Online-Nachricht - Freitag, 10.07.2015

Umsatzsteuer | Bauleistungen eines Apothekers zum Erhalt einer benachbarten Arztpraxis (FG)

Umbauleistungen, die ein im gleichen Gebäude ansässiger Apotheker auf seine Kosten zum Erhalt des Standortes einer Arztpraxis in deren – von einem Dritten angemieteten – Räumen ausführen lässt, um die Umsätze der Apotheke zu fördern, berechtigen den Apotheker nicht zum Vorsteuerabzug. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich die Ärzte im Gegenzug nicht verbindlich zur Beibehaltung des Praxisstandorts verpflichtet haben (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Sachverhalt: Die Klägerin betreibt im Erdgeschoss eines mehrgeschossigen Gebäudes eine Apotheke. Die Flächen im Erdgeschoss stehen im Eigentum der Klägerin. Eigentümer der übrigen Geschosse des Gebäudes ist der Ehemann der Klägerin. Nießbrauchsberechtigter und Vermieter dieser Geschosse war jedoch der Schwiegervater der Klägerin. Die Klägerin führte in den an eine Arztpraxis vermieteten Räumen erhebliche bauliche Veränderungen (Deckendurchbruch, Treppe, Praxiseinrichtung etc.) durch, um die Räume nach den Vorstellungen der Ärzte zu erweitern und hinsichtlich der Nutzung zu verbessern. Die Klägerin wollte mit dieser Umbaumaßnahme sicherstellen, dass die Ärzte ihre Praxis in den vom Schwiegervater vermieteten Räumen weiterbetrieben und nicht an einen anderen Standort verlegten.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Nach unionsrechtskonformer Auslegung des § 15 UStG wird eine Leistung nur „für das Unternehmen” im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bezogen, wenn der Unternehmer die Eingangsleistung für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten (vgl. Art. 9 Abs. 1 Satz 2 MwStSystRL) zu verwenden beabsichtigt, d.h. für Zwecke einer nachhaltigen und gegen Entgelt ausgeübten Tätigkeit, die im Übrigen steuerpflichtig sein muss, damit der Vorsteuerabzug nicht nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen ist.

  • Insoweit ist für den Vorsteuerabzug erforderlich, dass die Eingangsleistung direkt und unmittelbar mit den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zusammenhängt (vgl. auch NWB MAAAD-51329).

  • Die mittelbaren Ziele, die der Unternehmer mit dem Bezug der Eingangsleistungen verfolgt, sind unerheblich. Sie genügen auch dann nicht für einen Vorsteuerabzug, wenn die Ziele den Unternehmer nach seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigen oder ertragsteuerlich für einen Betriebsausgabenabzug ausreichen würden.

  • Für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug ist es im Streitfall daher unerheblich, dass die bezogenen Umbauleistungen mittelbar der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit der Apotheke dienten.

Anmerkung: Das Finanzgericht musste im Streitfall nicht der Frage nachgehen, ob tatsächlich keine verbindliche Absprachen zwischen der Klägerin und den Ärzten zur Beibehaltung des Praxisstandorts getroffen wurden. Die Höhe der Umsatzsteuer bliebe auch in diesem Fall im Ergebnis unverändert. Denn wären die Umbauleistungen im Gegenzug zu der von den Ärzten eingegangenen Verpflichtung zur Beibehaltung des Praxisstandorts erbracht worden, hätte die Klägerin durch die von ihr beauftragten Bauleistungen zugleich eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung an die Ärzte im Rahmen ihres Unternehmens (Hilfsgeschäft) erbracht, deren Bemessungsgrundlage als tauschähnlicher Umsatz dem Wert der in diesem Fall zum Vorsteuerabzug berechtigenden Bauleistungen entspricht.
Quelle: NWB Datenbank
Hinweis: Das Finanzgericht hat im Streitfall die Revision zum BFH zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Ein Aktenzeichen des BFH wurde noch nicht veröffentlicht.

Fundstelle(n):
NWB CAAAF-47321