BGH Beschluss v. - III ZB 110/15

Instanzenzug:

Gründe

I.

1Die Parteien streiten um den Ausgleich von Wildschäden. Unter dem erließ die Hansestadt G. einen Vorbescheid, durch den die Kläger verpflichtet wurden, dem Beklagten Wildschadensersatz über 2.235,74 € zu zahlen. Hiergegen erhoben die Kläger - zusammen mit zwei weiteren Mitpächtern des Jagdbezirks - Klage mit dem Antrag, unter Aufhebung des Vorbescheids festzustellen, dass dem Beklagten kein Wildschadensersatz zustehe. Das Amtsgericht hat - unter Abweisung der Klage der Mitpächter als unzulässig - der Klage stattgegeben. Dieses Urteil wurde den damaligen Prozessbevollmächtigten des Beklagten am zugestellt. Diese legten am für den Beklagten Berufung ein (22 S 35/15). Zu diesem Zeitpunkt war beim Landgericht auch die Berufung des Beklagten in einer anderen Wildschadenssache anhängig (22 S 34/15), in der die Begründungsfrist ebenfalls am Montag, den ablief.

2Nachdem das Landgericht mit Verfügung vom darauf hingewiesen hatte, dass weder eine Berufungsbegründung noch ein Antrag auf Fristverlängerung eingegangen sei, meldeten sich mit Schriftsatz vom die neuen Prozessbevollmächtigten des Beklagten und beantragten Wiedereinsetzung. Hierzu trugen sie im Wesentlichen vor, sie hätten, da ihnen der Akteninhalt in beiden Verfahren nicht bekannt gewesen sei, die Berufung nicht begründen können und deshalb jeweils Fristverlängerung beantragen müssen. Der zuständige Sachbearbeiter in der Kanzlei, Rechtsanwalt Dr. B. M. , habe sich damals im Urlaub befunden. Er habe aus dem Urlaub telefonisch am verfügt, dass in beiden Verfahren mit einem gleich lautenden Schriftsatz dem Gericht die Vertretung des Berufungsklägers angezeigt sowie Akteneinsicht und eine Verlängerung der Begründungsfrist bis zum beantragt werden solle. Er habe den Fristverlängerungsantrag dem Auszubildenden im dritten Lehrjahr M. R. telefonisch diktiert und diesen angewiesen, den gleich lautenden Schriftsatz sowohl in der Akte zu 22 S 34/15 als auch in der Akte zu 22 S 35/15 zu fertigen, vorab an das Gericht zu faxen und dann per Post auszufertigen. Bei R. handele es sich um einen geschulten und sehr zuverlässigen Auszubildenden, der in der Vergangenheit stets sorgfältig und fehlerlos gearbeitet habe, kurz vor seiner Abschlussprüfung stehe und einen guten Notendurchschnitt aufweise. Dieser habe zunächst einen Entwurf der Fristverlängerung gefertigt und dessen Wortlaut von dem in der Kanzlei anwesenden Rechtsanwalt H. kontrollieren lassen. Sodann habe R. den Schriftsatz gefertigt und diesen zu beiden Akten abgespeichert. Nach seiner Erinnerung habe R. anschließend die Schriftsätze von Rechtsanwalt H. unterzeichnen lassen. Offenbar habe R. dann, soweit sich dies anhand der Fax-Sendeberichte vom rekonstruieren lasse, aus Versehen und mangelnder Sorgfalt entgegen der Anweisung den Schriftsatz zu 22 S 34/15 zweimal, dagegen den Schriftsatz zu 22 S 35/15 gar nicht an das Gericht gesendet. Die Arbeitsanweisung an die Mitarbeiter zur Übersendung in Fristsachen beinhalte vor dem Faxen die Kontrolle der Faxnummer, des Adressaten, des gerichtlichen Aktenzeichens, des Rubrums und der erfolgreichen Übertragung. Nach dem Faxen habe der Auszubildende die Schriftsätze in den Postausgang gelegt. Die Post werde anhand eines Barcodes erfasst. Hieran sei nachvollziehbar, dass zwei Schriftsätze an das Berufungsgericht versandt worden seien. Der genaue Wortlaut der Schriftsätze der Ausgangspost sei aber nicht nachvollziehbar beziehungsweise welche Post in den Tagespostausgang gelangt sei, könne R. nicht mehr erinnern. Am habe sich Rechtsanwalt Dr. M. telefonisch bei R. erkundigt, ob es mit der Fristverlängerung in beiden Akten geklappt habe, was jeweils bejaht worden sei.

