Online-Nachricht - Mittwoch, 08.02.2012

Umsatzsteuer | Überlassung von PKW-Tiefgaragenstellplätzen durch eine Gemeinde (BFH)

Eine Gemeinde, die nicht auf privatrechtlicher, sondern auf hoheitlicher Grundlage Stellplätze für PKW in einer Tiefgarage gegen Entgelt überlässt, handelt als Unternehmer und erbringt steuerpflichtige Leistungen, wenn ihre Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (; veröffentlicht am ).

NWB XAAAE-01830 ; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art unternehmerisch und damit wirtschaftlich tätig. Bei diesen Betrieben handelt es sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V. mit § 4 KStG um alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich (§ 4 Abs. 1 KStG). Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe), gehören nach § 4 Abs. 5 KStG nicht hierzu.
Hierzu führte der BFH weiter aus: Die nationalen Vorschriften sind richtlinienkonform auszulegen. Danach ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere Voraussetzungen nicht an. Erfolgt ihre Tätigkeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, z.B. durch Verwaltungsakt, ist sie demgegenüber nur Unternehmer, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Eine Wettbewerbsverzerrung liegt auch vor, wenn eine Gemeinde Stellplätze zwar nach §§ 45, 13 StVO öffentlich-rechtlich auf einer öffentlich-rechtlich gewidmeten "Straße" überlässt, es sich hierbei jedoch um Flächen einer Tiefgarage handelt (Änderung der Rechtsprechung).
Quelle: BFH online
Anmerkung: Der Senat stellte weiter fest, dass es für die Behandlung einer auf öffentlich-rechtlicher Grundlage tätigen juristischen Person des öffentlichen Rechts nicht erforderlich ist, dass "erhebliche" oder "außergewöhnliche" Wettbewerbsverzerrungen vorliegen. Weiter sei für die Wettbewerbsbeurteilung nicht nur der gegenwärtige, sondern auch der potenzielle Wettbewerb zu berücksichtigen. Im Übrigen komme es für die Wettbewerbsbeurteilung nicht auf die Verhältnisse auf dem jeweiligen "lokalen Markt" an, so dass die Art der Tätigkeit maßgeblich sei. Im Streitfall konnte offenbleiben, ob ein Wettbewerbsverhältnis zu privaten Anbietern zu bejahen wäre, wenn es sich um unselbständige Parkplatzflächen auf öffentlich-rechtlich gewidmeten Straßen handelt, die dem allgemeinen Verkehr dienen und die Straße nicht nur als Zufahrt zu einem Parkplatz dient. Ferner weist der Senat darauf hin, dass der straßenrechtlichen und wegerechtlichen Beurteilung keine Bindungswirkung für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung zukommt.
 

 

Fundstelle(n):
NWB YAAAF-46213