Insolvenzanfechtung: Gläubigerbenachteiligung bei Abruf eines Dispositionskredits auf einem gepfändeten Konto
Leitsatz
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn ein Konto von dem Gläubiger gepfändet wird, ein Pfändungspfandrecht jedoch erst dadurch entsteht, dass der Schuldner einen ihm eröffneten Kontokorrentkredit abruft (Anschluss an , WM 2012, 1401 Rn. 21 f).
Gesetze: § 129 Abs 1 InsO
Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 17 U 127/14vorgehend LG Frankfurt Az: 2-4 O 508/13
Gründe
1Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.
21. Ein Zulassungsgrund ist nicht gegeben, soweit das beklagte Land eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) in Abrede stellt. Die Überweisung des Schuldners aus dem ihm eingeräumten Kontokorrentkredit hat eine Gläubigerbenachteiligung ausgelöst, weil die von dem beklagten Land erwirkte Kontopfändung kein insolvenzfestes Absonderungsrecht begründete.
3Der Anspruch auf Auszahlung eines zugesagten Darlehens ist mit dessen Abruf pfändbar (, WM 2008, 168 Rn. 14). Vor dem Abruf des Kontoinhabers ist kein Anspruch auf Auszahlung gegen die Bank vorhanden, der einem Abtretungs- oder Pfändungsgläubiger das Recht geben könnte, sich ohne Mitwirkung des Kontoinhabers Kreditmittel auszahlen zu lassen (, BGHZ 157, 350, 356). Das Pfandrecht des beklagten Landes ist folglich erst mit dem Abruf der Kreditmittel durch die Überweisungsaufträge und damit durch eine gemäß § 133 Abs. 1 InsO anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners entstanden. War die Überweisung nicht durch ein insolvenzfestes Pfändungspfandrecht des beklagten Landes gedeckt, so liegt eine objektive Gläubigerbenachteiligung vor, weil auch die Zahlung mit Mitteln eines vom Schuldner abgerufenen Dispositionskredits gläubigerbenachteiligende Wirkung hat (, WM 2011, 1343 Rn. 20; vom - IX ZR 145/09, WM 2012, 1401 Rn. 22).
42. Ein Zulassungsgrund greift nicht durch, soweit das Berufungsgericht in Anwendung von § 133 Abs. 1 InsO davon ausgegangen ist, dass bei der Schuldnerin eine Zahlungseinstellung vorlag, welche die Schlussfolgerung auf eine Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) gestattete.
5Zahlungsunfähigkeit ist gegeben, wenn der Schuldner durch den Verkauf von Vermögensgegenständen die erforderliche Liquidität schaffen könnte, hierzu aber nicht bereit ist (Uhlenbruck/Mock, InsO, 14. Aufl., § 17 Rn. 170; Schmidt, InsO, 18. Aufl., § 17 Rn. 14; Pape, WM 2008, 1949, 1957). Setzt der Schuldner vorhandene Geldmittel nicht zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten, sondern für andere Zwecke ein, liegt ebenfalls eine Zahlungsunfähigkeit vor, weil sich der Schuldner durch diese Ausgaben der Mittel entäußert hat, die er für die Begleichung seiner Verbindlichkeiten benötigt hätte (vgl. , WM 2012, 2251 Rn. 19). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Schuldner seine Mittel verschwendet oder etwa - wie es sich im Streitfall verhalten mag - zur Unterstützung von Angehörigen verwendet.
6Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Kayser Gehrlein Grupp
Möhring Schoppmeyer
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2015:031215BIXZR131.15.0
Fundstelle(n):
DB 2016 S. 229 Nr. 4
DB 2016 S. 6 Nr. 3
DStR 2016 S. 757 Nr. 12
NJW 2016 S. 8 Nr. 5
NJW-RR 2016 S. 304 Nr. 5
WM 2016 S. 135 Nr. 3
ZIP 2016 S. 124 Nr. 3
CAAAF-46336