3Das Landgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Zwar könne einem zuverlässigen Auszubildenden die Aufgabe übertragen werden, fristwahrende Schriftsätze per Fax an das Gericht zu übermitteln. Es müsse dann aber organisatorisch dafür Sorge getragen werden, dass zusätzlich eine Fristenkontrolle stattfinde, bei welcher der hierfür zuständige Mitarbeiter angewiesen sei, Fristen im Kalender grundsätzlich erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen, nachdem er sich anhand der Akte vergewissert habe, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen sei. Im Hinblick auf die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Fax komme ein Rechtsanwalt seiner Verpflichtung, für eine wirksame Ausgangskontrolle Sorge zu tragen, nur dann nach, wenn er insoweit die Weisung erteile, die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen. Dass eine solche Ausgangskontrolle vorhanden gewesen sei, lasse sich dem Vorbringen des Beklagten nicht entnehmen. Die telefonische Nachfrage des sachbearbeitenden Rechtsanwalts bei dem Auszubildenden drei Tage nach der Anweisung könne eine eigenständige Fristenkontrolle durch das Büropersonal anhand des Sendeprotokolls nicht ersetzen.

4Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.

5Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte sowie rechtzeitig eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 2 ZPO). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verletzt der angefochtene Beschluss nicht die verfassungsrechtlich verbürgten Ansprüche des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Zwar darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom - VI ZB 78/11, NJW-RR 2013, 506 Rn. 6 und vom - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 6). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Vielmehr hat das Landgericht den Antrag auf Wiedereinsetzung zu Recht als unbegründet zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen.

61. Die Übersendung eines fristwahrenden Schriftsatzes per Fax darf einem Auszubildenden nur dann überlassen werden, wenn dieser mit einer solchen Tätigkeit vertraut ist und eine regelmäßige Kontrolle dieser Tätigkeit keine Beanstandungen ergeben hat (vgl. nur Senat, Beschluss vom - III ZB 7/13, NJW 2014, 225 Rn. 7; , NJW 2006, 1519 Rn. 11). Dass der Auszubildende R. mit der Übermittlung fristgebundener Schriftsätze per Fax vertraut war und insoweit in der Vergangenheit auch regelmäßig kontrolliert wurde, lässt sich den nur allgemein gehaltenen Ausführungen zur Person des Auszubildenden im Wiedereinsetzungsantrag bereits nicht entnehmen.

72. Selbst wenn man aber die Voraussetzungen für seinen Einsatz als gegeben unterstellt, würde eine Wiedereinsetzung - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - daran scheitern, dass es an ausreichendem Vortrag zu der notwendigen Ausgangskontrolle in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Beklagten fehlt.

8a) Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicher zu stellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss er unter anderem eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Kontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt dafür sorgen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht und die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet ist. Dabei ist die für die Kontrolle zuständige Bürokraft anzuweisen, dass Fristen im Kalender erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen sind, nachdem sie sich anhand der Akte selbst vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Fristenkontrolle auch eine Anordnung, die gewährleistet, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft nochmals und abschließend selbständig überprüft wird (st. Rspr., z.B. Senat, Beschlüsse vom - III ZB 26/07, MDR 2008, 53, 54; vom - III ZB 46/13, [...] Rn. 8 und vom - III ZB 55/14, NJW 2015, 2041 Rn. 8; BGH, Beschlüsse vom - XII ZB 109/94, NJW 2007, 3497 Rn. 13; vom - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 8 ff und vom - VI ZB 42/13, NJW-RR 2015, 442 Rn. 8). Bei einer Übermittlung von Schriftsätzen per Fax gehört zur Ausgangskontrolle eine Überprüfung und ein Abgleich der Sendeberichte. Der Rechtsanwalt kommt seiner Verpflichtung, für eine wirksame Ausgangskontrolle zu sorgen, nur dann nach, wenn er seinen dafür zuständigen Mitarbeitern die Weisung erteilt, einen Einzelnachweis ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom - VIII ZB 33/97, NJW 1998, 907; vom - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 368 f; vom - I ZR 64/05, NJW 2006, 1519 Rn. 9; vom - XII ZB 59/10, MDR 2010, 1145; vom - I ZB 75/12, NJW-RR 2013, 1008 Rn. 6 und vom - XII ZB 115/13, NJW-RR 2013, 1328 Rn. 6, 8).

