zur Amtsermittlung (§ 103 SGG) verletzt. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass die im Berufungsverfahren bereits anwaltlich vertretene Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung prozessordnungsgemäße Beweisanträge aufrechterhalten habe oder solche im Urteil des LSG wiedergegeben seien. Damit fehlt es an einer wesentlichen Voraussetzung für eine zulässige Sachaufklärungsrüge (vgl B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN).

10Soweit die Klägerin beanstandet, dass das LSG seiner Entscheidung das psychiatrische Gutachten der Frau Dr. Q. und das orthopädische Gutachten des Dr. H. zugrunde gelegt habe, obwohl diese Gutachten nicht tragfähig bzw nicht überzeugend seien, greift sie die Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht an. Auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien Beweiswürdigung) kann nach der ausdrücklichen Anordnung in § 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG ein Verfahrensmangel jedoch nicht gestützt werden.

113. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

12Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

13Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.

Fundstelle(n):
RAAAF-70404