BGH Urteil v. - IX ZR 109/15

Insolvenzanfechtung: Kenntnis des Gläubigers von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners bei mehreren Beweisanzeichen für eine Zahlungseinstellung

Leitsatz

Schweigt der Schuldner einer erheblichen Forderung während eines monatelangen Zeitraums auf Rechnungen und Mahnungen und bietet er nach Einschaltung eines Inkassounternehmens und Erwirken eines Mahnbescheids in dem auf seinen Widerspruch eingeleiteten gerichtlichen Verfahren die ratenweise Zahlung der Gesamtforderung einschließlich der Zinsen und der angefallenen Kosten an, hat der Gläubiger die Zahlungseinstellung des Schuldners, dessen Zahlungsverzug nicht mit einer fortdauernden Anspruchsprüfung erklärt werden kann, erkannt.

Gesetze: § 133 Abs 1 InsO

Instanzenzug: LG Aachen Az: 6 S 119/14vorgehend AG Aachen Az: 101 C 363/13 Urteil

Tatbestand

1Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Antrag vom über das Vermögen der C.  GmbH                        (nachfolgend: Schuldnerin) am eröffneten Insolvenzverfahren.

2Die Schuldnerin beauftragte die Beklagte im Rahmen einer ständigen Geschäftsbeziehung mit einem Materialtransport von Eschweiler nach Antwerpen. Für diese Leistung stellte die Beklagte der Schuldnerin vereinbarungsgemäß am 30. Juni und insgesamt den Betrag von 16.195,70 € in Rechnung. Ohne Erfolg mahnte die Beklagte am 22. Juli, 29. Juli, 5. August und gegenüber der Schuldnerin die Zahlung an.

3Ein von der Beklagten mit dem Forderungseinzug betrautes Inkassounternehmen erwirkte im Anschluss an eine weitere fruchtlose Mahnung vom gegen die Schuldnerin am einen Mahnbescheid. In dem auf den Widerspruch der Schuldnerin eingeleiteten streitigen Verfahren machte die Beklagte geltend, dass die Schuldnerin keine Einwände gegen die Forderung erhoben habe. Die Schuldnerin zeigte ihre Verteidigungsbereitschaft an und teilte dem Gericht im weiteren Verlauf mit, der Beklagten ein Vergleichsangebot unterbreitet zu haben. Im Rahmen eines am festgestellten gerichtlichen Vergleichs verpflichtete sich die Schuldnerin, in monatlichen Raten von 1.500 €, beginnend ab dem , an die Beklagte 16.195,70 € nebst Zinsen und Rechtsverfolgungskosten zu zahlen. Die Schuldnerin entrichtete am 12. April, 14. Mai und jeweils 1.500 € an die Beklagte.

4Mit vorliegender Klage nimmt der Kläger unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung die Beklagte auf Erstattung der empfangenen Zahlungen über 4.500 € in Anspruch. Die Vordergerichte haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Gründe

5Die Revision hat Erfolg und führt zur Verurteilung der Beklagten.

I.

6Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es fehle an der von § 133 Abs. 1 InsO vorausgesetzten Kenntnis der Beklagten von dem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes werde gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn der Gläubiger gewusst habe, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohe und die Handlung die Gläubiger benachteilige. Die Beklagte habe im Zeitpunkt der Entgegennahme der Ratenzahlungen nicht zwingend auf eine wenigstens drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin schließen müssen. Für die Nichtzahlung seien andere Ursachen als eine Zahlungsunfähigkeit in Betracht gekommen. Es habe die Möglichkeit bestanden, dass die Schuldnerin die Prüfung der Berechtigung der geltend gemachten Forderung noch nicht abgeschlossen gehabt habe. Hiermit lasse sich auch das prozessuale Verhalten, die Erhebung des Widerspruchs und die Mitteilung der Verteidigungsbereitschaft, erklären. Dies gelte umso mehr, als zwischen der Fälligkeit der Forderungen und den angefochtenen Rechtshandlungen ein noch überschaubarer Zeitraum gelegen habe.

