Online-Nachricht - Mittwoch, 09.11.2011

Umsatzsteuer | Vorsteuerabzug bei Dachsanierung für Photovoltaikanlage (BFH)

Der BFH hat in drei Urteilen über den Vorsteuerabzug aus Leistungsbezügen für die Errichtung bzw. Renovierung von Gebäudedächern in Zusammenhang mit der Installation von Photovoltaikanlagen entschieden (BFH, Urteile v. 19.7.20111 - XI R 29/10, XI R 21/10 und XI R 29/09; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Ein (privater) Betreiber einer Photovoltaikanlage (nachfolgend kurz: PV-Anlage), der den mit seiner Anlage erzeugten Strom kontinuierlich an einen Energieversorger veräußert, ist insoweit umsatzsteuerrechtlich Unternehmer. Er ist damit grds. auch zum Abzug der ihm in Rechnung gestellten Umsatzsteuer aus Aufwendungen berechtigt, die mit seinen Umsätzen aus den Stromlieferungen in direktem und unmittelbarem Zusammenhang stehen. Zum Streit mit dem Finanzamt kommt es dabei immer wieder über die Frage, ob der Betreiber der Anlage auch Umsatzsteuer aus Aufwendungen abziehen kann, die in Zusammenhang mit baulichen Veränderungen stehen.
Der BFH hatte über folgende Sachverhalte zu entscheiden:

  1. Ein (privater) Stromerzeuger installierte eine PV-Anlage auf dem Dach eines neu errichteten, anderweitig nicht genutzten Schuppens. In diesem Fall kann der Stromerzeuger den Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Schuppens nur teilweise beanspruchen, nämlich nur insoweit, als er das gesamte Gebäude für die Stromlieferungen unternehmerisch nutzt. Voraussetzung ist allerdings, dass diese unternehmerische Nutzung des Schuppens mindestens 10% der Gesamtnutzung beträgt. Denn nach dem Umsatzsteuergesetz gilt die Lieferung eines Gegenstands (hier: Schuppens), den der Unternehmer zu weniger als 10% für sein Unternehmen nutzt (sog. unternehmerische Mindestnutzung), als nicht für das Unternehmen ausgeführt (Az. XI R 29/09).

  2. Ein (privater) Stromerzeuger installierte eine PV-Anlage auf dem Dach eines neu errichteten Carports, den er zum Unterstellen eines privat genutzten PKW verwendete. In diesem Fall kann der Stromerzeuger den Carport insgesamt seinem Stromerzeugungs-Unternehmen zuordnen. Er war nach damaliger Rechtslage zwar in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Carports berechtigt, falls die unternehmerische Nutzung des gesamten Carports mindestens 10% betrug, musste dann aber die private Verwendung des Carports als sog. unentgeltliche Wertabgabe versteuern (Az. XI R 21/10). Es ist darauf hinzuweisen, dass nach einer am in Kraft getretenen Gesetzesänderung der Vorsteuerabzug in derartigen Fällen nur noch teilweise möglich ist. Nach § 15 Abs. 1b UStG ist der Vorsteuerabzug u.a. für Lieferungen und sonstige Leistungen ausgeschlossen, soweit diese nicht auf die unternehmerische Verwendung eines Gebäudes entfallen.

  3. Ein (privater) Stromerzeuger ließ das Dach einer schon vorhandenen, anderweitig nicht genutzten (leerstehenden) Scheune neu eindecken und installierte sodann eine PV-Anlage auf dem Dach. In diesem Fall kann der Stromerzeuger den Vorsteuerabzug aus den Aufwendungen für die Neueindeckung des Daches nur teilweise beanspruchen, nämlich nur insoweit, als er das gesamte Gebäude für die Stromlieferungen unternehmerischen nutzt. Hier gilt die 10%-Grenze nicht, weil es nicht um Herstellungskosten eines gelieferten Gegenstands geht, sondern um Erhaltungsaufwendungen in Form von Dienstleistungen (Az. XI R 29/10).

Hierzu führte der BFH weiter aus: Den unternehmerischen Nutzungsanteil an dem jeweiligen Gebäude hat der Unternehmer im Wege einer sachgerechten und von der Finanzverwaltung zu überprüfenden Schätzung zu ermitteln. Dabei kommt z.B. ein Umsatzschlüssel in Betracht, bei dem ein fiktiver Vermietungsumsatz für den nichtunternehmerisch bzw. privat genutzten inneren Teil des Gebäudes einem fiktiven Umsatz für die Vermietung der Dachfläche an einen Dritten zum Betrieb einer PV-Anlage gegenübergestellt wird (vgl. hierzu auch Nattkämper/Scholz, NWB 46/2011 S. 3824).
Quelle: BFH online
Anmerkung: Der BFH hat klargestellt, dass die Leistungsbezüge, die mit der Neuerrichtung oder Renovierung der Dächer anlässlich der Anlagenmontage in Zusammenhang stehen, jedenfalls insoweit dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden können, wie sie anteilig dem Betrieb der PV-Anlage dienen. Voraussetzung ist das Erreichen der 10%-Grenze (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG). Des Weiteren wies der BFH darauf hin, dass es der Zuordnung zum Unternehmensvermögen grds. nicht entgegen steht, dass eine auf dem Dach eines Gebäudes montierte PV-Anlage gemäß § 94 BGB kein wesentlicher Bestandteil des Gebäudes ist. Denn die zivilrechtliche Beurteilung der Verhältnisse sei in diesem Zusammenhang unerheblich. Das Zuordnungswahlrecht für teilweise unternehmerisch und außerunternehmerrisch genutzte Wirtschaftsgüter gelte jedoch nicht, soweit diese völlig ungenutzt sind (also auch nicht der privaten Nutzung dienen, wie z.B. eine leer stehende Scheune). In diesen Fällen komme eine Zuordnung des nicht unternehmerisch genutzten Teils zum Unternehmensvermögen grds. nicht in Betracht. Schließlich hielt der BFH eine Aufteilung der Vorsteuer nach dem Verhältnis der Nutzflächen (vgl. Abschn. 15.17. Abs. 7 Satz 4 UStAE) in den Streitfällen für keinen sachgerechten Aufteilungsmaßstab. Weiterhin offen blieb, ob die weitgehende Verdrängung des Umsatzschlüssels durch § 15 Abs. 4 UStG n.F. unionsrechtskonform ist (vgl. hierzu NWB-Nachricht v. 3.11.2010). 
 

Fundstelle(n):
NWB GAAAF-46190