Online-Nachricht - Mittwoch, 17.02.2016

Kindergeld | Auszahlung an den Abzweigungsberechtigten (BFH)

Die Auszahlung von Kindergeld an einen Abzweigungsberechtigten führt - anders als die Zahlung an den originär Kindergeldberechtigten - nur dann zum Erlöschen des Kindergeldanspruchs, wenn der Abzweigungsbescheid bestandskräftig geworden ist (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin erhielt von der beklagten Familienkasse Kindergeld für ihren schwerbehinderten Sohn. Nachdem der Sozialhilfeträger Sozialhilfe an die Klägerin gezahlt und deshalb die Abzweigung des Kindergeldes bei der Familienkasse beantragt hatte, zweigte diese gemäß § 74 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 76 EStG die Hälfte des Kindergeldes an den Sozialhilfeträger ab. Nachdem die Klägerin hiergegen Einspruch erhoben hatte, um weiterhin volles Kindergeld zu erhalten, stellte die Familienkasse im November 2011 die Zahlung des Kindergeldes bis zur Klärung des Streites zwischen der Klägerin und dem Sozialhilfeträger ein. Im Laufe des Verfahrens gab der Sozialhilfeträger seine Forderung nach Abzweigung des Kindergeldes ab November 2011 auf, hinsichtlich des Zeitraums Juli bis Oktober 2011 ging er jedoch davon aus, dass der Abzweigungsbescheid wegen der Auszahlung an ihn nicht mehr geändert werden könne. Hierbei bezog sich der Träger auf das , wonach eine Auszahlung des Kindergeldes an den originär Kindergeldberechtigten zum Erlöschen des Anspruchs führe. Nunmehr begehrte die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abzweigung, um eine Amtshaftungsklage gegen die Familienkasse vor dem Zivilgericht vorzubereiten. Das FG der ersten Instanz gab der Feststellungsklage statt. Auf die Revision der Familienkasse hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Entscheidung an das FG zurück.

Hierzu führten die Richter weiter aus:

  • Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Auszahlung von Kindergeld an den Sozialhilfeträger zur "Erledigung" einer Klage des originär kindergeldberechtigten Elternteils auf Auszahlung des Kindergeldes führt, wenn der Abzweigungsbescheid aufgrund der Anfechtung noch geändert werden kann und infolgedessen das an den Sozialhilfeträger ausgezahlte Kindergeld an die Familienkasse zurück zu erstatten ist.

  • Der Auszahlung von Kindergeld an einen Dritten (hier den Sozialhilfeträger) kommt nicht dieselbe Wirkung zu wie einer Auszahlung an den originär Kindergeldberechtigten.

  • Denn die Erfüllungszuständigkeit für erhaltenes Kindergeld ändert sich von der Person des Kindergeldberechtigten auf einen Dritten erst dann und soweit, wie ein bestandskräftiger Abzweigungsbescheid der Familienkasse ergangen ist, bei dem es sich für den Empfänger um einen begünstigenden und für den bisher Kindergeldberechtigten um einen belastenden Verwaltungsakt mit Doppelwirkung handelt.

  • Wird dieser Verwaltungsakt der Familienkasse fristgerecht durch Einspruch des Kindergeldberechtigten angefochten, kann er im Einspruchsverfahren wieder aufgehoben oder eingeschränkt werden. Dadurch wird die vormalige Erfüllungszuständigkeit des Kindergeldberechtigten wieder hergestellt.

  • Der Sozialhilfeträger hat nach erfolgreicher Anfechtung des Abzweigungsbescheides das zu Unrecht erhaltene Kindergeld an die Familienkasse gemäß § 112 SGB X zu erstatten, sodass diese das Kindergeld dem Berechtigten nachzahlen kann.

  • Die Auffassung des FG, wonach der Kindergeldberechtigte zunächst eine Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die Abzweigungsentscheidung vor dem FG erheben muss, um anschließend einen Schadensersatzanspruch im Wege der Amtshaftungsklage vor dem und damit die Zivilgerichtsbarkeit mit Fragen der Kindergeldberechtigung zu befassen, ist zudem schwerlich mit den Grundsätzen der Prozessökonomie zu vereinbaren.

Quelle: NWB Datenbank

Hinweis:

Die Klage war trotz des Feststellungsantrags der Klägerin nicht unzulässig, da der Wechsel vom ursprünglich gestellten Aufhebungsantrag auf den Feststellungsantrag auf Initiative des FG zustande gekommen ist (vgl. hierzu ; Gräber, Kommentar zur FGO, § 56 Rz 20).

Fundstelle(n):
NWB FAAAF-66809