Online-Nachricht - Mittwoch, 08.07.2015

Umsatzsteuer | Verkauf einzelner Unternehmensteile durch mehrere Veräußerer (BFH)

Beim Verkauf verpachteter Altenheime von einer Unternehmensgruppe an eine andere Unternehmensgruppe liegt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, wenn die Fortführung der Verpachtungstätigkeit die Übertragung von Grundbesitz, Inventar und Gesellschaftsanteilen erfordert und diese Übertragungen von verschiedenen (selbständigen) Veräußerern an verschiedene (selbständige) Erwerber erfolgen (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Streitig ist, ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. des § 1 Abs. 1a UStG vorliegt, wenn die Gesellschafter einer Verpachtungs-GbR ihre im Bruchteilseigentum stehenden Grundstücke und das im Gesellschaftsvermögen befindliche Inventar an verschiedene Gesellschaften einer Erwerbergruppe veräußern. Die Vorinstanz hatte eine Geschäftsveräußerung im Ganzen bejaht (lesen Sie hierzu unsere News v. 25.4.2014), der BFH folgte dem nicht.
Hierzu führten die Richter weiter aus:

  • § 1 Abs. 1a UStG beruht unionsrechtlich auf Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 19 MwStSystRL). Mit der Regelung soll nach der EuGH Rechtsprechung die Übertragung von Unternehmen oder Unternehmensteilen erleichtert und vereinfacht werden.

  • Für die Annahme einer Geschäftsveräußerung ist entscheidend, ob das übertragene Unternehmensvermögen als Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht (vgl. u.a. NWB IAAAE-03562) und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln (vgl. z.B. NWB GAAAE-32293, Rz 36, m.w.N.).

  • Gemessen daran hat die Vorinstanz die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen unzutreffend angenommen. Es hat zu Unrecht bei dem streitbefangenen Verkauf des Inventars auch die Veräußerungen des Grundbesitzes und der Gesellschaftsanteile berücksichtigt und dabei als unmaßgeblich angesehen, dass mehrere Veräußerer und mehrere Erwerber mehrere Veräußerungen vorgenommen haben.

  • Der EuGH hat u.a. mit Hinweis darauf, dass Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG die Formulierung "Übertragender" nur im Singular verwendet, inzwischen geklärt, dass bei Prüfung der Voraussetzungen dieser Bestimmung und Vorliegen mehrerer Leistungsbeziehungen "jeder Vorgang einzeln und selbständig zu beurteilen" ist ( NWB AAAAE-36971). Dies gilt gleichermaßen für die seit dem geltende Regelung in Art. 19 MwStSystRL.

  • Somit müssen für die Prüfung der Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen Leistungen außer Betracht bleiben, die - wie hier - Gegenstand von weiteren - davon zu unterscheidenden - umsatzsteuerrechtlichen Leistungsbeziehungen zwischen anderen Unternehmern sind (so auch Wüst, MwStR 2014, 409).

  • Danach lag hinsichtlich der streitbefangenen Veräußerung des Inventars durch die Klägerin keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, weil die Erwerber durch diese Anschaffung allein nicht einen selbständigen Unternehmensteil erworben haben, der sie in die Lage versetzt hätte, das von der Klägerin vorher betriebene Vermietungs- und Verpachtungsunternehmen fortzusetzen. Hierfür waren noch die Übertragungen der Gesellschaftsanteile und des Grundbesitzes erforderlich.

Quelle: NWB Datenbank
 

Fundstelle(n):
NWB JAAAF-47310