9b) Dass die Organisation des Kanzleibetriebs der Prozessbevollmächtigten des Beklagten diesen Anforderungen genügt hat, lässt sich dem Wiedereinsetzungsantrag nicht entnehmen. Bereits deshalb lässt sich nicht ausschließen, dass die Versäumung der Frist auf einem Verschulden der Prozessbevollmächtigten des Beklagten beruht, das dieser sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. In einem solchen Fall kann Wiedereinsetzung nicht gewährt werden. Zu Unrecht beruft sich der Beklagte auf den Inhalt des Schriftsatzes vom . Denn maßgeblich sind nur die Angaben, die eine Partei in ihrem Wiedereinsetzungsantrag mitgeteilt hat; jedenfalls sind die für die Wiedereinsetzung wesentlichen Tatsachen innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO vorzubringen. Zulässig ist nach Fristablauf lediglich die Ergänzung von fristgerecht gemachten, aber für sich, weil erkennbar unklar oder unvollständig, nicht ausreichenden Angaben, bei denen eine gerichtliche Aufklärung nach § 139 ZPO geboten war (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom - III ZB 47/12, [...] Rn. 9; vom - III ZB 7/13, NJW 2014, 225 Rn. 9 und vom - III ZB 29/13, [...] Rn. 10; BGH, Beschlüsse vom - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 369 und vom - XII ZB 115/13, NJW-RR 2013, 1328 Rn. 9). Es besteht aber keine Verpflichtung des Richters, eine anwaltlich vertretene Partei auf die nicht ausreichenden Gründe des Wiedereinsetzungsantrags hinzuweisen (vgl. nur Senat, Beschluss vom aaO; aaO). Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle stellt, sind bekannt und müssen einem Rechtsanwalt auch ohne richterlichen Hinweis geläufig sein. Wenn der Vortrag dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären oder zu füllen sind, sondern erlaubt den Schluss darauf, dass entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom aaO und vom - II ZB 3/11, NJW-RR 2012, 747 Rn. 12). Der Umstand, dass das Landgericht mit Verfügung vom darauf hingewiesen hat, es beabsichtige, den Wiedereinsetzungsantrag zurückzuweisen, weil es an einer ausreichenden Ausgangskontrolle gefehlt habe, eröffnete dem Beklagten daher nicht die Möglichkeit, hierzu neu vorzutragen.

10Selbst wenn man aber den Schriftsatz vom berücksichtigen würde, wäre damit keine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle dargelegt. Denn insoweit beschränkte sich die Darstellung darauf, dass in der Kanzlei Fristen mit dem Programm RA-Micro erfasst würden und die Fristenkontrolle sowie Fristenbearbeitung ausschließlich langjährig beschäftigten Rechtsanwaltsfachangestellten obliege. Das Programm zeige allerdings nicht an, wer die konkrete Frist als erledigt und ordnungsgemäß bearbeitet angeklickt habe. Aufgrund der zeitlichen Gegebenheiten müsse es sich im vorliegenden Fall um die Mitarbeiterin K. gehandelt haben. Diesem Vortrag lässt sich nicht entnehmen, dass die Prozessbevollmächtigten des Beklagten die Ausgangskontrolle - im Hinblick auf die Einhaltung und Löschung von Fristen - entsprechend den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung organisiert haben. Dass im Zusammenhang mit den an anderer Stelle im Schriftsatz erfolgten Ausführungen zur Kausalität zwischen einem Organisationsverschulden und der Fristversäumung von einer - nicht näher erläuterten - "allgemeinen Arbeitsanweisung zur Fristenkontrolle" die Rede ist und - einige Sätze weiter - davon, dass man davon ausgehe, "dass die zusätzliche Fristenbearbeitung durch die Rechtsanwaltsfachangestellten, hier vermutlich die Angestellte K. , den Ansprüchen genügt" und dass "es einer sorgfältig arbeitenden Rechtsanwaltsfachangestellten nicht möglich gewesen wäre, den Fehler bei normaler Durchsicht der in der Akte befindlichen Sendebestätigungen zu entdecken", stellt keinen substantiellen Vortrag zu einer ausreichenden Kanzleiorganisation dar.