7Aus der getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung habe die Beklagte zwar schließen können, dass die Schuldnerin interessiert gewesen sei, die Gesamtfälligkeit der Forderung abzuwenden. Auch diese Erkenntnis deute nicht zwingend auf eine wenigstens drohende Zahlungsunfähigkeit hin. Der Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen im Vergleichswege sei in der Rechtspraxis gängige Übung und biete auch dem Schuldner, dem nicht die Zahlungsunfähigkeit drohe, erhebliche Vorteile.

II.

8Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Klage ist in der Hauptsache gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO begründet. Die Beklagte hat im Wissen um die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin deren Benachteiligungsvorsatz erkannt.

91. Die angefochtenen Ratenzahlungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar, die selbstbestimmt darüber entschieden hat, ob sie die im Vergleichswege übernommenen Verpflichtungen durch Banküberweisungen erfüllt. Infolge des Vermögensabflusses haben die Rechtshandlungen eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) ausgelöst (, WM 2015, 1202 Rn. 8 mwN).

102. Die Schuldnerin hat die Zahlungen mit einem von der Beklagten erkannten Benachteiligungsvorsatz vorgenommen.

11a) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden (, WM 2009, 1943 Rn. 8). Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Kennt der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist ein solcher Gläubiger zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde. Dies gilt insbesondere, wenn der Schuldner gewerblich tätig ist, weil der Gläubiger in diesem Fall mit weiteren Gläubigern des Schuldners mit ungedeckten Ansprüchen rechnen muss (, WM 2013, 174 Rn. 15; vom - IX ZR 4/13, WM 2013, 2074 Rn. 14; vom - IX ZR 104/13, WM 2013, 2231 Rn. 11). Nach den unbeanstandeten Feststellungen der Vordergerichte war der Schuldnerin, die offene Verbindlichkeiten von mehr als 100.000 € vor sich herschob, während des gesamten Zahlungszeitraums ihre Zahlungsunfähigkeit bewusst. Dies gestattet den Schluss auf ihren Benachteiligungsvorsatz.

12b) Die Beklagte hat entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts die aus einer Zahlungseinstellung herrührende Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) und damit den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin erkannt. Zwar beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle der vom Berufungsgericht zur Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes getroffenen Feststellungen darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (, WM 2013, 2272 Rn. 8; vom - IX ZR 280/13, WM 2014, 1868 Rn. 18; vom - IX ZR 180/12, WM 2015, 591 Rn. 15). Einer solchen Überprüfung hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand. Das Berufungsgericht hat maßgebliche, aus Sicht der Beklagten auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin deutende Beweisanzeichen nicht beachtet und bei seiner Würdigung, die unterbliebene Zahlung der Schuldnerin habe aus der Sicht eines Außenstehenden anstelle einer Zahlungsunfähigkeit auf der noch andauernden Prüfung der Berechtigung der Forderung beruhen können, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen.

13aa) Das monatelange völlige Schweigen der Schuldnerin auf die Rechnungen und vielfältigen Mahnungen der Beklagten begründete schon für sich genommen ein Indiz für eine Zahlungseinstellung (, NJW 2014, 164 Rn. 15; RG JW 1926, 591 Nr. 12; Jaeger/Müller, InsO, 2004, § 17 Rn. 32; MünchKomm-GmbHG/Wißmann, 2. Aufl., § 84 Rn. 150; Otte in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 15a InsO Rn. 68).

