Online-Nachricht - Freitag, 12.06.2015

Einkommensteuer | Tarifbegünstigte Einmalzahlung an die Witwe des Arbeitnehmers (FG)

Das Finanzgericht München hat sich mit der Frage beschäftigt, ob die Abfindung eines erdienten Versorgungsguthabens durch Einmalzahlung an die Witwe des verstorbenen Arbeitnehmers eine tarifbegünstigte Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit darstellen kann. Im Streitfall hat das Finanzgericht diese Frage bejaht, zur Fortbildung des Rechts aber die Revision zum BFH zugelassen (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG 2009) ist für den Fall, dass in dem zu versteuernden Einkommen „außerordentliche Einkünfte” enthalten sind, die Einkommensteuer „tarifbegünstigt“ zu berechnen. Als außerordentliche Einkünfte in diesem Sinne ist auch eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit anzusehen; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.
Sachverhalt: Als Mitarbeiter der Firma X hatte der Ehemann der Klägerin Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung. Zu diesem Zweck war für den Verstorbenen ein Versorgungskonto eingerichtet worden, welches jährlich unter Berücksichtigung seines Jahreseinkommens und seines Alters aufgefüllt worden war. Anspruch auf Auszahlung des Versorgungsguthabens bestand bei Eintritt in den Ruhestand, bei Erwerbsunfähigkeit oder Tod. Im Todesfall ging der Anspruch auf das Versorgungsguthaben in voller Höhe auf den Ehegatten über. Nach den Statuten der Firma X bestand die Möglichkeit das Versorgungsguthaben entweder als monatliche Rente über 10 Jahre oder als Einmalkapital ausbezahlt zu bekommen. Die Klägerin wählte die Einmalzahlung.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Die Auszahlung des Pensionskapitals unterliegt im Streitfall der ermäßigten Besteuerung des § 34 Abs. 1 EStG.

  • Was den verstorbenen Ehemann der Klägerin betrifft, wäre eine Auszahlung des Pensionskapitals an diesen ohne weiteres als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit zu qualifizieren gewesen.

  • Die Tarifbegünstigung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG ist nicht nur auf denjenigen anwendbar, welcher selbst die Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit durch entsprechendes Tätigwerden erdient hat, sondern auch auf denjenigen, welcher die Einkünfte aus der mehrjährigen Tätigkeit aufgrund einer arbeitsvertraglichen Regelung ersatzweise als Versorgungsleistung beanspruchen kann.

Anmerkung: Die Zahlung des Pensionskapitals im Sinne eines „Witwengeldes”, welches seinen Ursprung in der nichtselbständigen Tätigkeit ihres verstorbenen Ehemannes hat, wird gem. §§ 2 Abs. 2 Nr. 4, 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zugeschrieben. Insofern wird eine Witwe, die aufgrund einer ihrem verstorbenen Ehemann zugesagten Versorgungszusage „Witwenbezüge” erhält, selbst als Arbeitnehmer behandelt (vgl. Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach § 19 Anm. 320 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Hieran anknüpfend kommt, nach Auffassung des FG München, die Begünstigungsnorm des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG auch dann zur Anwendung, wenn die Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit nicht an den diese Tätigkeit Leistenden, sondern, gemäß arbeitsvertraglicher Vereinbarung, der Witwe als Leistung auf dessen Todesfall ausbezahlt wird.
Quelle: NWB Datenbank
Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision zum BFH zugelassen. Ein Aktenzeichen des BFH wurde noch nicht veröffentlicht.

 

Fundstelle(n):
NWB MAAAF-47202