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Online-Nachricht - Mittwoch, 10.02.2016

Grunderwerbsteuer | Erwerb von Miteigentumsanteilen unter Geschwistern (BFH)

Überträgt ein Elternteil Miteigentumsanteile an einem Grundstück schenkweise auf Kinder und verpflichten sich diese dazu, anteilige Miteigentumsanteile auf später geborene Geschwister zu übertragen, kann der Erwerb dieser Geschwister aufgrund interpolierender Betrachtung nach § 3 Nr. 6 i.V.m. § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG steuerbefreit sein (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Vater (V) des Klägers übertrug im Jahr 1988 ein Grundstück zu gleichen Teilen auf die Schwestern des Klägers und behielt sich ein Nießbrauchsrecht vor. Die Schwestern verpflichteten sich, etwaige später geborene Geschwister gleich zu stellen. Vor diesem Hintergrund übertrugen sie je ein Sechstel des Gesamtgrundstücks unter teilweiser Übernahme der Nießbrauchsverpflichtung auf den Kläger, der nach der ursprünglichen Grundstücksübertragung geboren wurde. Daraufhin setzte das beklagte Finanzamt Grunderwerbsteuer gegenüber dem Kläger fest. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg (zur Vorinstanz s. NWB-Nachricht v. 6.11.2014).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Aus der Zusammenschau (Interpolation) zweier Befreiungsvorschriften kann sich eine Steuerbefreiung ergeben, die im Wortlaut der Einzelvorschriften, je für sich allein betrachtet, nicht zum Ausdruck kommt. Dies ist hier der Fall.

  • Eine Befreiung des Erwerbs der Miteigentumsanteile von den Schwestern nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG scheidet aus, da eine Schenkung der Schwestern an den Kläger nicht vorliegt. Auch hat V nicht selbst die Miteigentumsanteile übertragen und war damit nicht an dem der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang beteiligt.

  • Eine Befreiung des Erwerbs der Miteigentumsanteile nach § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG scheidet ebenfalls aus. Der Kläger und seine Schwestern sind nicht Verwandte in gerader Linie, sondern in der Seitenlinie verwandt.

  • Vielmehr ergibt sich die Steuerbefreiung des Erwerbs aufgrund interpolierender Betrachtung nach § 3 Nr. 6 und § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG: Die Übertragung der von V zugewendeten Miteigentumsanteile der Schwestern auf den Kläger war ein abgekürzter Weg einer freigebigen Zuwendung des V an den Kläger. Eine Übertragung der Miteigentumsanteile von jeweils einem Sechstel von den Schwestern auf V wäre nach § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG - und gegebenenfalls auch nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG- steuerfrei gewesen. Die anschließende Übertragung dieser Miteigentumsanteile von V auf den Kläger wäre nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit gewesen. Diese interpolierende Betrachtung knüpft an den real verwirklichten Sachverhalt der Übertragung der Miteigentumsanteile von den Schwestern auf den Kläger an.

Quelle: NWB Datenbank

Hinweis:

Einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO sahen die Richter nicht: Denn es war von Anfang an eine Grundstücksübertragung von V auf dessen Kinder und künftige Kinder zu gleichen Teilen geplant. Der gewählten Gestaltung lag damit die außersteuerliche Intention zugrunde, alle Kinder im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge gleichmäßig zu berücksichtigen.

Fundstelle(n):
XAAAF-66200