14(1) Die Forderungen der Beklagten waren der Schuldnerin am 30. Juni und in Rechnung gestellt worden. Ferner hatte die Beklagte am 22. Juli, 29. Juli, 5. August und Mahnungen an die Schuldnerin gerichtet. Durch die zeitlich engmaschigen Rechnungs- und Mahnschreiben hatte die Beklagte einen erheblichen Zahlungsdruck gegenüber der Schuldnerin entfaltet, welcher dieser Anlass gab, die Begründetheit der erhobenen Forderung zur Vermeidung der mit einem Verzug verbundenen Rechtsnachteile schleunigst zu prüfen. Da die Schuldnerin angesichts des intensiven Zahlungsverlangens mit der alsbaldigen Geltendmachung gerichtlicher Schritte rechnen musste, deutete ihr monatelanges Schweigen gerade aus der Sicht der Beklagten nach aller Erfahrung nicht - wie das Berufungsgericht meint - auf eine andauernde Forderungsprüfung, sondern auf schwerwiegende Liquiditätsprobleme hin. Im Falle fortbestehender Zahlungsfähigkeit hätte es der Interessenlage der Schuldnerin entsprochen, nach alsbaldiger Prüfung entweder begründete Einwendungen gegen die Forderung zu erheben oder diese zur Vermeidung einer zu befürchtenden kostenträchtigen gerichtlichen Inanspruchnahme umgehend zu tilgen. Mit einer Prüfung der Forderung, der ein einfacher, leicht feststellbarer Leistungsvorgang zugrunde lag, war das fast fünf Monate währende Schweigen der Schuldnerin zwischen der ersten Rechnungsstellung und dem Erwirken des Mahnbescheides am zumal vor dem Hintergrund der ständigen, bislang störungsfreien Geschäftsbeziehung der Parteien nach aller Erfahrung nicht zu erklären. Als im Wirtschaftsverkehr allein realistische Schlussfolgerung begründete der mehrmonatige Zahlungsverzug der Schuldnerin, die keine Einwendungen gegen die Forderung erhob, die Annahme unüberwindlicher Zahlungsschwierigkeiten. Die in dem ständigen Schieben der Forderung zum Ausdruck kommende schlechte Zahlungsmoral verdeutlichte, dass die Schuldnerin am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierte (MünchKomm-InsO/Eilenberger, 3. Aufl., § 17 Rn. 30).

15(2) Entgegen der weiteren Würdigung des Berufungsgerichts ließ sich auch das prozessuale Verhalten der Schuldnerin, die gegen den Mahnbescheid Widerspruch erhob und sodann im Vergleichsweg eine uneingeschränkt dem Verlangen der Beklagten entsprechende Ratenzahlungsvereinbarung anbot, nicht auf eine Prüfung der Forderung zurückführen. Durch die Einleitung des Mahnverfahrens und den Übergang in das streitige Verfahren waren erhebliche zusätzliche Kosten angefallen, die ein zahlungsfähiger Schuldner durch Begleichung der begründeten Forderung vermieden hätte. Vielmehr offenbarte die monatelange völlige Untätigkeit der Schuldnerin und die Inkaufnahme des von vornherein aussichtslosen Rechtsstreits, dass sie mangels flüssiger Zahlungsmittel lediglich Zeit zu gewinnen suchte. Mit dem Angebot auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung kam die Schuldnerin aus der Warte der Beklagten einer streitigen Verurteilung zur Zahlung des Gesamtbetrages zuvor, den sie im Falle einer Vollstreckung ersichtlich nicht hätte aufbringen können.

16bb) Ein weiteres Indiz einer Zahlungseinstellung verkörperte sich in dem für die Beklagte infolge des Zeitablaufs zutage getretenen Unvermögen der Schuldnerin, die erhebliche Verbindlichkeit der Beklagten zu tilgen.

17(1) Ein Gläubiger kennt die Zahlungseinstellung schon dann, wenn er selbst bei Leistungsempfang seine Ansprüche ernsthaft eingefordert hat, diese verhältnismäßig hoch sind und er weiß, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, die Forderungen zu erfüllen (, WM 2015, 1339 Rn. 9). Aus Rechtsgründen genügt es, wenn die Zahlungseinstellung auf Grund der Nichtbezahlung nur einer - nicht unwesentlichen - Forderung dem Anfechtungsgegner bekannt wird (, WM 2010, 711 Rn. 39). In dieser Weise verhält es sich im Streitfall.