11c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die Frage, ob eine ausreichende Ausgangskontrolle bestand, nicht deshalb unerheblich, weil eine konkrete Einzelanweisung - hier zur Übermittlung des Fristverlängerungsantrags per Fax - erteilt worden ist. Zwar kommt es auf allgemeine organisatorische Regelungen nicht entscheidend an, wenn der Rechtsanwalt eine einzelne Anweisung erteilt hat, durch welche die Wahrung der Frist anderweitig hinreichend sichergestellt worden ist. Die Anweisung an einen Mitarbeiter, einen Schriftsatz per Fax an das Gericht zu übersenden, regelt aber nur die Art und Weise sowie den Adressaten der Übermittlung, erübrigt aber nicht die vor Löschung der Frist im Fristenkalender notwendige Ausgangskontrolle (vgl. nur Senat, Beschluss vom - III ZB 7/13, NJW 2014, 225 Rn. 11; BGH, Beschlüsse vom - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 369; vom - XI ZB 41/04, BeckRS 2005, 06274; vom - I ZR 64/05, NJW 2006, 1519 Rn. 10; vom - VI ZB 48/05, [...] Rn. 4; vom - XII ZB 59/10, MDR 2010, 1145 und vom - IX ZB 73/10, NJW 2011, 458 Rn. 8 ff). Die Einzelanweisung muss sich deshalb auch auf die Ausgangskontrolle erstrecken, das heißt, der Rechtsanwalt muss seinen Mitarbeiter auch anweisen, die Frist erst nach einer Kontrolle der Übermittlung anhand des Sendeprotokolls zu löschen (z.B. BGH, Beschlüsse vom - VIII ZB 33/97, NJW 1998, S. 907 f; vom - XII ZB 32/07, NJW 2007, 2778 Rn. 6 und vom - I ZB 75/12, NJW-RR 2013, 1008 Rn. 8 ff). Hieran fehlt es, abgesehen davon, dass die Bearbeitung des Fristenkalenders in eigener Verantwortung und damit die Überwachung und Löschung von Fristen nur einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Büroangestellten übertragen (und deshalb auch nur einer solchen eine hierauf bezogene Einzelanweisung erteilt) werden kann (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom - XII ZB 109/04, NJW 2007, 3497 Rn. 15; vom - VII ZB 95/08, NJW 2011, 1080 Rn. 9 und vom - VII ZB 60/14, NJW 2015, 2344 Rn. 12). Da keine ausreichende Einzelanweisung vorlag, spielt es keine Rolle, dass sich der Beklagtenvertreter Dr. M. am telefonisch danach erkundigt hat, ob die Anweisung ausgeführt wurde. Im Übrigen müssen Nachfragen zeitnah erfolgen ( aaO Rn. 13), woran es hier ebenfalls fehlt.

12d) Hätte in der Kanzlei der Beklagtenvertreter eine ausreichende Ausgangskontrolle bestanden, wäre nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge bei ansonsten pflichtgemäßem Verhalten der zuständigen Mitarbeiter die Berufungsbegründungsfrist nicht versäumt worden. Bei einer Überprüfung der Sendeberichte im Rahmen der fristwahrenden Ausgangskontrolle hätte - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - bemerkt werden müssen, dass in Sachen "Zufall gegen Dr. B. u.a." (22 S 35/15) kein Sendebericht vorliegt und insoweit kein Fristverlängerungsantrag gestellt worden ist. Für die Beurteilung, ob ein Organisationsfehler für die Versäumung der Frist ursächlich war, ist von einem ansonsten pflichtgemäßen Verhalten auszugehen und darf kein weiterer Fehler hinzugedacht werden (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom - II ZB 3/11, NJW-RR 2012, 747 Rn. 14 und vom - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 14).

13e) Ergänzend ist anzumerken, dass der Vortrag, der Auszubildende R. habe zu den Aktenzeichen 22 S 34/15 und 22 S 35/15 jeweils einen von Rechtsanwalt H. unterzeichneten Schriftsatz gefertigt und dann versehentlich den Schriftsatz zu 22 S 34/15 zweimal übermittelt, dagegen vergessen, den Schriftsatz zu 22 S 35/15 ebenfalls zu faxen, zu dem Inhalt der vorgelegten Sendeberichte in Widerspruch steht. Das Verfahren 22 S 35/15 hat im Büro der Beklagtenvertreter das interne Aktenzeichen 2288/15, das Parallelverfahren dagegen das Aktenzeichen 2289/15. Wäre die Darstellung im Wiedereinsetzungsantrag richtig, müsste es sich bei den beiden gemäß den Sendeberichten vom um 16.03 Uhr und 16.04 Uhr gesendeten Schriftsätzen um exakt dasselbe von Rechtsanwalt H. unterzeichnete Schriftstück handeln. Dies ist aber nicht der Fall. Zwar tragen beide Schriftsätze das Kurzrubrum "Z. , V. gegen K. " und das Aktenzeichen 22 S 34/15. Jedoch trägt der eine Schriftsatz unterhalb der Datumsangabe das interne Aktenzeichen 2288/15, der andere dagegen das Aktenzeichen 2289/15. Es sind mithin zwei insoweit verschiedene Schriftsätze zum Aktenzeichen 22 S 34/15 an das Landgericht gefaxt worden. Tragen aber diese beiden Schriftsätze die Unterschrift von Rechtsanwalt H. , hätte diesem der Fehler auffallen müssen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
XAAAF-67639