18(2) Die Beklagte hatte ihre recht hohe Forderung von mehr als 16.000 € über einen längeren - nicht, wie das Berufungsgericht ausführt, überschaubaren - Zeitraum von mehr als neun Monaten ab der ersten Rechnungsstellung vergeblich eingefordert. Gleichwohl war die Schuldnerin ersichtlich außerstande, die Verbindlichkeit zu tilgen. Selbst die Einschaltung eines Inkassounternehmens und die Betreibung des Mahnverfahrens sowie die Einleitung des streitigen gerichtlichen Verfahrens konnten die Schuldnerin, die keine Einwendungen gegen die Berechtigung der Forderung erhob, nicht zur Zahlung bewegen. Angesichts der zeitlichen Gegebenheiten gestattete bereits die schlichte Nichtbegleichung der offenen Forderung den Schluss auf eine Zahlungseinstellung (vgl. , ZInsO 2012, 1418 Rn. 9). Daraus konnte und musste die Beklagte entnehmen, dass die Schuldnerin nicht in der Lage war, ihre Verbindlichkeiten zurückzuführen (, WM 2008, 452 Rn. 35). Da die Beklagte mit weiteren Gläubigern der gewerblich tätigen Schuldnerin rechnen musste, war sie über deren Zahlungseinstellung unterrichtet (vgl. , WM 2012, 2251 Rn. 30).

19cc) Schließlich offenbarte sich in dem Vorschlag der Schuldnerin auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung gegenüber der Beklagten ein zusätzliches Indiz einer Zahlungseinstellung.

20(1) Die Bitte des Schuldners auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung ist, wenn sie sich im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs hält, als solche kein Indiz für eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit. Die Bitte um eine Ratenzahlungsvereinbarung kann auf den verschiedensten Gründen beruhen, die mit einer Zahlungseinstellung nichts zu tun haben, etwa der Erzielung von Zinsvorteilen oder der Vermeidung von Kosten und Mühen im Zusammenhang mit der Aufnahme eines ohne weiteres erlangbaren Darlehens (vgl. , WM 2015, 933 Rn. 3).

21(2) Eine Bitte um Ratenzahlung ist jedoch ein Indiz für eine Zahlungseinstellung, wenn sie vom Schuldner mit der Erklärung verbunden wird, seine fälligen Verbindlichkeiten (anders) nicht begleichen zu können (vgl. BGH, aaO Rn. 4 mwN; Urteil vom - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 17). In dieser Weise verhält es sich im Streitfall. Die Beklagte hatte gegenüber der Schuldnerin über viele Monate wiederholt und ohne Erfolg die Zahlung der rückständigen Rechnungen angemahnt. Danach hatte die Beklagte ein Inkassounternehmen mit dem Forderungseinzug betraut. Mangels Zahlung der Schuldnerin hatte die Beklagte einen Mahnbescheid erwirkt und auf den Widerspruch der Schuldnerin das streitige gerichtliche Verfahren beschritten. Die erst im Rahmen des Rechtsstreits nach Offenbarwerden der Zahlungsschwierigkeiten geschlossene Ratenzahlungsvereinbarung entspricht nicht den üblichen Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs. Kein redlicher Schuldner lässt sich, ohne die geltend gemachte Forderung sachlich abwehren zu wollen, verklagen, nur um die Zahlung hinauszuzögern und dem Kläger eine Ratenzahlungsvereinbarung abzuringen. Dabei fällt ins Gewicht, dass die Schuldnerin zunächst nur monatliche Raten in Höhe von 1.000 € ab dem angeboten hatte und offenbar erst auf Verlangen der Beklagten die Raten verbunden mit einem Zahlungsbeginn ab dem auf 1.500 € erhöht wurden. Vor diesem Hintergrund ging es der Schuldnerin angesichts des monatelangen Zahlungsrückstands entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts ersichtlich nicht darum, verfügbare Finanzmittel anderweitig einzusetzen. Vielmehr konnte die angesichts ihres unabwendbaren prozessualen Unterliegens geäußerte Bitte der Schuldnerin um eine möglichst geringe und zeitlich hinausgeschobene Ratenzahlung nur dahin verstanden werden, ihre fälligen Verbindlichkeiten anders nicht begleichen zu können (vgl. , WM 2015, 2107 Rn. 3). Einer Erfüllungsverweigerung oder eines sonstigen Verhaltens der Schuldnerin, das ihre Zahlungsunfähigkeit dokumentierte, bedurfte es nicht (, ZIP 1991, 39, 40).

22dd) Bei dieser Sachlage haben sich mehrere Beweisanzeichen verwirklicht, die aus Sicht der Beklagten klar auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin und damit auf einen Benachteiligungsvorsatz hindeuteten (vgl. , WM 2011, 1429 Rn. 18). Nach der fruchtlosen monatelangen Beitreibung ihrer erheblichen Forderung und dem Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung in einem für die Schuldnerin von vornherein verlorenen Rechtsstreit konnte sich die Beklagte der Tatsache nicht verschließen, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig war und eine bevorzugte Befriedigung der Beklagten zum Nachteil anderer Gläubiger zumindest billigend in Kauf nahm.

233. Die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und die Kenntnis der Beklagten wurden nicht durch die zwischen ihnen im Vergleichswege getroffene Ratenzahlungsvereinbarung beseitigt.

24a) Die hier verwirklichte Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) konnte nur beseitigt werden, indem die Schuldnerin ihre Zahlungen im Allgemeinen wieder aufnahm. Dies hat derjenige zu beweisen, der sich darauf beruft. Hat der anfechtende Verwalter - wie hier - für einen bestimmten Zeitpunkt den ihm obliegenden Beweis der Zahlungseinstellung des Schuldners geführt, muss der Anfechtungsgegner grundsätzlich beweisen, dass diese Voraussetzung zwischenzeitlich wieder entfallen ist. Für den nachträglichen Wegfall der subjektiven Anfechtungsvoraussetzung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit gilt Entsprechendes. Ein Gläubiger, der von der einmal eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners wusste, hat darzulegen und zu beweisen, warum er später davon ausging, der Schuldner habe seine Zahlungen möglicherweise allgemein wieder aufgenommen (, WM 2013, 174 Rn. 33 mwN).

25b) Diesen Beweisanforderungen hat die Beklagte weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht genügt.

26aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bestanden gegen die Schuldnerin im hier maßgeblichen Zahlungszeitraum durchweg Forderungen in Höhe von mehr als 100.000 €. Angesichts dieser unbeglichenen Verbindlichkeiten wurde die Zahlungseinstellung der Schuldnerin mangels einer allgemeinen Zahlungsaufnahme allein durch die vereinbarungsgemäße Erfüllung der Ratenzahlungen nicht behoben ( aaO Rn. 36).

27bb) Ebenso ließ die ratenweise Tilgung ihrer eigenen Forderung die Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht entfallen.

28(1) Die Schlussfolgerung des Anfechtungsgegners, wonach die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zwischenzeitlich behoben ist, muss von einer ihm nachträglich bekannt gewordenen Veränderung der Tatsachengrundlage und nicht von einem bloßen "Gesinnungswandel" getragen sein. Als erstes dürfen die Umstände, welche die Kenntnis des Anfechtungsgegners begründen, nicht mehr gegeben sein. Der Fortfall der Umstände allein bewirkt nicht zwingend den Verlust der Kenntnis. Vielmehr ist auf der Grundlage aller von den Parteien vorgetragenen Umstände des Einzelfalls zu würdigen, ob eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bei Vornahme der Rechtshandlung nicht mehr bestand (, WM 2008, 840 Rn. 10 ff, 16; vom - IX ZR 9/10, WM 2011, 1085 Rn. 15; vom , aaO Rn. 39; vom - IX ZR 61/14, WM 2016, 172 Rn. 27).

29(2) Hier kann schon eine nachträgliche Änderung der Tatsachengrundlage nicht festgestellt werden. Aus Sicht der Beklagten hatten sich keine Umstände verwirklicht, die darauf hindeuteten, dass die Schuldnerin ihre Zahlungsfähigkeit zurückgewonnen und ihre Zahlungen vollständig wieder aufgenommen hätte. Konkrete Tatsachen, denen zufolge sich die Liquiditätslage der Schuldnerin verbessert hatte, waren der Beklagten nicht bekannt geworden (vgl. aaO Rn. 19). Auch hatte die Schuldnerin gegenüber der Beklagten keine Erklärungen abgegeben, die das Vertrauen auf ihre wirtschaftliche Gesundung rechtfertigten (vgl. aaO Rn. 20; vom - IX ZR 188/07, WM 2009, 274 Rn. 13 f). Vielmehr unterstrich die Bitte um Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung die fortbestehende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, die sich zu einem vollen Forderungsausgleich außerstande erklärte. Mithin konnte die Beklagte aufgrund des Vergleichsschlusses nicht von einer Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin ausgehen.

30(3) Da die Schuldnerin ein gewerbliches Unternehmen betrieb, war es für die Beklagte zudem offensichtlich, dass außer ihr weitere Gläubiger vorhanden waren, deren Forderungen nicht in vergleichbarer Weise bedient wurden wie ihre eigenen. Die Beklagte konnte sich nicht der Erkenntnis verschließen, dass andere Gläubiger davon absahen, in gleicher Weise wie sie durch Mahnungen, Erwirken eines Mahnbescheids und Einleitung eines streitigen gerichtlichen Verfahrens erheblichen Druck auf die Schuldnerin zwecks Eintreibung ihrer Forderungen auszuüben. Vielmehr musste die Beklagte damit rechnen, dass andere Gläubiger die schleppende Zahlungsweise der Schuldnerin und damit die Nichtbegleichung ihrer Forderungen hinnehmen würden. Darum entspricht es einer allgemeinen Lebenserfahrung, dass Schuldner - um ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern - unter dem Druck eines besonders auf Zahlung drängenden Gläubigers Zahlungen bevorzugt an diesen leisten, um ihn zum Stillhalten zu bewegen. Vor diesem Hintergrund verbietet sich im Regelfall ein Schluss des Gläubigers dahin, dass - nur weil er selbst Zahlungen erhalten hat - der Schuldner seine Zahlungen auch im allgemeinen wieder aufgenommen habe (vgl. aaO Rn. 42 mwN).

III.

31Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Erstattungsanspruch des Klägers beläuft sich gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1, § 133 Abs. 1 InsO auf 4.500 €. Zinsen sind dem Kläger gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 291 Satz 1, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung zuzuerkennen (, BGHZ 171, 38 Rn. 11 ff).

Kayser                      Gehrlein                              Grupp

               Möhring                      Schoppmeyer

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:250216UIXZR109.15.0

Fundstelle(n):
DB 2016 S. 6 Nr. 12
DB 2016 S. 704 Nr. 12
DStR 2016 S. 12 Nr. 16
DStR 2016 S. 1477 Nr. 26
NJW 2016 S. 1168 Nr. 16
NJW 2016 S. 8 Nr. 14
WM 2016 S. 560 Nr. 12
ZIP 2016 S. 21 Nr. 11
ZIP 2016 S. 627 Nr. 13
QAAAF-69445